Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung: Einbeziehung der Kosten für ein vorprozessuales Gutachten
Normenkette
GKG § 43 Abs. 1; BGB § 637 Abs. 3, § 634 Nr. 4
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 27.02.2015; Aktenzeichen 1 O 355/14) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des LG Mainz vom 27.2.2015 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 214,78 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertbeschwerde des Klägers, mit der er eine Herabsetzung des vom LG auf 7.701,51 EUR festgesetzten Streitwerts auf 6.095,01 EUR begehrt, ist zulässig, insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG).
In der Sache hat die Streitwertbeschwerde keinen Erfolg; sie ist deshalb zurückzuweisen.
Zu Recht hat das LG den Streitwert auf 7.701,51 EUR festgesetzt. Dieser Streitwert setzt sich aus der mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachten Vorschussforderung für Mängelbeseitigungsarbeiten in Höhe von 6.095,01 EUR und dem mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 1.606,50 EUR zusammen. Entgegen der Auffassung des Klägers haben die Sachverständigenkosten bei der Bemessung des Streitwerts nicht als Nebenforderung außer Betracht zu bleiben.
Nach § 43 Abs. 1 GKG wird, wenn außer dem Hauptanspruch auch (unter anderem) Kosten als Nebenforderungen betroffen sind, der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt. Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor, so dass die Sachverständigenkosten in die Streitwertberechnung einzubeziehen sind (so auch - für eine identische Fallgestaltung - OLG Brandenburg, Beschluss vom 7.3.2000 - 12 W 5/00, BauR 2000, 1774; diese und die folgenden Entscheidungen zitiert nach juris).
Soweit in der Kommentarliteratur teilweise allgemein und ohne nähere Begründung angenommen wird, vorprozessuale Gutachterkosten seien als Nebenforderungen im Sinne des § 43 Abs. 1 GKG und des für die sachliche Zuständigkeit der Gerichte maßgebenden § 4 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO anzusehen (Binz/Dörndörfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 3. Aufl., § 43 Rdnr. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 4 Rdnr. 21), ist dem jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung nicht zu folgen. Eine Kostenforderung ist dann als Nebenforderung im Sinne der vorgenannten Vorschriften anzusehen, wenn sie zu der Hauptforderung in einem Abhängigkeitsverhältnis steht; sie muss von ihr sachlich-rechtlich abhängen. Sind die Forderungen dagegen nach materiellem Recht - auch im Hinblick auf ihre Entstehung - gleichrangig, so ist keine von ihnen Nebenforderung. Dabei kommt es auf dasjenige materielle Recht an, das für den jeweiligen Streitgegenstand maßgeblich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13.2.2007 - VI ZB 39/06, NJW 2007, 1752 Rdnr. 9 m. w. Nachw. zu § 4 ZPO; Binz/Dörndörfer/Petzold/Zimmermann, aaO, Rdnr. 1). Eine solche Gleichrangigkeit besteht etwa dann, wenn in Verkehrsunfallsachen die einzelnen Schadenspositionen gleichwertige Berechnungsposten des insgesamt geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bilden; für diese Fallgestaltung hat der Bundesgerichtshof vorprozessuale Sachverständigenkosten nicht als (abhängige) Nebenforderungen angesehen (BGH, aaO).
Eine vergleichbare Fallgestaltung ist auch hier gegeben. Der Kläger hat einen Vorschuss für die Beseitigung behaupteter Mängel nach § 637 Abs. 3 BGB verlangt und daneben die Erstattung vorprozessual aufgewendeter Sachverständigenkosten begehrt. Diese Erstattungsforderung unterfällt nicht der Regelung des § 637 Abs. 3 BGB, sondern kann als Schadensersatz wegen Pflichtverletzung nach §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB begründet sein. Die Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten ist nach materiellem Recht nicht davon abhängig, ob dem Kläger ein Vorschussanspruch für Mängelbeseitigungsarbeiten zusteht. Vielmehr sind beide Forderungen voneinander unabhängig und gleichrangig. Insoweit unterscheidet sich die Geltendmachung der Sachverständigenkosten für die vorliegende Fallgestaltung von Nebenforderungen wie Verzugszinsen oder vorgerichtlichen Anwaltskosten, deren Bestand davon abhängt, in welchem Umfang eine andere Hauptforderung besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 15.5.2007 - VI ZB 18/06, MDR 2007, 1149 Rdnr. 6).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Der Beschwerdewert errechnet sich aus der Differenz der Gerichts- und Anwaltsgebühren, mit denen der Beschwerdeführer, bezogen auf den festgesetzten und den angestrebten Streitwert, belastet wird (Binz/Dörndörfer/Petzold/Zimmermann, aaO, § 68 Rdnr. 6 m. w. Nachw.). Bei der Vergleichsberechnung der jeweiligen Gerichts- und Anwaltsgebühren aus einem Streitwert von einerseits 7.701,51 EUR und andererseits 6.095,01 EUR ergibt sich, soweit der Kläger durch die Kostengrundentscheidung beschwert ist, ein Differenzbetrag von 214,78 EUR.
Fundstellen
IBR 2015, 403 |
NJOZ 2015, 1381 |