Leitsatz (amtlich)

1. Die bloße Glaubhaftmachung stellt im Ordnungsmittelverfahren kein geeignetes Beweismittel dar. Vielmehr ist der Vollbeweis zu erbringen.

2. Ein im Gewaltschutzverfahren geschlossener Vergleich nach § 214a FamFG bedarf vor seiner Vollstreckung u.a. einer förmlichen Zustellung.

 

Normenkette

FamFG § 95 Abs. 1 Nr. 4, § 214a; GewSchG §§ 1-3; ZPO §§ 750, 794 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Koblenz

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners werden der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Koblenz vom 11.04.2019 nebst der Nichtabhilfeentscheidung vom 29.04.2019 aufgehoben und der Ordnungsmittelantrag der Antragstellerin wird abgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

3. Der Verfahrenswert wird für beide Instanzen auf jeweils 500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die nach §§ 96 Abs. 1 Satz 3, 95 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, 890 f., 793, 567 ff. ZPO statthafte und auch ansonsten in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat auch in der Sache Erfolg.

Die Antragstellerin hat zwar einen dem Antragsgegner vorgeworfenen Verstoß vom 10.03.2019 gegen die Gewaltschutzvereinbarung vom 04.09.2013 mittels eidesstattlicher Versicherung glaubhaft gemacht. Jedoch hat der Antragsgegner den geschilderten Vorfall völlig in Abrede gestellt und hierzu eine Gegenglaubhaftmachung vorgelegt. Diese kann entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht als inhaltslos bezeichnet werden.

Zwar verlangt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass eidesstattliche Versicherungen eine eigene Sachdarstellung enthalten müssen und grundsätzlich nicht auf andere Schriftsätze Bezug nehmen dürfen. Hintergrund hierfür ist, dass solche Schriftsätze regelmäßig neben tatsächlichen Darstellungen auch einer Glaubhaftmachung nicht zugängliche rechtliche Würdigungen enthalten. Dabei ist die Grenze zwischen beiden oft fließend. Folglich stehe im Fall von Bezugnahmen nicht abschließend fest, worauf sich die Glaubhaftmachung konkret bezieht (vgl. BGH NJW 1988, 2045).

Vorliegend sollen mit eidesstattlichen Versicherung des Antragsgegners vom 08.05.2019 allerdings ersichtlich dessen eigene Angaben im Schriftsatz vom 28.04.2019 glaubhaft gemacht haben. Denn dort hatte er eine eidesstattliche Erklärung bereits angeboten. Der Schriftsatz vom 28.04.2019 wiederum enthält hier ausschließlich Tatsachenangaben.

Letztlich kann die vorstehend aufgeworfene Frage hier aber im Ergebnis offenbleiben. Denn die bloße Glaubhaftmachung stellt im Ordnungsmittelverfahren kein geeignetes Beweismittel dar. Vielmehr ist der Vollbeweis zu erbringen (vgl. Zöller/Seibel ZPO 32. Aufl. 2018 § 890 Rn. 13). Dies ist der Antragstellerin bereits mangels eines geeigneten Beweisangebots nicht gelungen. Demgegenüber kann dem Antragsgegner spätestens nach dem Inhalt seines Schriftsatzes vom 28.04.2019 i.V.m. seiner eidesstattlichen Versicherung nicht mehr entgegengehalten werden, dass er dem Vorwurf der Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten sei. Der Senat stimmt dabei dem Familiengericht zu, dass Relevanz hier allein dem behaupteten Geschehen vom 10.03.2019 zukommt, denn bei den Übrigen im Antrag vom 18.03.2019 geschilderten Kontaktaufnahmen handelte der Antragsgegner in Wahrnehmung berechtigter Interessen.

Unabhängig von dem fehlenden ausreichenden Nachweis einer Zuwiderhandlung des Antragsgegners dürfte es hier darüber hinaus wohl auch schon an den formellen Vollstreckungsvoraussetzungen mangeln. Denn der Gewaltschutzvergleich vom 04.09.2013 bedurfte vor seiner Zwangsvollstreckung als allgemeine Zwangsvollstreckungsvoraussetzung (§§ 95 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, 794 Abs. 1 Nr. 1, 750 ZPO) der förmlichen Zustellung (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1224 und Prütting/Helms/Neumann FamFG 4. Aufl. 2018 § 216 Rn. 8 sowie Zöller/Feskorn ZPO 32. Aufl. 2018 § 87 FamFG Rn. 4). Dies scheint hier nach Aktenlage nicht geschehen zu sein. Gemäß Abvermerk der Geschäftsstelle des Familiengerichts vom 11.09.2013 wurde der Vergleich nur formlos übersandt und auch eine anschließende Zustellung - ggfls. im Parteibetrieb - ist nicht ersichtlich. Zugestellt wurde allein der Androhungsbeschluss vom 17.07.2017, jedoch ohne gleichzeitige förmliche Übermittlung des Vergleichs vom 04.09.2013.

Nach alledem war der Beschwerde aus mehreren Gründen stattzugeben. Die verfahrensrechtlichen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 ZPO, 40, 42 FamGKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13232725

FamRZ 2019, 1947

FuR 2020, 247

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