Leitsatz (amtlich)
Die Frist des § 321 Abs. 2 ZPO zur Beschlussergänzung in entsprechender Anwendung des § 321 ZPO beginnt bei Beschlüssen, bei denen nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Bekanntgabe die formlose Mitteilung genügt, mit deren Zugang.
Verfahrensgang
LG Trier (Beschluss vom 30.03.2016; Aktenzeichen 11 OH 36/15) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Trier vom 30.3.2016 aufgehoben; der Antrag des Antragsgegners (Schriftsatz vom 9.3.2016), dem Antragsteller die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschlussergänzungs- und des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller hat einen Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens wegen einer nach seiner Darstellung fehlerhaften TÜV-Abnahme durch den TÜV.[A] gestellt. Das LG hat nach Anhörung des Antragsgegners den Antrag durch Beschluss vom 10.2.2016 zurückgewiesen; es hat angenommen, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 485 Abs. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen (GA 23). Eine Kostenentscheidung enthält der Beschluss nicht. Aufgrund einer entsprechenden Verfügung des Gerichts ist der Beschluss dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers förmlich zugestellt und dem Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners formlos mitgeteilt worden. Der Beschluss ist dort am 15.2.2016 eingegangen. Der Antragsteller hat den Zurückweisungsbeschluss nicht angefochten.
Mit Anwaltsschreiben vom 9.3.2016, bei Gericht eingegangen am 10.3.2016, hat der Antragsgegner beantragt, dem Antragsteller in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen. Das LG hat durch Beschluss des Einzelrichters vom 30.3.2016 dem Kläger die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt (GA 31). Gegen diesen Beschluss, der dem
Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 4.4.2016 zugestellt worden ist, hat der Antragsteller durch Schriftsatz vom 18.4.2016, der per Telefax am gleichen Tag bei Gericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde erhoben; er beantragt, den Beschluss vom 30.3.2016 aufzuheben. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen; wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Beschluss vom 8.6.2016 Bezug genommen (GA 50 f.).
Der Einzelrichter des Senats hat das Verfahren auf den Senat in der Besetzung nach § 122 GVG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache übertragen.
II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Auf das Rechtsmittel hin ist der angefochtene Kostenbeschluss aufzuheben und der Kostenantrag des Antragsgegners zurückzuweisen.
1. Im Ausgangspunkt zu Recht hat das LG angenommen, dass im Falle der Zurückweisung des Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens eine Kostenentscheidung zu treffen ist (vgl. nur OLG Celle, Beschluss vom 11.6.2010 - 13 W 45/10, NJW-RR 2010, 1676 Rdnr. 2 m. w. Nachw.; OLG Köln, Beschluss vom 7.11.2012 - 5 W 36/12 Rdnr. 5; vgl. auch BGH, Urteil vom 7.10.1982 - III ZR 148/81, NJW 1983, 284 Rdnr. 12; diese und die folgenden Entscheidungen jeweils zitiert nach juris; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 91 Rdnr. 13 "Selbständiges Beweisverfahren" m. w. Nachw.). Entgegen der Auffassung des LG ist die Kostenentscheidung jedoch nicht erst auf Antrag des Antragsgegners nach § 269 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 ZPO, sondern von Amts wegen in entsprechender Anwendung des § 91 ZPO zu treffen (vgl. nur OLG Celle und OLG Köln sowie BGH, jeweils aaO); denn es handelt sich nicht um eine Beendigung des Verfahrens durch Antragsrücknahme, sondern um eine verfahrensbeendende Entscheidung des Gerichts, das über die Kosten auch ohne Antrag zu erkennen hat (vgl. § 308 Abs. 2 ZPO). Das LG hätte deshalb bereits in dem Zurückweisungsbeschluss vom 10.2.2016 eine Kostenentscheidung treffen müssen.
2. Eine Berichtigung des Beschlusses vom 10.2.2016 wegen einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 319 Abs. 1 ZPO) kommt nicht in Betracht. Eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO setzt eine versehentliche Abweichung des vom Gericht Erklärten von dem von ihm Gewollten voraus. Eine falsche Willensbildung des Gerichts kann dagegen nicht mit Hilfe dieser Bestimmung korrigiert werden. Die Abweichung muss zudem "offenbar" sein, das heißt sie muss sich aus dem Zusammenhang des Urteils oder Beschlusses selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei seinem Erlass oder seiner Verkündung nach außen deutlich ergeben und damit auch für Dritte ohne weiteres erkennbar sein. Hat der Richter dagegen einen bestimmten Ausspruch - auch versehentlich - nicht gewollt, kommt eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht, sondern nur eine - fristgebundene - Ergänzung nach § 321 ZPO (BGH, Beschluss vom 16.4.2013 - II ZR 297/11, MDR 2013, 807 Rdnr. 2 m. w. Nachw.; Beschluss vom 8.7.2014 - XI ZB 7/13, NJW 2014, 3101 Rdnr. 8 f.). Einen Anhaltspunkt für eine v...