Leitsatz (amtlich)

1. Ein Sachverständiger ist aufgrund der Vorprüfung nach § 407a ZPO auch verpflichtet, ihm bekannte Umstände zu offenbaren, die Zweifel an seiner Unbefangenheit wecken können (hier: private Vortätigkeit für einen Beteilig-ten). Versäumt er diesen Hinweis und wird er deshalb später mit Erfolg wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, verwirkt er seinen Entschädigungsanspruch selbst dann, wenn ihm nur einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.

2. Für die Vorprüfung nach § 407a ZPO steht dem gerichtlichen Sachverständigen in der Regel eine Entschädigung nicht zu, wenn er die erforderlichen Feststellungen ohne nennenswerten Arbeitsaufwand treffen konnte.

 

Normenkette

ZPO §§ 407a, 413; ZSEG §§ 3-4, 8, 16; GKG § 5

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Aktenzeichen 1 OH 31/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Kläger werden der Beschluss des LG Mainz vom 29.4.2002 sowie der Kostenansatz der Landesjustizkasse gem. der Kostenrechnung vom 4.3.2002 aufgehoben.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Kläger wenden sich gegen den Ansatz von Gerichtskosten i.H.v. 1.335,10 DM, die von der Staatskasse an die beiden im selbstständigen Beweisverfahren bestellten, später mit Erfolg abgelehnten Sachverständigen K. und B. gezahlt wurden.

Mit der Rechnung vom 4.3.2002 hat die Landesjustizkasse unter Berücksichtigung dieser Kosten der Sachverständigen sowie der Vorausleistungen der Kläger einen Überschuss zugunsten der Kläger von 1.470,90 DM (752,06 EUR) ermittelt und diesen zur Rückzahlung angewiesen.

Die Kläger sind der Auffassung, den Sachverständigen K. und B. habe eine Entschädigung nicht zugestanden, weil sie ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen seien bzw. verwertbare Leistungen nicht erbracht hätten. Sie haben dazu im Laufe des Verfahrens umfangreich vorgetragen und die beiden Sachverständigen mit Erfolg abgelehnt. Gegen den Ansatz der Kosten des schließlich als Gutachter tätigen Prof. Dr. Sch. wenden sich die Kläger nicht.

Die Erinnerung der Kläger vom 11.4.2002 gegen den Ansatz der Kosten hat das LG mit Beschluss vom 29.4.2002 (218 f. GA) zurückgewiesen. Die erfolgreiche Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit führe nicht zur Verwirkung des Vergütungsanspruches. Grob fahrlässiges Verhalten sei keinem der beiden Sachverständigen vorzuwerfen.

II. Die Beschwerde der Kläger ist zulässig und begründet (§ 5 GKG).

Da die Prozessparteien an dem Verfahren gem. § 16 ZSEG, das die Festsetzung der einem Sachverständigen zustehenden Entschädigung regelt, nicht beteiligt sind, haben sie im Prozess bzw. im Beweisverfahren kein eigenes Antragsrecht. Gegen gerichtliche Entscheidungen, mit denen die Vergütung des Sachverständigen festgesetzt und angewiesen wird, haben sie daher zunächst kein Erinnerungs- oder Beschwerderecht. Sie sind vielmehr darauf angewiesen, etwaige Einwendungen gegen die Entschädigung des Sachverständigen dadurch geltend zu machen, dass sie den gerichtlichen Kostenansatz angreifen (Meyer/Höfer/Bach, ZSEG, 20. Aufl., § 16 Rz. 4.3; OLG Koblenz ZWS 1985, 106 [109]).

Entgegen der Annahme des LG steht den Sachverständigen K. und B. die abgerechnete Vergütung von 974,40 DM bzw. 360,70 DM nicht zu.

Im Einzelnen:

1. Mit der Rechnung vom 19.7.2000 hat der Sachverständige K. eine Vergütung von 974,40 DM abgerechnet und gezahlt erhalten für das Studium von Akten, die Vorbereitung und Durchführung eines Ortstermins und Fahrtkosten.

Er hat nach dem Ortstermin im Zusammenhang mit dem Antrag auf Ablehnung eingestanden, dass er für die Antragsgegnerin bereits 1998 und 1999 als Berater tätig war. Anlässlich des Ortstermins habe er nicht darauf hingewiesen, weil ihm diese Tatsache bedauerlicherweise nicht gegenwärtig gewesen sei.

Das LG meint, der Sachverständige verliere seinen Entschädigungsanspruch nur, wenn er grob fahrlässig seine Ablehnung verursacht habe. Unter ausführlicher Darlegung der Umstände meint es sodann, dass dem Sachverständigen lediglich ein leicht fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen sei.

Mit diesem Ansatz verkennt das LG, dass es nicht darum geht, ob der Sachverständige einen Ablehnungsgrund herbeigeführt hat. Vielmehr liegt das Versäumnis des Sachverständigen K. im Vorfeld des Beginns seiner Tätigkeit als Sachverständiger.

Gemäß § 407a ZPO hat der Sachverständige bei der Entgegennahme des Auftrages unverzüglich zu prüfen, ob dieser in sein Fachgebiet fällt. Ebenso hat er aber schon in diesem Verfahrensstadium auf einen in seiner Person möglicherweise liegenden Ablehnungsgrund hinzuweisen, damit die Parteien entscheiden können, ob sie gleichwohl die Begutachtung durch ihn wünschen. Verschweigt der Sachverständige derartige Umstände, so liegt hierin ein Übernahmeverschulden, das, wenn es sodann zur erfolgreichen Ablehnung führt, den Entschädigungsanspruch entfallen lässt (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 413, Rz. 4 und 7).

Wie das LG ausführt, ist der Sachverständige K. im Raum Mainz ständig in einer Vielzahl von Verfahren gerichtlich und außergerichtlich tätig. Ger...

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