Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherung, Invaliditätsentschädigung
Leitsatz (amtlich)
1. Unter den Versicherungsschutz fallen nicht Erkrankungen infolge psychischer Einwirkungen. Darüber hinaus besteht eine Einschränkung der Leistungspflicht dahingehend, dass für Folgen psychischer und nervöser Störungen, die im Anschluss an einen Unfall eintreten, eine Entschädigung nur gewährt wird, wenn und soweit diese Störungen auf eine durch einen Unfall verursachte organische Erkrankung des Nervensystems oder eine durch den Unfall neu entstandene Epilepsie zurückzuführen sind.
2. Unter psychische und nervöse Störungen fallen Schäden infolge von Schock-, Schreck- und Angstreaktionen bzw. psychische Beeinträchtigungen, die auf einer psychischen Fehlverarbeitung beruhen. Diese Fehlverarbeitung muss ihrerseits Krankheitswert haben und nicht adäquat kausal auf einem organischen Schaden beruhen (in Anknüpfung an BGH VersR 1972, 582; v. 19.3.2003 - IV ZR 283/02, MDR 2003, 741 = BGHReport 2003, 654 = VersR 2003, 634 = NJW-RR 2003, 881; OLG Koblenz v. 26.5.2000 - 10 U 754/99, VersR 2001, 1150 = NVersZ 2002, 15 auch zu somatoformen Schmerzstörungen; ferner OLG Koblenz v. 9.3.2001 - 10 U 1516/99, OLGReport Koblenz 2001, 467, zur Frage der Beweisführung; OLG Düsseldorf VersR 1964, 130 [131]; OLG Düsseldorf v. 27.11.1997 - 4 U 161/96, OLGReport Düsseldorf 1998, 184 = VersR 1998, 886; OLG Jena v. 20.3.2002 - 4 U 240/01, VersR 2002, 1019 = NVersZ 2002, 402; Knappmann, VersR 2002, 1230 f.; Rixecker, ZfS 2003, 304; Schwintowski, NVersZ 2002, 395; Wussow, VersR 2000, 1183).
3. Erleidet ein Kriminalhauptkommissar in Ausübung seines Dienstes einen Verkehrsunfall, reicht es für das Vorhandensein einer organischen Erkrankung des Nervensystems nicht aus, dass ärztlich eine somatoforme Schmerzstörung mit Schmerzlokalisation im Bereich der unfallbedingten Prellungen festgestellt wird, dieser Schmerzstörung jedoch kein ausschließlicher organischer Hintergrund beizumessen ist, und der Unfall sich nur als Auslöser einer schwelenden somatformen Schmerzstörung darstellt. Dies gilt insb. dann, wenn das Unfallereignis zu einer Anpassungsstörung mit Angst- und depressiver Reaktion sowie zu einer somatoformen Schmerzstörung geführt hat, die sich zwar als linksseitiger Hüft-/Beinschmerz manifestiert hat, unfallunabhängig aber eine Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen Anteilen besteht (vgl. zu narzisstischen Persönlichkeitsstörungen auch OLG Koblenz NVersZ 2001, 161).
Normenkette
AUB 61 § 2 Nrn. 1, 3 lit. b, § 8 Nr. 2, § 10 Nr. 5
Verfahrensgang
LG Trier (Beschluss vom 23.09.2004; Aktenzeichen 6 O 143/01) |
Tenor
Der Senat erwägt, die Berufung des Klägers gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 19.8.2004.
Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung des Klägers hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Unfallversicherung (AUB 61) auf Invaliditätsentschädigung in Anspruch. Für den Invaliditätsfall ist eine Versicherungssumme von 45.000 DM vereinbart, die sich durch die Progressionsstaffel auf bis zu 101.250 DM steigert.
Der Kläger erlitt am 29.3.1999 in Ausübung seines Dienstes als Kriminalhauptkommissar einen Verkehrsunfall. Die Erstbehandlung erfolgte stationär v. 29.3.1999 bis 31.3.1999 in der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses der B. in T. Im Entlassungsbericht v. 6.4.1999 (GA 166) wurden eine Commotio cerebri sowie multiple Prellungen diagnostiziert. Die Weiterbehandlung erfolgte in der Praxis der Dres. Z./S. In einem auf den 29.3.1999 datierten Fragebogen (GA 8/9) beschrieb Dr. Z. als unfallbedingte Beschwerden multiple Prellungen, HWS, BWS, LWS-Distorsion, Thoraxprellung, Abdomenprellung sowie eine Commotio cerebri. Dr. Z. prognostizierte damals eine Dienstfähigkeit ab dem 5.7.1999 bei einer Rest-MdE von 20 % für voraussichtlich weitere 3 bis 6 Monate. In einem vom Gesundheitsamt T. in Auftrag gegebenen neurologischen Gutachten v. 13.9.1999 (GA 157 ff.) gelangte der Chefarzt der neurologischen Abteilung des Krankenhauses der B. in T., Dr. B., zu der Feststellung, dass beim Kläger, bedingt durch den Dienstunfall v. 29.3.1999, eine posttraumatische Kopfschmerzsymptomatik bestehe, wobei von einer Reduzierung der MdE um 10 % für das erste Unfallfolgejahr ausgegangen werde. Zu den Unfallfolgen auf orthopädischem Gebiet nahm der Chefarzt der orthopädischen Abteilung des Krankenhauses der F., Prof. Dr. H., in einem Gutachten v. 8.11.1999 (Anlage) dahingehend Stellung, dass bei der Untersuchung (am 19.9. bzw. 24.9.1999) keine unfallbedingten Folgen mehr nachweisbar seien. Es fanden sich keine Residuen der damals erlittenen Commotio cerebri, auch di...