Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine beweisrechtlichen Folgen eines "recht knappen" Operationsberichts
Leitsatz (amtlich)
Dass ein möglichst detaillierter Operationsbericht auch im Arzthaftungsprozess hilfreich sein kann, besagt nicht, dass ein vom gerichtlichen Sachverständigen als "recht knapp" bezeichneter Operationsbericht dokumentationspflichtige Auffälligkeiten, Abweichungen oder gar Zwischenfälle verschweigt. Ohne konkreten Anhalt für eine Dokumentationslücke besagt ein solcher Bericht in der Regel lediglich, dass es keine nennenswerten Besonderheiten gab.
Normenkette
BGB §§ 249, 253, 276, 278, 611, 823, 831; ZPO §§ 286-287
Verfahrensgang
LG Mainz (Aktenzeichen 2 O 202/07) |
Tenor
In dem Rechtsstreit - Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
gegen 1. Klinikum 2. Priv.-Doz. Dr. med. - Beklagte und Berufungsbeklagte - Prozessbevollmächtigte: wegen Arzthaftung weist der 5. Zivilsenat des OLG Koblenz den Kläger darauf hin, dass beabsichtigt ist, seine Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 Abs. 2 ZPO).
Gründe
Die Berufung ist ohne Aussicht auf Erfolg. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Was die Berufung dagegen vorbringt, ist nicht stichhaltig.
1. Der 1935 geborene Kläger nimmt die Klinik (Erstbeklagte) und den dort tätigen Arzt (Zweitbeklagter) auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 25.000 EUR sowie 980,90 EUR Schadensersatz in Anspruch. Ein Rektumkarzinom wurde zwischen dem 3. und 10.3.2003 stationär nachbehandelt. Der künstliche Darmausgang wurde rückverlagert, sodann entfernte der Zweitbeklagte einen rechts (für die Chemotherapie) verlegten Portschlauch, den er dabei versehentlich durchtrennte. Postoperativ klagte der Patient über neurologische Ausfälle und Beschwerden in Schulter und Arm rechts. Nach verschiedenen Befunderhebungen, auch durch Konsiliarärzte, wurde eine Schmerztherapie veranlasst.
Der Kläger hat vorgetragen, der Zweitbeklagte habe vor Operationsbeginn die genaue Lage des Portschlauchs feststellen müssen. Die unter der Operation verursachte Plexuslähmung beruhe auf fehlerhafter Lagerung während des Eingriffs oder auf einer indirekten Schädigung des nervus brachialis. Beides sei vermeidbar gewesen. Rechte Schulter und Arm seien dauerhaft beeinträchtigt, was eine Depression hervorgerufen habe. Zuvor ausgeübter Freizeitsport (Tennis, Skilanglauf) sei nicht mehr möglich. All das sei den Beklagten anzulasten.
Die Beklagten haben erwidert, ihnen seien keinerlei Versäumnisse oder Fehler bei Planung und Durchführung des Eingriffs unterlaufen, insbesondere sei die Lage des Portschlauchs röntgenologisch gesichert gewesen. Die versehentliche Durchtrennung des Schlauchs mit der Schere, sei ohne jede Bedeutung für den postoperativen Befund. Die Lagerung des Patienten auf dem Operationstisch sei sachgemäß erfolgt.
2. Das LG hat Zeugen- und Sachverständigenbeweis erhoben. Der Eingriff sei mit der erforderlichen Sorgfalt durchgeführt worden, der Bericht über die Implantation des Portschlauches habe nicht zwingend angefordert und ausgewertet werden müssen. Die Durchtrennung des Schlauchs könne vorkommen, ohne dass dies als Fehler zu werten sei. Hinsichtlich des behaupteten Lagerungsschadens hätten sich die insoweit beweispflichtigen Beklagten entlastet.
3. Mit seiner Berufung wiederholt der Kläger die Anträge erster Instanz. Das LG habe der in Arzthaftungssachen gesteigerten Aufklärungspflicht nicht genügt, insbesondere sei es Lücken, Unklarheiten und Widersprüchen in der Dokumentation und den medizinischen Gutachten nicht hinreichend nachgegangen. Den Ausführungen des vom Kläger konsultierten Privatsachverständigen sei nicht die erforderliche Beachtung geschenkt worden. Angesichts der diffusen Faktenlage sei ein Obergutachten unerlässlich. Letztlich begegne auch die Beweiswürdigung des LG hinsichtlich des behaupteten Lagerungsschadens durchgreifenden Bedenken.
Die Beklagten verteidigen die Entscheidung des LG. Auch sie wiederholen und vertiefen den erstinstanzlichen Prozessvortrag.
4. Das Rechtsmittel erscheint aussichtslos. Die angefochtene Entscheidung hält den Berufungsangriffen stand.
a. Versehentliche Durchtrennung des Portschlauchs und Entfernung des Schlauchrestes:
Dass der Portschlauch entfernt werden musste, steht außer Frage. Dass er versehentlich durchtrennt wurde, stellen die Beklagten nicht in Abrede. Unmittelbar ist dem Kläger daraus kein Schaden entstanden. Dass der Schlauchrest gesucht, freipräpariert und entfernt werden musste, ist unzweifelhaft.
Die von der Berufung wiederholte These, dabei sei der Nervschaden vorwerfbar verursacht worden, hat keine gesicherte Beweisgrundlage. Dem Kläger kommen insoweit auch keine Beweiserleichterungen wegen der behaupteten Dokumentationslücken und - mängel zugute.
Die Dokumentation dient weder dazu, ärztliches Handeln lückenlos in sämtlichen Details festzuhalten, noch dazu, die tatsächlichen Grundlagen eines Haftpflichtprozesses gegen den Arzt zu schaffen oder zu erschüttern. Die Dokumentation richtet sich an den na...