Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe für außergerichtlichen Vergleich

 

Leitsatz (amtlich)

Hat das Gericht Prozesskostenhilfe für einen außergerichtlichen Vergleich bewilligt, ist dem Justizfiskus im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 128 BRAGO der Einwand abgeschnitten, eine PKH-Bewilligung gelte nicht für außergerichtliche Vergleiche (Klarstellung zu OLG Koblenz v. 1.6.1995 - 15 WF 342/95, NJW-RR 1995, 1339 [1340]).

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Beschluss vom 15.04.2004; Aktenzeichen 4 O 102/ 03)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem LG Mainz gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Mainz vom 15.4.2004 wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Parteien erledigten den Streitgegenstand des Prozesses durch einen außergerichtlichen Vergleich der Hauptsache. Der Kläger, dem bereits zuvor Prozesskostenhilfe für das gerichtliche Verfahren bewilligt worden war, beantragte, die PKH auf die Kosten des außergerichtlichen Vergleichs zu erstrecken. Diesem Antrag fügte er den Vergleichstext bei. Durch Beschluss vom 12.11.2003 ordnete die Einzelrichterin an, dass die gewährte Prozesskostenhilfe auch die Kosten des außergerichtlichen Vergleichs erfasst.

Gleichwohl ist die geltend gemachte Vergleichsgebühr von der PKH-Vergütung abgesetzt worden. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin auf die Entscheidungen des BGH vom 26.9.2002 (BGH v. 26.9.2002 - III ZB 22/02, BGHReport 2003, 96 = MDR 2002, 1395 [1396] = NJW 2002, 3713 [3714] = Rpfleger 2002, 651 [652] = JurBüro 2003, 19 [20]) und des 15. Zivilsenats des OLG Koblenz vom 1.6.1995 (OLG Koblenz v. 1.6.1995 - 15 WF 342/95, NJW-RR 1995, 1339 [1340] = Rpfleger 1996, 32 = FPR 1997, 291 [292]) verwiesen. Danach stehe dem PKH-Anwalt für einen außergerichtlichen Vergleich keine Vergleichsgebühr aus der Staatskasse zu.

Auf die Erinnerung der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat die Einzelrichterin die Rechtspflegerin angewiesen, die Vergleichsgebühr antragsgemäß festzusetzen.

Dagegen wendet sich die Bezirksrevisorin ohne Erfolg.

Ob die Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Prozesskostenhilfe auch bewirkt, dass die durch einen außergerichtlichen Vergleich entstandene Gebühr aus der Staatskasse zu erstatten ist, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung kontrovers diskutiert (vgl. zuletzt OLG München, Beschl. v. 16.10.2003 - 11 W 1806/03, MDR 2004, 296 = OLGReport München 2004, 41 = JurBüro 2004, 37 m. zahlr. w.N.).

Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin und der Bezirksrevisorin stellt sich diese Frage jedoch im vorliegenden Fall nicht, weil das Gericht durch den Beschluss vom 12.11.2003 bereits mit Bindungswirkung angeordnet hat, dass die Prozesskostenhilfe sich auf den außergerichtlichen Vergleich erstreckt.

Nach § 122 Abs. 1 BRAGO richtet sich der Anspruch des Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Die gerichtliche Entscheidung vom 12.11.2003 ist eindeutig und für das Vergütungsverfahren bindend. Sähe man das anders, würde § 127 Abs. 3 ZPO ausgehöhlt, wonach gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe die sofortige Beschwerde der Staatskasse nur dann stattfindet, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind.

Ob der Beschluss vom 12.11.2003 auch dann Bindungswirkung hätte, wenn der Einzelrichterin der Inhalt des außergerichtlichen Vergleichs nicht bekannt gewesen wäre, steht nicht zur Entscheidung an.

In alledem liegt keine Abweichung von der Entscheidung des 15. Zivilsenats des OLG Koblenz, weil dort eine gerichtliche PKH-Bewilligung für den außergerichtlichen Vergleich fehlte.

Die außerdem von der Beschwerde bemühte Entscheidung des BGH ist nicht einschlägig. Dort ging es um einen Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 104 ff. ZPO. Daraus lässt sich für das vorliegende PKH-Vergütungsverfahren nichts herleiten.

Daher besteht auch kein Anlass, die Sache dem Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern zu übertragen oder gar die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 6 BRAGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1156610

JurBüro 2004, 383

Rpfleger 2004, 502

AGS 2004, 297

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