Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweisgebühr des Streithelfers im selbständigen Beweisverfahren
Leitsatz (amtlich)
Tritt ein Streitverkündeter dem selbständigen Beweisverfahren erst nach Vorlage eines Sachverständigengutachtens bei, entsteht dem Verfahrensbevollmächtigten des Streithelfers gleichwohl eine Beweisgebühr für die Prüfung, ob eine Ergänzung oder mündliche Erläuterung des Gutachtens erforderlich ist.
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 01.10.2003; Aktenzeichen 2 OH 18/02) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den (über 2.574 Euro lautenden) Kostenfestsetzungsbeschluss II des LG Mainz vom 1.10.2003 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerinnen haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
3. Der Beschwerdewert beträgt 1.277 Euro.
Gründe
Wegen Baumängeln hatten die Antragstellerinnen ein selbstständiges Beweisverfahren beantragt. Die beiden Antragsgegner verkündeten den Beteiligten zu 3) und 4) den Streit. Diese traten dem Verfahren jedoch zunächst nicht bei. Erst nach Vorlage des Sachverständigengutachtens Anfang Juli 2002 traten sie Ende Juli 2002 dem Verfahren auf Seiten der Antragsgegner bei und machten Ausführungen zu den Feststellungen und Schlussfolgerungen des gerichtlichen Sachverständigen (Bl. 77 und 81 GA). Später beantragten die Streithelfer, dem Sachverständigen die Erläuterung des Gutachtens aufzugeben.
Das LG hat den Beweissicherungsantrag sodann unter Aufhebung der ursprünglichen Beweisanordnung als unzulässig abgelehnt und den Antragstellerinnen die Verfahrenskosten einschl. der außergerichtlichen Kosten der beiden Streithelfer auferlegt.
Durch den nunmehr angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss II (über 2.574 Euro) hat das LG zu Gunsten des Streithelfers zu 3) u.a. eine Beweisgebühr von 1.277 Euro festgesetzt.
Dagegen wenden sich die Antragstellerinnen mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie meinen, eine Beweisgebühr sei nicht angefallen, weil der Beitritt der Streithelfer erst nach Abschluss der Beweiserhebung erfolgt sei.
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
Zu Recht hat die Rechtspflegerin die vom Streithelfer angemeldete Beweisgebühr festgesetzt. Die Auffassung der Beschwerde, eine Beweisgebühr sei wegen des späten Beitritts des Streithelfers nicht angefallen, ist unzutreffend.
Die Gebühr nach § 48 BRAGO setzt wegen der Verweisung auf § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO voraus, dass der Rechtsanwalt seinen Auftraggeber im gerichtlichen Beweisaufnahmeverfahren vertreten hat. Eine Vertretung liegt nach einhelliger Meinung in Rspr. und Lit. vor, wenn der Rechtsanwalt im Rahmen der Beweisaufnahme eine anwaltliche Tätigkeit entfaltet hat.
Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Bevollmächtigte des Streithelfers hat sich zwar erst nach dem Eingang des schriftlichen Sachverständigengutachtens bestellt und den Beitritt erklärt; sie hat jedoch hiernach eine anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Beweisaufnahme vorgenommen. Bei der Beweisaufnahme durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens ist die Beweiserhebung nicht schon mit der Niederlegung des Gutachtens bei der Geschäftsstelle (§ 411 Abs. 1 S. 1 ZPO) beendet. Der Rechtsanwalt des Streitverkündeten hat in einem derartigen Fall – ungeachtet des Zeitpunktes des Beitritts – das Sachverständigengutachten darauf zu prüfen, ob eine Ergänzung oder mündliche Erläuterung erforderlich ist (§ 411 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO). Eine derartige Prüfung mit einem entspr. Antrag ist hier auch erfolgt. Dadurch ist die Beweisgebühr entstanden (vgl. zu einem Fall bloßer Prüfung des Beweisergebnisses durch den Rechtsanwalt OLG Köln v. 19.12.1983 – 17 W 558/83, Rpfleger 1984, 332 [332] = JurBüro 1984, 1532 ff. [1534] = AnwBl 1985, 45 f. [46]).
Ob etwas anderes gilt, wenn die Beweiserhebung endgültig abgeschlossen und weiteren Sachausführungen und Anträgen nicht mehr zugänglich ist, steht nicht zur Entscheidung an.
Die sofortige Beschwerde musste mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 1112711 |
JurBüro 2004, 377 |
ZAP 2004, 357 |
MDR 2004, 717 |
NJOZ 2004, 1232 |
OLGR-KSZ 2004, 325 |
RVG-Letter 2004, 33 |