Entscheidungsstichwort (Thema)

Gutschrift einer Überweisung, Nachprüfungsmöglichkeiten bei „Internetbanking”

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 08.01.2003; Aktenzeichen 13 O 154/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.03.2005; Aktenzeichen XI ZR 338/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des LG Koblenz vom 8.1.2003 teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin unterhält bei der Beklagten ein Girokonto. Am frühen Vormittag des 30.4.2002 wurde diesem Konto ein Zahlungseingang von 15.752,80 Euro gutgeschrieben, der von einer Firma R. GmbH & Co., die ebenfalls bei der Beklagten ein Konto unterhielt, per Elektronic-Banking (Btx) angewiesen worden war. Um 10:59 Uhr des gleichen Vormittags stornierte die Beklagte die Gutschrift wieder und informierte die Klägerin telefonisch hierüber. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Gutschrift weder am Kontoauszugsdrucker noch im Onlinezugriff abrufbar, der aufgrund der Gutschrift erhöhte Gesamtkontostand hieraus aber zu ersehen. Der mit Datum vom 30.4.2002 erstellte Kontoauszug (Bl. 79 ff. GA) wies beide Buchungen aus, ebenso der per EDV abrufbare Kontoauszug dieses Tages (nachträglicher Ausdruck vom 11.12.2002, Bl. 82 ff. GA), wobei die Negativbuchung jeweils als „Auftrag” gekennzeichnet ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, durch welches das LG der auf Auszahlung des überwiesenen Betrages gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben hat, Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Zur Begründung ihrer Berufung, mit der sie eine Abweisung der Klage erstrebt, macht die Beklagte geltend, eine rein elektronische Buchung stehe stets unter dem Vorbehalt der Nachdisposition und werde erst durch die Äußerung eines nach außen erkennbaren Rechtsbindungswillens der Bank verbindlich.

Dem hält die Klägerin, die in der Berufungsinstanz hilfsweise Wiedergutschrift des stornierten Betrages nebst Zinsen i.H.v. 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 30.4.2002 begehrt, entgegen, die Beklagte habe ihren Rechtsbindungswillen äußerlich erkennbar durch die Ermöglichung des Zugriffs auf ihren Datenbestand geäußert.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze einschl. der Rechtsausführungen in dem nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz der Klägerin vom 28.8.2003 Bezug genommen.

B. Die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Betrages nebst Zinsen (Hauptantrag) noch auf eine entspr. Gutschrift (Hilfsantrag).

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus der am 30.4.2002 zunächst erfolgten Gutschrift, wobei hier dahinstehen kann, ob ein solcher Anspruch auf Zahlung oder – wie von der Beklagten geltend gemacht – allenfalls auf Wiedergutschrift gerichtet wäre.

Wie das LG zutreffend ausführt, stellt die Gutschrift auf einem Bankkonto ein abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis der Bank ggü. dem Kunden dar (BGH v. 25.1.1988 – II ZR 320/87, BGHZ 103, 143 ff. = MDR 1988, 472 = CR 1989, 106 = CR 1988, 472 m.w.N.). Dieses bedarf zu seinem Wirksamwerden der Abgabe einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung der Bank. Wann diese Willenserklärung wirksam abgegeben ist, hängt davon ab, auf welche Weise die Buchung vorgenommen wird.

Bei einer rein manuellen Buchung manifestiert sich der Rechtsbindungswille der Bank bereits im Augenblick der Buchung, womit der Kunde einen Anspruch aus der Gutschrift erwirbt, selbst wenn er von dieser noch keine Kenntnis hat (BGH v. 25.1.1988 – II ZR 320/87, BGHZ 103, 143 ff. = MDR 1988, 472 = CR 1989, 106 = CR 1988, 472).

Bei einer Buchung im Wege der elektronischen Datenverarbeitung ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Buchung automatisch erfolgt, ohne dass die Bank diese zuvor auf ihre Berechtigung überprüft hat. Eine solche elektronische Gutschrift steht regelmäßig unter dem Vorbehalt der sog. Nachdisposition, in der die Übereinstimmung von Kontonummer und Empfängerbezeichnung, die Einhaltung des Abkommens über den Überweisungsverkehr und das Vorliegen eines Widerrufs geprüft wird. Daher bedarf es eines Organisationsaktes der Bank, durch den diese mit äußerlich erkennbarem Rechtsbindungswillen die Daten der Gutschrift dem Überweisungsempfänger zugänglich macht (vgl. Canaris, HGB-Großkommentar, 4. Aufl., BankVertrR, Rz. 420, 422). Dies gilt sowohl für den belegbegleitenden, im Interbankverhältnis elektronisch durchgeführten Üb...

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