Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 10 O 161/21)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Koblenz vom 6. Januar 2022, Az. 10 O 161/21, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 85.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene Kläger ist ein Verein, der sich für Verbraucherschutz im Bauwesen einsetzt. Er verlangt von der Beklagten es zu unterlassen, in vorformulierten Bauverträgen mit Verbrauchern einzelne (insgesamt 34) Klauseln zu verwenden oder bei bestehenden Verträgen sich auf diese Klauseln zu berufen.

Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Mit Urteil vom 6. Januar 2022 (Bl. 86 - 121 eA/LG) hat der Einzelrichter der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, die beanstandeten Klauseln benachteiligten ihre Kunden nicht unangemessen und seien alle wirksam. Sie stellt zu bestimmten Klauseln heraus, dass diese bei aktuellen Bauverträgen nicht mehr verwendet würden.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Koblenz vom 6. Januar 2022 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die - zulässige - Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat mit Recht der Beklagten die weitere Verwendung der beanstandeten oder inhaltsgleichen Klauseln in Bauverträgen mit Verbrauchern untersagt und es ihr weiter verboten, sich auf diese Klauseln bei bestehenden Verträgen zu berufen (§§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 9 UKlaG).

Bei den streitgegenständlichen Klauseln handelt es sich, wovon auch beide Parteien ohne Weiteres ausgehen, allesamt um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, so dass die Inhaltskontrolle eröffnet ist (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Es ist von folgenden gefestigten Grundsätzen auszugehen:

Der Inhalt einer Allgemeinen Geschäftsbedingung ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel zu fragen ist. Sie ist so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Sind mehrere Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. In Folge dessen ist die scheinbar "kundenfeindlichste" Auslegung im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste, da sie häufig erst die Inhaltskontrolle eröffnet bzw. zu einer unangemessenen Benachteiligung und damit der Unwirksamkeit der beanstandeten Klausel führt. Außer Betracht zu bleiben haben Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind (BGH, Urteil vom 19.1.2016 - XI ZR 388/14 = NJW 2016, 1382 Rn. 21, beck-online; BGH, Urteil vom 19. Januar 2023 - VII ZR 34/20 - juris Rn. 29 f.).

Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist entsprechend dem Grundsatz von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Vertragspartner verständlich ist, sondern Treu und Glauben gebieten es auch, dass die Gefahr von Missverständnissen oder Fehldeutungen durch eine unklare, mehrdeutige oder unvollständige Fassung der Klausel möglichst vermieden wird. Eine Klausel ist darüber hinaus auch dann unwirksam, wenn der Vertragspartner durch die Formulierung der Klausel davon abgehalten wird, seine berechtigten Ansprüche oder Gegenrechte dem Verwender gegenüber geltend zu machen. Dagegen ist der Verwender nicht verpflichtet, aus dem Gesetz oder aus der Rechtsnatur eines Vertrags folgende Rechte ausdrücklich zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil v. 8. 11. 2012 - VII ZR 191/12 = NJW 2013, 219, Rn. 19, beck-online).

Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB ist dann gegeben, wenn der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch einseitig...

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