Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 08.02.2000; Aktenzeichen 2 O 265/99) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 08.02.2000 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mainz wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn ein Räumungsanspruch der Klägerin besteht mangels einer wirksamen Kündigung nicht.
Das bestehende Mietverhältnis über die gewerblichen Räume in der P. Straße …, N., kam durch schriftlichen Vertrag vom 09.10.1984 mit Wirkung vom 01.10.1984 auf die Dauer von 20 Jahren zustande zwischen den Beklagten und K. N., die zu dieser Zeit noch Eigentümerin des Objektes war. Deren Tochter, die Klägerin, wurde Rechtsnachfolgerin der Grundstückseigentümerin durch Übereignung aufgrund des notariellen Vertrages vom 05.06.1985, mit dem Frau N. sich zugleich einen lebenslangen Nießbrauch an dem Grundbesitz vorbehielt. Mit notariellem Vertrag vom 21.03.1997 verzichtete Frau N. dann auf ihre Nießbrauchsrechte.
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die von der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen vom 20.01.1999 und vom 10.06.1999 unwirksam sind.
Die Klägerin war nicht nach § 1056 Abs. 2 BGB zur Kündigung berechtigt.
Es ist schriftlich vereinbart, dass das Mietverhältnis bis zum 30.09.2004 besteht. Zwar wurde die Klägerin mit Fortfall des Nießbrauches Vermieterin nach § 571 Abs. 1 i. V. m. § 1056 Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung (vgl. dazu Münchener Kommentar/Voelskow, BGB, 3. Aufl., § 577 Rdnr. 21). Ein vorzeitiges Kündigungsrecht des Grundstückseigentümers (§ 1056 Abs. 2 BGB) besteht nach dem Ende des Nießbrauchs jedoch nicht, wenn er persönlich an den Mietvertrag gebunden ist, wenn er nämlich bereits vor Bestellung des Nießbrauchs Vermieter war (BGH NJW 1990, S. 443, 444 f.). So liegt der Fall hier. Es ist nicht so, dass die Nießbraucherin das Grundstück über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermietet hätte (§ 1056 Abs. 1 und 2 BGB). Denn eine Vermietung erfolgte durch Frau N. nicht in ihrer Eigenschaft als Nießbraucherin, sondern in der Zeit, als sie noch Grundstückseigentümerin war. Die Klägerin trat daher bereits durch den Eigentumserwerb im Jahre 1985 gemäß § 571 Abs. 1 BGB in die Rechte und Pflichten des Vermieters ein, wenngleich aufgrund desselben Vertrages nach einer „logischen Sekunde” sogleich wieder ihre Mutter als Nießbraucherin die Vermieterstellung erhielt (§§ 577 Satz 1, 571 Abs. 1 BGB).
Der Schutzzweck des § 1056 Abs. 2 BGB zu Gunsten des Grundstückseigentümers, ohne dessen Zutun der Nießbraucher das Grundstück vermietet hat, ist nicht einschlägig. Denn die Klägerin erwarb das Eigentum an dem Grundbesitz, als dieser bereits vermietet war, so dass die Beeinträchtigung durch das Mietverhältnis nicht Folge des Nießbrauches ist. Andererseits darf der Schutz, den bei einem Eigentümerwechsel § 571 BGB dem Mieter gewähren soll, diesem nicht dadurch genommen werden, dass die Eigentumsübertragung an dem vermieteten Grundstück mit einer Nießbrauchsbestellung verbunden wurde. Darauf, ob die Klägerin beim Erwerb des Grundbesitzes von der Vermietung wusste, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Weiter können die Kündigungen nicht auf § 566 Satz 2 BGB gestützt werden.
Der Mietvertrag ist auf die Dauer von 20 Jahren in schriftlicher Form abgeschlossen worden. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, der Vertrag weise die gebotene Form nicht mehr auf, seitdem die Vertragsparteien mündliche Abänderungsvereinbarungen getroffen hätten.
Grundsätzlich hat zwar der Formmangel eines Änderungsvertrages zu einem Miet- oder Pachtvertrag zur Folge, dass der zunächst formgültig abgeschlossene ursprüngliche Vertrag nunmehr gleichfalls der Schriftform entbehrt und als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt (BGH NJW 1994, S. 1649, 1650). In der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass dies in Fällen sog. unwesentlicher Veränderungen, wie der Änderung von Nebenpunkten, aber auch einer Vertragsverlängerung, ausnahmsweise nicht gilt (BGH NJW 1987, S. 948). Darüber hinaus ist es den Vertragspartnern ganz allgemein gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf den Formverstoß zu berufen, wenn die Formungültigkeit des Vertrages zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde (BGH NJW-RR 1990, 518, 519). Ein solcher Fall ist hier gegeben.
Frau N. vereinbarte am 18.11.1987 mit den Beklagten eine Erhöhung des monatlichen Mietzinses von 1.800,00 DM auf 2.000,00 DM, ohne dass hierüber eine von allen Vertragsparteien unterzeichnete Nachtragsurkunde angefertigt worden wäre. Ob es sich hierbei um eine unwesentliche Vertragsänderung handelt, mag dahinstehen. Jedenfalls stellt die aus diesem Sachverhalt hergeleitete Kündigung einen Rechtsmissbrauch seitens der Klägerin dar. Die Mietzinserhöhung war eine Abrede, die zu einer Schlechterstellung der Mieter führte und die Vermieterin begünstigte. Es verstößt gegen den Grundsatz von...