Leitsatz (amtlich)
1. Da der Energieausweis keinen unmittelbaren Rückschluss auf den tatsächlichen Energieverbrauch des Gebäudes erlaubt, muss der Aussteller ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht mit einer Drittbezogenheit seiner Leistung rechnen. Damit kann ein Dritter (Hauskäufer) bei Fehlangaben in dem Ausweis keine Rechte gegen den Aussteller geltend machen.
2. Verkauft der Auftraggeber des Energieausweises ein Wohnhaus mit vereinbartem Haftungsausschluss, so ist es dem Käufer unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verwehrt, den von ihm nicht beauftragten Aussteller des fehlerhaften Energieausweises in Anspruch zu nehmen. Dessen Haftung geht nicht weiter als die des Verkäufers.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 23.12.2015; Aktenzeichen 8 O 119/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des LG Koblenz vom 23.12.2015 (Az. 8 O 119/13) wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das angefochtene Urteil und das Senatsurteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 v.H. des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin verfolgt gegenüber dem Beklagten einen Schadensersatzanspruch aus Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter wegen eines nach ihrer Auffassung fehlerhaft erstellten Energieausweises.
Die Klägerin erwarb mit notariellem Vertrag vom 26.10.2009 (Anlage K4) von dem Zeugen B das mit einem Einfamilienwohnhaus bebaute Anwesen in der V. straße 15, zum Kaufpreis von 350.000 EUR. Der Zeuge B hatte vor der Durchführung des Verkaufs den Beklagten mit der Erstellung eines Energieausweises für das genannte Wohnhaus beauftragt. Der Beklagte hatte nach einer Besichtigung des Hauses und der Vornahme eigener Messungen an den Fenstern, sowie Erhalt diverser Hausunterlagen den Energieausweis unter dem Datum vom 2.9.2009 ausgestellt, welcher einen Primärenergiebedarf des Gebäudes von 126,4 kWh/(m2a) auswies. Als Anlass der Ausstellung ist die Rubrik "Sonstiges (freiwillig)" angekreuzt. Auf Seite 2 des Ausweises ist unter dem mit "Erläuterungen zum Berechnungsverfahren" übertitelten Abschnitt ausgeführt:"Das verwendete Berechnungsverfahren ist durch die Energieeinsparverordnung vorgegeben. Insbesondere wegen standardisierter Randbedingungen erlauben die angegebenen Werte keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Energieverbrauch..."
Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, bei dem zwischen dem Zeugen B und dem Beklagten geschlossenen Vertrag über die Erstellung eines Energieausweises handele es sich um einen Werkvertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Sie sei als Käuferin des Anwesens in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen, weil der Zeuge B dem Beklagten den Zweck der Erstellung des Energieausweises, nämlich den beabsichtigten Hausverkauf, im Rahmen der Beauftragung genannt habe. Der Ausweis sei durch den Beklagten fehlerhaft erstellt worden, wobei er zumindest fahrlässig gehandelt habe. Abweichend von den Angaben im Energieausweis belaufe sich der Primärenergiebedarf tatsächlich auf 218,80 kWh/(m2a). Der höhere Energiebedarf des Wohnhauses bedinge, dass der Verkehrswert lediglich 300.000 EUR betrage und führe unter Berücksichtigung der Kosten einer energetischen Sanierung zu einem Minderwert von 111.028 EUR, wovon sie mit der Klage einen Teilbetrag von 50.000 EUR verfolge. Zudem leite sich ein Schadensersatzanspruch in dieser Höhe auch daraus ab, dass sie das Anwesen, wenn der Energieausweis die korrekten Werte aufgewiesen hätte, maximal zu einem Kaufpreis von 300.000 EUR erworben oder vom Kauf Abstand genommen hätte. Denn der Energieverbrauch des Hauses sei bei den Vertragsverhandlungen eines der wertbildenden Merkmale gewesen. Im Übrigen habe der Beklagte ihr auch die Kosten eines zur Beurteilung des Energieausweises eingeholten Privatgutachtens zu erstatten.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt den Beklagten zu verurteilen,
1. an sie einen Betrag von 50.000 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.5.2012 zu zahlen,
2. sie von den Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.890,91 EUR freizustellen,
3. an sie einen Betrag von 2.189,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.4.2015 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, keine Kenntnis davon gehabt zu haben, dass Anlass der Ausstellung des Energieausweises der Verkauf des Anwesens gewesen sei. Im Übrigen habe er alle Daten ordnungsgemäß erhoben und die Berechnung ordnungsgemäß vorgenommen.
Durch das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 4.1.2016 zugestellte Urteil vom 23.12.2015, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das LG...