Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, ob Nacherfüllungsort (Kaufvertrag) grundsätzlich der Erfüllungsort der (primären) kaufvertraglichen Leistungspflicht ist oder der Belegenheitsort der mangelhaften Kaufsache
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 03.06.2009; Aktenzeichen 8 O 277/08) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3.6.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Koblenz abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz tragen die Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger haben nach dem Kauf eines ...-Faltanhängers bei der Beklagten die "Wandlung" des Kaufvertrages erklärt und mit der Klage die Rückzahlung des Kaufpreises von 7.370 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des ...-Faltanhängers geltend gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat den Klägern den geltend gemachten Zahlungsanspruch aus den §§ 346 Abs. 1, 433, 434, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB i.H.v. 7.320 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Faltanhängers zugesprochen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass mehrere Mängel vorhanden seien, deren Vorliegen bei Gefahrübergang gem. § 476 BGB vermutet werde. Der Rücktritt sei nach Ablauf einer angemessenen Frist erklärt worden. Die Pflichtverletzung sei erheblich. In Höhe von 50 EUR sei der Anspruch der Kläger durch Aufrechnung erloschen, weil der Beklagten insoweit gem. § 280 Abs. 1 BGB ein aufrechenbarer Gegenanspruch wegen der Kosten aus Anlass des fehlgeschlagenen Abholversuchs zugestanden habe. Das LG hat den Klägern darüber hinaus gem. §§ 280, 286 BGB i.V.m. §§ 13, 14, Nrn. 1008 und 2300 RVG-VV vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 808,25 EUR zuerkannt.
Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Ziel der Klageabweisung.
II. Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Der mit der Klage geltend gemachte Rückzahlungsanspruch wegen Rückabwicklung des Kaufvertrages über den ...-Faltanhänger besteht nicht, da die Kläger nicht wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten sind.
Dahinstehen kann, ob die Kläger wegen der gerügten Mängel gem. § 437 Nr. 2 BGB zum Rücktritt berechtigt waren. Da sie den Anhänger nicht am Firmensitz der Beklagten zur Nachbesserung zur Verfügung gestellt haben, haben sie die Nacherfüllung nicht innerhalb der gesetzten Frist ermöglicht und damit eine Mitwirkungshandlung nicht erfüllt, die das Rücktrittsrecht voraussetzt.
Erfüllungsort für die Nacherfüllung ist hier der Firmensitz der Beklagten als dem Erfüllungsort ihrer kaufvertraglichen Leistungsverpflichtung (§ 269 Abs. 1 BGB, s. Auftragsbestätigung vom 25.2.2008, Bl. 8 GA: LIEFERUNG: ab ..., Selbstabholfer).
Als Nacherfüllungsort kommt grundsätzlich in Betracht der ursprüngliche Leistungsort des durch den Kaufvertrag begründeten Primärleistungsanspruchs oder aber der Belegenheitsort der mangelhaften Sache im Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangens. Entscheidend ist insoweit, dass der Nacherfüllungsanspruch der modifizierte Erfüllungsanspruch ist. Die Lieferung einer mangelhaften Sache führt - mangels Bewirkens der im Kaufvertrag geschuldeten Leistung - nicht zur Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB). Vielmehr verwandelt sich der ursprüngliche Lieferanspruch des Käufers in einen Nacherfüllungsanspruch nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB. An die Stelle des Anspruchs auf Übereignung der Kaufsache (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB) tritt das Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Nachlieferung (§ 439 Abs. 1 BGB). Vor diesem dogmatischen Ansatz drängt es sich auf, dem dem Erfüllungsanspruch modifiziert entsprechenden Nacherfüllungsanspruch denselben Leistungsort zuzuweisen (OLG München, Urt. v. 20.6.2007 - 20 U 2204/07; OLGReport München 2007, 796).
Zwar können Verkehrssitte und Treu und Glauben im Einzelfall ein anderes Ergebnis fordern (OLG München, a.a.O.). Vorliegend kommt unter diesen Gesichtspunkten ein solches jedoch nicht in Betracht. Insbesondere rechtfertigt die entgegen der vertraglichen Vereinbarung offensichtlich durch die Beklagte erfolgte Anlieferung des Anhängers noch keine Verschiebung des Leistungsortes für den Nacherfüllungsanspruch. Entsprechendes gilt für die von der Beklagten dokumentierte Bereitschaft, den Anhänger zur Nachbesserung am Wohnsitz der Kläger abzuholen. Die Parteien haben jedenfalls nicht dargelegt, dass der Grund dafür in einer Vereinbarung über die Verschiebung des Leistungsortes für den Nacherfüllungsanspruch liegt. Der Umstand ist deshalb der Kostentragungspflicht nach § 439 Abs. 2 BGB zuzuordnen, die für die Bestimmung des Leistungsortes ohne Bedeutung ist (OLG München, a.a.O.).
Die Rechtsprechung des BGH steht der dargelegten Auffassung zum Leistungsort des Nacherfüllungsanspruch...