Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 25.11.2015; Aktenzeichen 5 O 96/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Mainz vom 25.11.2015, Az. 5 O 96/15, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 9.693,70 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.10.2013 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger weitere 1.086,23 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.6.2015 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger begehren die Rückerstattung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach Widerruf ihrer auf den Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen.

Die Parteien schlossen zur Finanzierung eines Immobilienerwerbs am 19./26.2.2003 einen grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensvertrag über 175.000,00 EUR (Anlage K 1, Bl. 10 ff. GA). Das Darlehen wurde in zwei Teilbeträgen von 113.400,00 EUR (Unterkonto Nr. 8322014001) bzw. 61.600,00 EUR (Konto 8322014002) ausgezahlt. Die Vertragsurkunde enthielt eine Widerrufsbelehrung (Bl. 14 GA), nach der die Widerrufsfrist "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" beginnen sollte. Mit Schreiben vom 8.1.2010 (Anlage K 2, Bl. 23 ff. GA) stimmte die Beklagte einer vorzeitigen Ablösung des Darlehens wegen der Veräußerung des finanzierten Objekts durch die Kläger gegen Zahlung unter anderem einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 9.693,70 EUR (zzgl. einer Bearbeitungsgebühr in Höhe von 150,00 EUR und Notarkosten für die Löschung des Grundpfandrechts in Höhe von 123,76 EUR) zu, welche von den Klägern geleistet wurde.

Mit Schreiben vom 13.10.2013 (Anlage K 3, Bl. 34 GA) forderten die Kläger die Beklagte nach Beratung durch die Verbraucherzentrale...[Z] unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Widerrufsbelehrung auf, bis zum 25.10.2013 die Vorfälligkeitsentschädigung, die "rechtlich nicht haltbar" sei, zurückzuzahlen, was die Beklagte mit Schreiben vom 31.10.2013 ablehnte. Mit Anwaltsschreiben vom 25.6.2014 (Anlage B1) ließen die Kläger- ihrer Ansicht nach vorsorglich erneut - den Widerruf ihrer auf den Abschluss des vorgenannten Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen erklären.

Mit ihrer am 13.5.2015 eingegangenen, am 18.6.2015 zugestellten (Bl. 41 GA) Klage haben die Kläger geltend gemacht, bereits ihr Schreiben vom 13.10.2013 sei als Widerruf auszulegen. Der Widerruf sei auch wirksam, da die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden sei. Die Widerrufsbelehrung kläre unter anderem über den Beginn der Widerrufsfrist nicht ordnungsgemäß auf. Auf die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV könne sich die Beklagte nicht berufen, da die Belehrung von der Musterbelehrung inhaltlich abweiche. Aufgrund der notwendigen Einschaltung ihres damaligen Rechtsanwalts stehe ihnen - den Klägern - auch ein Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von ihnen gezahlter 1.219,04 EUR zu.

Die Kläger haben beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Kläger - als Gesamtgläubiger 9.693,70 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.10.2013, hilfsweise seit 19.7.2014 zu zahlen und

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Kläger - als Gesamtgläubiger weitere 1.219,04 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und zur Begründung ausgeführt, in dem Schreiben vom 13.10.2013 sei kein Widerruf zu sehen, dieser sei daher erst mit Anwaltsschreiben vom 25.6.2014 erfolgt. Auch bestehe ein Widerrufsrecht nicht, da wegen ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist längst abgelaufen gewesen sei. Eine relevante inhaltliche Bearbeitung der Musterbelehrung sei nicht erfolgt mit der Folge, dass sie - die Beklagte - sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Ein Widerrufsrecht scheide darüber hinaus aufgrund des Abschlusses und der Erfüllung eines Aufhebungsvertrages aus. Im Übrigen stehe der Geltendmachung des Widerrufsrechts der Einwand des Rechtsmissbrauchs und der Verwirkung entgegen. Hilfsweise komme allenfalls eine anteilige Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe des Barwerts der Vertragszinsen nach Abzug der Refinanzierungszinsen in Höhe von 972,02 EUR in Betracht. Ein Anspruch auf Ersatz der...

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