Entscheidungsstichwort (Thema)
Austausch von Türschlössern zur Sicherung des Vermieterpfandrechts; Vereitelung eines Vertrages mit einem Nachieter
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Vermieteranwalt handelt pflichtwidrig, wenn er seinen Mandanten bei fortbestehendem Mietverhältnis nicht davon abhält, die Türschlösser auszutauschen, um das Vermieterpfandrecht durchzusetzen. Kündigt der Mieter daraufhin fristlos, haftet der Anwalt für den gesamten Mietausfallschaden.
2. Ein Vermieter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den vom Mieter gestellten Ersatzmieter zu akzeptieren. Die Weigerung des Vermieters kann im Einzelfall jedoch treuwidrig sein mit der Folge, dass sein Anspruch auf Mietzinszahlung erlischt.
Normenkette
BGB §§ 242, 249, 276, 535, 675
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 31.12.2002; Aktenzeichen 10 O 481/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.12.2002 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des LG Koblenz wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger, Sozien einer Rechtsanwaltskanzlei, beanspruchen von der Beklagten die Zahlung eines Anwaltshonorars.
Die Beklagte rechnet auf und verfolgt darüber hinaus im Wege der Widerklage Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt einer positiven Verletzung des Anwaltsvertrages.
Sie hatte an G.H. und J.M. eine Doppelhaushälfte vermietet. Im Herbst 1999 beabsichtigten die Mieter – aus gesundheitlichen Gründen und wegen ihres Alters – nach La Palma überzusiedeln. Die Mietvertragsparteien standen in Verhandlungen über die vorzeitige Auflösung des langfristigen Mietverhältnisses. Die Beklagte erklärte sich mit einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses bereit, wenn ein geeigneter Nachmieter gefunden würde. An der Suche danach wollte sie sich beteiligen.
Anwaltlich von den Klägern vertreten ließ sie mit Schreiben vom 14.12.1999 den Mietern mitteilen, sie werde selbständig keinen Nachmieter suchen und gebe Gelegenheit hierzu bis zum 22.12.1999.
Anfang Januar zeigte sie den Klägern an, sie werde am 10.1.2000 die Haustür am Mietobjekt mit einem neuen Schloss versehen und sie mache von ihrem Vermieterpfandrecht Gebrauch. Die Kläger teilten hierauf mit, das Vermieterpfandrecht bestehe von gesetzeswegen und hierauf müssten die Mieter nur hingewiesen werden.
Nachdem die Schlösser ausgewechselt waren, kündigten die Mieter fristlos. Zu einer einvernehmlichen Aufhebung des Mietverhältnisses und zum Eintritt eines Nachmieters war es nicht gekommen.
Der gegen die Mieter auf Mietzins i.H.v. 21.450 DM und auf Feststellung des Fortbestehens des Mietverhältnisses gerichteten Klage hat das AG nur i.H.d. anteiligen Miete bis zum Ausspruch der Kündigung stattgegeben (230,08 Euro) und die Klage i.Ü. abgewiesen. Die fristlose Kündigung hat es als gerechtfertigt erachtet. Die Berufung der Beklagten und damaligen Klägerin hat das LG zurückgewiesen. In diesem Rechtsstreit war die Beklagte von den Klägern anwaltlich vertreten.
Im hier zu entscheidenden Verfahren streiten die Parteien im Wesentlichen darum, ob die Beklagte wegen anwaltlicher Pflichtverletzung den Vorprozess verloren hat und die Kläger die ihr hierdurch verursachten Schäden vor allem in Form entgangener Miete auszugleichen haben. Die Kläger verweisen darauf, der Schaden wäre nicht entstanden, wenn die Beklagte die Nachvermietung nicht vereitelt hätte.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil der Honorarklage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es geht davon aus, eine anwaltliche Pflichtverletzung liege nicht vor. Im Übrigen entfalle eine Haftung der Kläger wegen weit überwiegenden Eigenverschuldens der Beklagten.
II. Das Vorbringen der Beklagten im Berufungsrechtszug führt i.E. zu keiner anderen Beurteilung.
1. Die den Klägern aus der Wahrnehmung des anwaltlichen Mandats zustehende Honorarforderung ist, für sich gesehen, außer Streit.
Schadensersatzansprüche kann die Klägerin aber nicht geltend machen, so dass die von ihr i.H.d. Klageforderung erklärte Aufrechnung (§ 387 BGB) mit Schadenersatzansprüchen aus positiver Verletzung des Anwaltsvertrages (§ 675 BGB) nicht durchgreift und die Widerklage keinen Erfolg hat.
2. Entgegen der Auffassung des LG bejaht der Senat in dem hier zu entscheidenden Fall eine anwaltliche Pflichtverletzung.
Jedoch greift der Einwand der Kläger durch, hätte sich die Beklagte pflichtgemäß und nicht treuwidrig verhalten (§ 242 BGB), wäre es nicht zum Schadenseintritt gekommen, denn dann hätten die Nachmieter den Mietzins entrichtet. Die Beklagte hätte keinen Schaden in Form entgangener Miete gehabt, und da es auch nicht zu dem – vergeblichen – Prozess gegen die Vormieter gekommen wäre, wären auch nicht die hierdurch verursachten Aufwendungen entstanden.
a) Rechtsanwalt R., der die Beklagte in der Mietsache mit den Mietern H. und M. vorprozessual betreute, hat die ihm obliegende anwaltliche Sorgfaltspflicht verletzt.
aa) Der um Rat gebetene Rec...