Leitsatz (amtlich)
Der Verkäufer eines gebrauchten Pkw mit unsachgemäß repariertem Totalschaden handelt arglistig, wenn er das Fahrzeug in Kenntnis der mangelbegründenden Umstände als fahrbereit verkauft. Der Arglistvorwurf ist weder durch eine gleichwohl erteilte TÜV-Plakette noch durch den Hinweis auf einen reparierten Totalschaden entkräftet.
Normenkette
BGB §§ 123, 142, 459
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 3 O 130/98) |
Nachgehend
Tenor
Das Versäumnisurteil des Senats vom 15.9.1999 wird aufrecht erhalten.
Dem Beklagten fallen auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein 1997 geschlossener Kaufvertrag über einen gebrauchten Pkw VW-Polo infolge Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist.
Der Beklagte ist Gebrauchtwagenhändler. Er verkaufte dem Kläger das Fahrzeug im Oktober 1997. Das Auto hatte 1994 linksseitig einen Unfall erlitten und war daraufhin 1995 erstmals in den Besitz des Beklagten gelangt, der es beschädigt weiterverkaufte. Der Erwerber ließ anschließend eine Reparatur durchführen. Danach gab er den Wagen bei dem Beklagten in Zahlung. Der Beklagte verkaufte das Fahrzeug sodann im Januar 1996 an Herrn Sch.. Von diesem musste er es 1997 zurücknehmen, nachdem er gerichtlich in Anspruch genommen worden war (AG Bad Kreuznach, Urt. v. 9.9.1997 – Bl. 26/27 d.A. 2 C 1374/97). Herr Sch. hatte dem Beklagten mangelnde Aufklärung über den Unfall von 1994 vorgeworfen und dazu auf ein im Januar 1995 erstelltes Gutachten des Sachverständigen B. hingewiesen. In diesem Gutachten ist unter anderem von Deformierungen der linken Fahrzeugseite und von einer Verschiebung des Frontbereichs nach rechts die Rede.
Die von dem Kläger unterzeichnete Kaufvertragsurkunde, die einen Kaufpreis von 12.850 DM ausweist, sieht einen Mängelgewährleistungsausschluss vor. Handschriftlich ist unter der Rubrik „Unfallschäden laut Vorbesitzer” vermerkt: „Frontschaden mit rahmentragenden Teilen, Mängelrüge ausgeschlossen, da preisreduziert (Totalschaden)”. Eine anderweitige Vorkenntnis des Verkäufers von Unfallschäden ist durch Ankreuzen einer entsprechenden Vorgabe verneint. Gleichzeitig ist die vorgedruckte Frage nach der Fahrbereitschaft des Autos bejaht (Bl. 9 GA).
Der Kläger, der den größten Teil des Kaufpreises durch einen Bankkredit finanziert und i.H.v. 2.000 DM durch Übereignung eines Altfahrzeugs bestritten hatte, legte mit dem Wagen mehr als 13.000 km zurück. Im Juni 1998 ließ er das Auto durch den Zeugen O. begutachten. Dieser schrieb, dass der Wagen „völlig unzureichend” in Stand gesetzt worden sei und im Bereich des Bodens und des linksseitigen Rahmens Deformierungen aufweise. Die weiterhin vorhandenen Schäden seien so gravierend, dass das Auto als „absolut verkehrsunsicher” bezeichnet werden müsse.
Vor diesem Hintergrund begehrt der Kläger nunmehr die Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags vom Oktober 1997. Er hatte bereits im März 1998 die Vertragsanfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt. Nach seinem Vortrag hatte der Beklagte bei den Vertragsverhandlungen die Frage nach Unfallschäden lediglich mit dem Hinweis auf „einen kleinen Schaden rechts vorne” beantwortet. Die Angaben zum Vorschaden in der – einseitig bei ihm verbliebenen – Vertragsurkunde habe der Beklagte erst nachträglich eingefügt.
Das LG hat einen Bekannten des Klägers und einen Mitarbeiter des Beklagten als Zeugen vernommen und die Klage hiernach abgewiesen. Es hat keine gesicherte Grundlage dafür gesehen, dass der Beklagte den Kläger durch mündliche Erklärungen irregeleitet oder die in dem Vertragstext enthaltenen Angaben zu den Unfallschäden erst im Nachhinein in die Vertragsurkunde eingefügt habe. Darüber hinaus hat das LG auch eine Sittenwidrigkeit des Kaufvertrags wegen Wuchers verneint.
Das greift der Kläger unter Wiederholung seines Feststellungsantrages mit der Berufung an. Er hat ergänzend vorgebracht, dass der Beklagte wissentlich die Fahrbereitschaft wahrheitswidrig zugesichert habe. Unzutreffend sei auch die Erklärung, von Unfallschäden habe er lediglich durch den Vorbesitzer Kenntnis erlangt. Das – nicht zuletzt durch das Gutachten B. vermittelte – Wissen des Beklagten um die gravierende Vorschädigung des Wagens habe eine eingehende Untersuchung vor Abschluss des streitigen Kaufvertrages erforderlich gemacht. Habe eine solche Untersuchung stattgefunden, sei dem Beklagten die Verkehrsuntauglichkeit des Autos bewusst gewesen. Sei die gebotene Untesuchung dagegen unterblieben, habe der Beklagte die Unrichtigkeit seiner Erklärung zur Fahrbereitschaft jedenfalls billigend in Kauf genommen.
Auf der Grundlage dieses Vortrags ist ein der Klage stattgebendes Versäumnisurteil ergangen.
Dagegen hat der Beklagte mit dem Ziel der Zurückweisung der Berufung Einspruch eingelegt. Er bestreitet die Mängelbehauptungen des Klägers.
Der Senat hat Sachverständigenbeweis erhoben. Insoweit wi...