Leitsatz (amtlich)
Der Bauunternehmer haftet nicht verschuldensunabhängig nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog für von ihm verursachte Gebäudeschäden.
Verfahrensgang
LG Mainz (Entscheidung vom 20.03.2009; Aktenzeichen 9 O 10/06) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 9. Zivil- kammer des Landgerichts Mainz vom 20.03.2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin einschließlich der Kosten der Nebenintervention.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz wegen Rissbildung an einem in ihrem Sondereigentum stehenden Haus in Anspruch.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat - unter Berücksichtigung der Ergebnisse eines im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens durchgeführten selbständigen Beweisverfahrens - die Klage mit Urteil vom 20.03.2009 abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, es müsse nach dem Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens davon ausgegangen werden, dass die Beklagte kein Verschulden im Sinne des § 276 BGB an der Rissbildung treffe. Da die Beklagte die im Rahmen der durchgeführten Rüttelarbeiten zu beachtenden Grenzwerte eingehalten habe, könne ihr ein Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht angelastet werden.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe - entgegen den Ausführungen des Landgerichts - die einzuhaltenden Grenzwerte überschritten. Auch bei Einhaltung der entsprechenden DIN-Normen sei ein Verschulden der Beklagten gegeben. Die Beklagte habe die Pflicht gehabt, Schäden an dem klägerischen Anwesen zu vermeiden. Insoweit habe die Beklagte nicht nur Schutzvorkehrungen treffen müssen, sondern darüber hinaus auch nach Beginn der Rüttelarbeiten Messungen in der Nachbarschaft durchführen müssen. Es sei auch ohne Weiteres erkennbar gewesen, dass es sich bei dem Gebäude der Klägerin um ein schadensanfälliges Gebäude gehandelt habe, bei dem nicht davon ausgegangen werden könne, dass bei Einhaltung der zu beachtenden Grenzwerte keine Schäden entstehen würden.
Da nach dem eingeholten Sachverständigengutachten die durchgeführten Rüttelarbeiten Auslöser für die Rissbildungen gewesen sein könnten, sei die erforderliche Kausalität gegeben. Insoweit müsse dem angetretenen Zeugenbeweis nachgegangen werden.
Nachdem die Klägerin den Benutzern und Eigentümern des Grundstückes A...
D... 34 in W... den Streit verkündet hat, sind diese mit Schriftsatz vom 20.07.2009 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Mainz vom 20.03.2009 abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 18.012,85 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.03.2006 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche weiteren Schäden an dem Objekt A... D... 30, W... zu ersetzen, die ihr noch entstehen oder bekannt werden und die auf die Bauarbeiten der Beklagten auf dem Grundstück A... D... 34, W...zurückzuführen sind.
Die Beklagte sowie die Streithelfer beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Sie ist der Auffassung, ihr könne kein Verschulden angelastet werden, da die Verwendung der Rüttelplatte aufgrund der eingehaltenen Grenzwerte nach den anerkannten Regeln der Technik erfolgt sei. Selbst bei Annahme ungünstigster Werte könne ausgeschlossen werden, dass die Rissbildungen durch die Bauarbeiten der Beklagten verursacht worden seien. Die Rissbildung habe auch andere Ursachen, wie zum Beispiel Schwerlastfahrzeuge oder Temperaturschwankungen, haben können. Im Übrigen handele es sich bei den behaupteten Schäden um Vorschäden, die bereits vor Durchführung der Rüttelarbeiten vorgelegen hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen verwiesen.
II. Die - zulässige - Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Eine Haftung der Beklagten im Hinblick auf die geltend gemachten Schäden an dem klägerischen Anwesen ergibt sich weder aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus dem zwischen der Beklagten und den Streithelfern geschlossenen Werkvertrag in Verbindung mit den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (§§ 633, 634 Nr. 4, 328, 280 Abs. 1 BGB).
Das Landgericht hat zu Recht das insoweit erforderliche Verschulden der Beklagten verneint.
Aufgrund des fehlenden Verschuldens war der Behauptung der Klägerin nicht nach...