Leitsatz (amtlich)
1. Der gewerbliche Versicherungsnehmer einer Gruppenversicherung unterfällt nicht der in § 34d GewO normierten Erlaubnispflicht für Versicherungsvermittler.
2. Zum Streitwert im Falle einer Entscheidung über Haupt- und Hilfsantrag bei mehreren auf verschiedene wettbewerbsrechtliche Ansprüche gestützten Streitgegenständen.
Normenkette
GewO § 34d Abs. 1 S. 1; GKG § 45 Abs. 1 Sätze 2-3; UWG §§ 3a, 5 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 26.06.2018; Aktenzeichen 2 HK O 67/17) |
Nachgehend
Tenor
1.) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz vom 26. Juni 2018 dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
2.) Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat der Kläger zu tragen.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4.) Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Bei dem Kläger handelt es sich um den [...]. Er ist in der vom Bundesamt für Justiz geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen. Sein Satzungszweck besteht darin, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, den Verbraucherschutz zu fördern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen.
Die Beklagte beauftragt Werbeunternehmen, im Wege der Haustürwerbung Verbrauchern den Beitritt zu einer "[...] GmbH Mitgliedergemeinschaft" anzubieten. Gegenstand dieser "Mitgliedschaft" sind diverse Leistungen, die im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland erbracht werden sollen. Hierzu zählen unter anderem die Erstattung der Kosten für medizinisch notwendige Heilbehandlungen, die Erstattung von Kosten für notwendige Transporte, die Organisation und Durchführung entsprechender Krankentransporte sowie der Betrieb einer telefonisch erreichbaren "Alarmzentrale". Ein etwaiger Beitritt zu der beklagtenseits angebotenen "Mitgliedergemeinschaft" erfolgt mittels der nachfolgend abgebildeten - in Ablichtung als Anlage K1 zur Gerichtsakte gereichten - Vertragsformulare:
((Abbildungen))
Die Beklagte unterhält für ihre Kunden eine Gruppenversicherung bei der [...]-AG. Insoweit verschafft sie Versicherungsschutz im Rahmen einer Auslandsreisekrankenversicherung inklusive der Erstattung von Such-, Rettungs- und Bergungskosten, sowie einer Auslands- und Inlands-Rückholkosten-Versicherung. Versicherungsnehmerin und Beitragsschuldnerin ist die Beklagte. Die versprochenen Leistungen werden aus dem Vermögen der Beklagten direkt und über von der Beklagte an ihre Kunden abgetretene Ansprüche aus der Gruppenversicherung erbracht.
Die Beklagte ist zudem vertraglich verbunden mit einer [...] AG. Diese erbringt mit ihrem medizinischen Personal und ihrem Fluggerät für die Beklagte einen Teil der Versicherungsleistungen sowie die Organisation der rund um die Uhr besetzten Alarmzentrale. Die entsprechende Vergütung wird von der Beklagten gezahlt.
Weder die Beklagte noch die von ihr beauftragten Werbeunternehmen verfügen über eine Erlaubnis zur Versicherungsvermittlung nach § 34d GewO. Die Industrie- und Handelskammer [...] hat der Beklagten mitgeteilt, bei ihrem - der Beklagten - Geschäftsmodell handele es sich nicht um eine nach § 34d GewO erlaubnispflichtige Tätigkeit. Darüber hinaus hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach entsprechender Prüfung verneint, dass das Geschäftsmodell der Beklagten eine Vermittlung von Versicherungen und/oder den Betrieb eines Versicherungsgeschäfts bedeute.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten,
die Beklagte gebe ausschließlich die von der [...]-AG versprochenen Leistungen an die Verbraucher weiter. Die Durchführung von Transporten durch Kooperationspartner ändere daran nichts, weil auch insoweit die Finanzierung durch den vorbezeichneten Versicherer erfolge. Mithin betreibe die Beklagte tatsächlich eine Versicherungsvermittlung beziehungsweise lasse eine solche betreiben. Die beklagtenseits als Geschäftsmodell gewählte Konstruktion sei darauf gerichtet, die Erlaubnispflicht des § 34d GewO zu umgehen. Jedenfalls aber verstoße die Beklagte gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsgebot, da sie den unzutreffenden Eindruck erwecke, selbst Erbringerin der versprochenen Versicherungsleistungen zu sein.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Geschäftsführer, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen Verbrauchern Verträge, wie in Anlage K1 wiedergegeben, über den Beitritt in eine Versichert...