Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugewinnausgleich: Berücksichtigung von Schulden, die zu einer Reduzierung des Unterhaltsanspruchs geführt haben
Leitsatz (redaktionell)
Auch Schulden, die bereits zu einer Reduzierung des Unterhaltsanspruchs des Ehegatten geführt haben, sind vom Endvermögen als Verbindlichkeit abzuziehen. Ein Verbot der Doppelverwertung ist nicht anzuerkennen.
Normenkette
BGB § 1375 Abs. 1, § 1378
Verfahrensgang
AG Bitburg (Urteil vom 15.12.2006; Aktenzeichen 2 F 226/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil des AG - FamG - Bitburg vom 15.12.2006 teilweise, den Versorgungsausgleich und den Ausspruch zum Zugewinnausgleich betreffend (Ziff. II und IV), abgeändert und insoweit insgesamt neu gefasst:
1. ...
2. Der Antrag der Antragstellerin auf Zahlung von Zugewinnausgleich wird abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Mit dem angefochtenen Verbundurteil hat das FamG die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt, den Antrag der Ehefrau auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt zurückgewiesen und den Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich i.H.v. 15.318,58 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Antragsgegners, der die Berechnung zum Versorgungsausgleich angreift und die Abweisung der Klage auf Zahlung von Zugewinnausgleich erstrebt.
Die Berufung erweist sich insgesamt als begründet. Der Versorgungsausgleich ist nach den gesetzlichen Vorschriften i.H.v. 9,50 EUR durchzuführen. Einen Anspruch auf Zugewinnausgleich hat die Antragstellerin nicht.
I. Das Rechtsmittel des Antragsgegners ist begründet, soweit er den Versorgungsausgleich anderweitig festgesetzt wissen will.
II. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1378 BGB. Da das Endvermögen des Antragsgegners nicht höher ist als sein Anfangsvermögen, ist ihm während der Ehezeit kein Zugewinn erwachsen.
Am 2.4.1982, dem Beginn der Ehezeit, hatte der Antragsgegner entsprechend den nicht angefochtenen Feststellungen des FamG ein indexiertes Anfangsvermögen i.H.v. 110.152 EUR.
Bei Zustellung des Scheidungsantrags am 5.7.2004 hatte er ebenfalls unangegriffen ohne Berücksichtigung seiner Schulden ein Vermögen von 142.948,08 EUR.
Unstreitig hat der Antragsgegner an diesem Stichtag Schulden i.H.v. 68.612,92 EUR.
Unter Abzug dieser Schulden von dem positiven Vermögen des Antragsgegners errechnet sich kein Zugewinn.
Das FamG hat es abgelehnt, diese Schulden beim Endvermögen zu berücksichtigen, weil sie bereits bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts berücksichtigt worden seien. Auch eine Berücksichtigung der Schulden bei der Festsetzung des Kindesunterhalts für das Kind A. in dem Rechtsstreit 2 F 404/05 habe stattgefunden. Eine nochmalige Berücksichtigung der Schulden auch beim Zugewinnausgleich widerspreche dem Verbot der Doppelverwertung.
Der Berufungsangriff des Antragsgegners gegen diese Sichtweise ist begründet.
Die Frage, ob Schulden und Abfindungen gleichermaßen beim Zugewinn und Unterhalt Berücksichtigung finden müssen, ist in der Literatur im Anschluss an 2 Entscheidungen des BGH (BGH FamRZ 2003, 432 f.; FamRZ 2004, 1352 ff.) lebhaft diskutiert. Verbreitet wird die Auffassung vertreten, dass Schulden, die bereits im Zugewinnausgleich berücksichtigt worden sind, im Unterhaltsverfahren auf Seiten des Verpflichteten seine Leistungsfähigkeit nicht verringern (vgl. Gerhard/Schulz, FamRZ 2005, 145; FamRZ 2005, 317; FamRZ 2005, 1523; Niepmann, FF 2005, 131; Kogel, FamRZ 2004, 1614 [1617 f.]; Schulz, FamRZ 2006, 1238 [1240, 1241]; Hoppenz, FamRZ 2006, 1242 f.; Münch, FamRZ 2006, 1164 [1169]). Derselben Auffassung sind die OLG München und Saarbrücken (OLG München FamRZ 2005, 459; FamRZ 2005, 713; OLG Saarbrücken FamRZ 2006, 1038).
Die Frage, ob dies auch für den umgekehrten Fall gilt, dass die Berücksichtigung von Schulden einen Unterhaltsanspruch verringert hat, diese Schulden aber auch Berücksichtigung beim Zugewinnausgleich finden sollen, ist, soweit ersichtlich, bisher von der Rechtsprechung nicht behandelt worden. Allerdings hat der BGH in seiner Entscheidung vom 27.8.2003 - XII ZR 300/01 (FamRZ 2003, 1544 ff.) - in einem obiter dictum unter Bezugnahme auf seine Entscheidung vom 23.4.1986 - IV B ZR 2/85 - (NJW-RR 1986, 1325) ausgeführt, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte sich gegen die Berücksichtigung am Stichtag noch bestehender Verbindlichkeiten des Ausgleichspflichtigen bei dessen Endvermögen nicht mit der Begründung wehren kann, er habe wegen dieser Verbindlichkeiten bereits eine Reduzierung seines Unterhaltsanspruchs hinnehmen müssen. Denn ein etwaiger Einfluss der Schuldenlast auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit habe mit dem Vermögensausgleich des § 1378 BGB nichts zu tun. Dementsprechend wird in der Literatur überw...