Nachgehend
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass das von der Antragsgegnerin vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for Settlement of Investment Disputes) unter dem Aktenzeichen ICSID ARB/21/4 eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren unzulässig ist.
2. Es wird weiter festgestellt, dass jegliches schiedsrichterliche Verfahren zwischen der Antragsgegnerin und der Antragstellerin auf der Grundlage von Art. 26 Abs. 3 und 4 Energiecharta-Vertrag vom 17.12.1994 unzulässig ist.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
4. Der Gegenstandswert wird auf bis zu 30 Millionen Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Feststellung der Unzulässigkeit von Schiedsverfahren.
Unter dem 20.01.2021 hat die Antragsgegnerin, eine Gesellschaft mit satzungsmäßigem Sitz in Deutschland, gegen die Antragstellerin, ein souveräner EU-Mitgliedsstaat, ein Schiedsverfahren vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for Settlement of Investment Disputes) eingeleitet. Das Verfahren wird dort unter dem Aktenzeichen ICSID ARB/21/4 geführt. Mit dem schiedsrichterlichen Verfahren verlangt u.a. die hiesige Antragsgegnerin die Feststellung der Verletzung von Verpflichtungen gemäß Teil III des Vertrages über die Energiecharta sowie Schadenersatz für getätigte Investitionen in das im Staatsgebiet der Antragstellerin bei A im Hafen von B gelegenen Kohlekraftwerk (B) aufgrund regulatorischer Entscheidung der Antragstellerin, bis 2030 aus der Kohleverstromung auszusteigen.
Die ICSID-Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, beruhend auf dem Übereinkommen vom 18.03.1965 zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten, dem in Deutschland durch das Gesetz zum Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (InvStreitBeilG) innerstaatliche Wirksamkeit verliehen wurde (BGBl. 1969 II, S. 369).
Die ICSID-Konvention ist für die Antragstellerin am 14.10.1966 und für die Bundesrepublik Deutschland am 18.05.1969 (BGBl. 1969 II, S. 1191) in Kraft getreten. Die Regelungen der ICSID-Konvention werden durch eine Schiedsverfahrensordnung ergänzt, die gemäß Art. 6 lit. B der ICSID-Konvention durch den Verwaltungsrat des ICSID (Administrative Counsel) erlassen wird.
Bei dem Energiecharta-Vertrag (im Folgenden: ECV), der am 16.04.1998 in Kraft getreten ist, handelt es sich um ein multilaterales Abkommen zur Kooperation im Energiesektor, das von 48 Staaten sowie der EU und Euratom ratifiziert wurde. Die Bundesrepublik Deutschland hat dem 1991 in Den Haag und 1994 in Lissabon unterzeichneten Energiecharta-Vertrag mit Gesetz vom 20.12.1996 (BGBl. II, 1997) zugestimmt.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, bei dem eingeleiteten Schiedsverfahren handele sich um ein Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren, welches aufgrund der vom Europäischen Gerichtshof (im Folgenden: Gerichtshof) in der Rechtssache C 284/16 C gegen D, Urteil vom 06.03.2018 (NJW 2018, 1663, im Folgenden: D), in der Rechtssache C-741/19 E gegen F, Urteil vom 02.09.2021 (NJW 2021, 3243, im Folgenden: F), in der Rechtssache C-109/20 G gegen H, Urteil vom 26.10.2021 (EuZW 2021,1097, im Folgenden: H) sowie in der Rechtssache C-638/19 P I gegen J und andere, Urteil vom 25.01.2022 (juris, im Folgenden: J) festgestellten europarechtlichen Unvereinbarkeit eines solchen Schiedsverfahrens auf der Grundlage von Art. 26 ECV Abs. 3 und 4 unzulässig sei.
Für das bereits eingeleitete Schiedsverfahren bestehe weder auf der Basis von Art. 26 Abs. 4 ECV noch sonst eine gültige Schiedsvereinbarung, etwa aufgrund der ICSID-Konvention (insoweit verweist die Antragstellerin auf die Entscheidung des BVerfG, Beschluss vom 08.05.2007 - 2 BvM 1-5/03, WM 2007, 1315 (1318)) oder aufgrund der Regeln des Privatrechts.
Gleiches gelte auch für jedes weitere auf Art. 26 ECV gestützte Schiedsverfahren zwischen den Verfahrensbeteiligten. Das berechtigte Interesse an der Feststellung der Unzulässigkeit eines jeden auf Basis von Art. 26 ECV eingeleiteten schiedsrichterlichen Verfahrens ergebe sich daraus, dass die Antragsgegnerin nach Abschluss des hiesigen Verfahrens ein neuerliches Schiedsverfahren einleiten könne. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin parallel zur Einleitung des ICSID-Schiedsverfahrens auch vor den ordentlichen Gerichten in den Niederlanden ein Verfahren angestrengt habe.
Mit ihren am 10.05.2021 beim Oberlandesgericht Köln eingegangenen und am 27.09.2021 klargestellten Anträgen begehrt die Antragstellerin in der Hauptsache,
festzustellen,
1. dass das von der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for Settlement of Investment Disputes) eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren, das unter dem Aktenzeichen ICSID ARB/21/4 geführt wird,
sowie
2. dass jegliches schiedsrichter...