Entscheidungsstichwort (Thema)
Ort der Eigentümerversammlung; Kostenlast des Verwalters
Leitsatz (amtlich)
1. Der Grundsatz, dass eine Eigentümerversammlung im näheren Umkreis der Wohnanlage stattzufinden hat, gilt auch dann, wenn es sich um ein Anlageobjekt handelt, bei dem die Mehrheit der Wohnungseigentümer außerhalb des Ortes der Anlage wohnhaft ist.
2. Hat ein Beschlussanfechtungsantrag wegen eines Einberufungsmangels Erfolg, ist es gerechtfertigt, den Verwalter nicht nur mit den Gerichtskosten, sondern auch mit den außergerichtlichen Kosten des Antragstellers und der Antragsgegner (übrige Wohnungseigentümer) zu belasten. Dies kann bezüglich der Vorinstanz(en)- nach entsprechendem Hinweis - auch durch das Rechtsmittelgericht geschehen. Das Verschlechterungsverbot gilt insoweit nicht.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 4, §§ 24, 47
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 22.09.2005; Aktenzeichen 2 T 37/05) |
AG Eschweiler (Aktenzeichen 6-II 26/04) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Aachen vom 22.9.2005 - 2 T 37/05 - wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 3) hat die Gerichtskosten der Verfahren aller drei Instanzen zu tragen sowie die den Beteiligten zu 1) und 2) in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Die Entscheidung des LG zur Hauptsache hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Wahl des Ortes der Eigentümerversammlung steht im pflichtgemäßen Ermessen der für die Einberufung zuständigen Person, wobei sich die Ermessensgrenzen aus der Funktion der Wohnungseigentümerversammlung als Ort der gemeinsamen Willensbildung ergeben. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtssprechung fest, dass Wohnungseigentümerversammlungen im näheren Umkreis der Wohnanlage stattzufinden haben, wo ein redlicher Wohnungseigentümer sie billigerweise erwarten darf (BGH, Beschl. v. 12.9.1990 - 16 Wx 101/90, NJW-RR 1991,725). Jeder Wohnungseigentümer soll in zumutbarer Weise an allen Versammlungen teilnehmen können. Dabei müssen auswärtige Wohnungseigentümer eine entsprechende Anreise von vornherein in Kauf nehmen, nicht aber die Wohnungseigentümer, die in der Anlage oder zumindest in der Gemeinde wohnen, in der die Anlage gelegen ist. Das Interesse der in der Anlage oder an ihrem Ort wohnenden Eigentümer ist ggü. den Wohnungseigentümern, die nur als Anleger auftreten, regelmäßig stärker zu berücksichtigen und zwar auch dann, wenn - wie vorliegend - die Mehrheit der Wohnungseigentümer außerhalb des Ortes der Anlage wohnhaft ist.
Die Beschlussfassung beruht auch auf dem Einberufungsmangel. Die Antragsgegner haben nicht dargetan, dass die am 26.6.2004 gefassten Beschlüsse bei ordnungsgemäßer Einberufung ebenso gefasst worden wären.
Ob die auf der Eigentümerversammlung vom 26.6.2004 gefassten Beschlüsse auch deshalb ungültig sind, weil sie - wie das LG ausgeführt hat - in einer zweiten Versammlung gefasst worden sind, die am selben Tag unmittelbar nach der ersten Versammlung einberufen worden war, oder ob die Einberufung der zweiten Versammlung schon deswegen nicht erfolgen durfte, weil bereits die erste Versammlung im Hinblick auf die Regelung in § 15 Ziff. 4 der Gemeinschaftsordnung beschlussfähig war, bedarf keiner Entscheidung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen im Sinne dieser Vorschrift der Beteiligten zu 3) wegen der fehlerhaften Einberufung der Versammlung die Gerichtskosten aller drei Instanzen aufzuerlegen. Auch besteht wegen des Einberufungsmangels, der dem Beteiligten zu 3) anzulasten ist und der zur Beschlussanfechtung geführt hat, Veranlassung, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen (BGH v. 9.10.1997 - V ZB 3/97, MDR 1998, 29 = NJW 1998, 755 f.). Die Beteiligte zu 3) hat sowohl der Antragstellerin als auch den Antragsgegnerin die ihnen in allen drei Instanzen entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Das Verschlechterungsverbot findet im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Kostenentscheidung keine Anwendung.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gem. § 48 Abs. 3 WEG auf 3.000 EUR festgesetzt.
Fundstellen
NJW-RR 2006, 520 |
NZM 2006, 227 |
ZMR 2006, 384 |
ZfIR 2006, 308 |
MDR 2006, 866 |
WuM 2006, 272 |
Info M 2006, 140 |