Entscheidungsstichwort (Thema)

Sorgerechtsregelung: Anerkennung einer in Malaysia getroffenen Sorgerechtsentscheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat ein ausländisches Gericht über die elterliche Sorge eine Entscheidung getroffen, welche in Deutschland anerkannt wird, fehlt für eine erneute Sorgerechtsentscheidung in Deutschland das erforderliche Regelungsbedürfnis. Dies gilt auch dann, wenn die ausländische Entscheidung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen ist.

 

Normenkette

FamFG § 108 Abs. 1, § 109

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Beschluss vom 05.03.2010; Aktenzeichen 402 F 80/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerden wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bonn vom 5.3.2010 - 402 F 80/10 - aufgehoben und der Antrag des Antragstellers, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung das Sorgerecht für die Kinder B. T. und F. I., beide geboren am 3.4.2007, zur alleinigen Ausübung zu übertragen, abgewiesen.

Im Wege der einstweiligen Anordnung wird - zur Klarstellung - festgestellt, dass es bei der einstweiligen Übertragung der elterlichen Sorge für die Kinder B. T. und F. I., beide geboren am 3.4.2007, auf die Antragsgegnerin zur alleinigen Ausübung bleibt.

Die Gerichtskosten beider Rechtszüge tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die von den betroffenen Kindern, der Antragsgegnerin und dem Jugendamt eingelegten Beschwerden sind zulässig und haben in der Sache Erfolg.

Zwar hat das AG zu Recht seine internationale Zuständigkeit gem. § 99 Abs. 1 Nr. 1 FamFG angenommen, da diese Vorschrift auch bei Doppelstaatern gilt (vgl. Prütting/Helms/Hau, FamFG § 99 Rz. 35 m.w.N.).

Die angefochtene einstweilige Anordnung auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf den Antragsteller hätte aber in der Sache nicht erlassen werden dürfen, weil das insoweit erforderliche Regelungsbedürfnis angesichts der vorliegenden, seit Juli 2009 in Malaysia ergangenen und diesen Fall regelnden Gerichtsentscheidungen nicht mehr vorgelegen hat.

Die Entscheidung des High Court of Malaya vom 3.7.2009 (MT 5-24-468-2009) sieht vor, dass die bei der Großmutter lebenden Kinder nicht aus Malaysia weggebracht werden dürfen, der Vater die Pässe der Kinder bei seinen Rechtsanwälten abzugeben hatte und ihm ein begleitetes Umgangsrecht eingeräumt wurde.

Es folgte im Dezember 2009 eine Entscheidung zur Erweiterung des Umgangsrechts, das zudem unbegleitet zugelassen wurde.

Nachdem der Vater am 24.1.2010 mit den Kindern verbotswidrig ausgereist war, erließ der High Court of Malaya unter dem 27.1.2010 - gleiches Az. - eine Entscheidung, mit der der Großmutter einstweilen das Sorgerecht übertragen und die Herausgabe der Kinder an sie angeordnet wurde. Dieser Beschluss wurde durch die Entscheidung desselben Gerichts vom 11.2.2010 erneuert. Durch Entscheidung vom 17.3.2010 stellte das Gericht fest, der Antragsteller habe den Beschluss vom 7.7.2009 verletzt.

Über den Hauptsacheantrag der Großmutter auf Übertragung der elterlichen Sorge ist noch nicht entschieden.

Der Antragsteller bezeichnet die ergangenen Entscheidungen als "angebliche".

Die Entscheidungen liegen alle in Kopien einer englischen sowie einer deutschen Übersetzung vor, der Beschluss vom 11.2.2010 auch als Kopie in der Landessprache. Die englischsprachigen Übersetzungen stammen ausweislich einer Aufschrift von einem am malaysischen Gericht zertifizierten "Interpreter", die Übersetzungen ins Deutsche von einer allgemein beeidigten Dolmetscherin.

Der Senat geht deshalb davon aus, dass es sich um Beschlüsse des malaysischen Gerichts handelt, die inhaltlich richtig übersetzt worden sind.

Selbst wenn der englischsprachigen Übersetzerin 4 Seiten des Beschlusses vom 27.1.2010 gefehlt haben sollten, so liegen doch das Rubrum und die Anordnungen desselben sowie der Beschluss vom 11.2.2010 in vollständiger Form vor, der bezüglich des einstweiligen Sorgerechts der Großmutter und die an den Vater gerichtete Herausgabeanordnung inhaltlich identische Regelung wie der Beschluss vom 27.1.2010 enthält.

Diese bereits ergangenen Entscheidungen sind hier anzuerkennen.

Gemäß § 108 Abs. 1 FamFG werden ausländische Entscheidungen inzident anerkannt, ohne dass es eines besonderen Anerkennungsverfahrens bedarf.

Anerkennung im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass sich die Wirkungen, die der Entscheidung im ausländischen Gerichtsstaat zukommen, auf das Inland erstrecken. Hierzu bedarf es einer im Ausland wirksamen Entscheidung (Hau, a.a.O., § 108 Rz. 10, 39, 41).

Der Senat hat keine Zweifel, dass die o.g. Entscheidungen des Gerichts in Malaysia gegen den Antragsteller wirksam ergangen sind.

Dies ergibt sich teilweise bereits aus den eigenen Angaben des Antragstellers, im Übrigen aus der eidesstattlichen Versicherung der malaysischen Rechtsanwältin der Antragsgegnerin vom 27.2.2010, der der Antragsteller nicht substantiiert entgegen getreten ist.

Danach sind die Entscheidungen immer den Rechtsanwälten des Antragstellers zugestellt worden, auch hat der Antragsteller gegen kei...

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