Leitsatz (amtlich)
Bei Feststellung der Masseunzulänglichkeit ist auch ein kurzfristig oder zumindest in absehbarer Zeit zu realisierender Geldmittelzufluss zu berücksichtigen, wenn damit genügend liquide Mittel zur Vorschussleistung für das beabsichtigte Verfahren zur Verfügung stehen.
Der den Gläubigern aus der beabsichtigten Prozessführung erwachsende wirtschaftliche Vorteil beurteilt sich nicht allein nach dem unmittelbaren Klageziel.
Nicht nur einzelne Großgläubigern, sondern auch einer übersichtlichen Gläubigergesamtheit kann es zugemutet werden, die Vorschussleistung und das Prozessrisiko gemeinsam zu tragen.
Normenkette
ZPO § 116 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 5 O 355/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Köln vom 27.5.2002 – 5 O 355/01 – wird zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des vom Antragsteller zum Zwecke der Klageerhebung gestellten Prozesskostenhilfegesuchs ist gem. § 127 Abs. 2 ZPO n.F. statthaft und fristgerecht eingelegt, aber unbegründet. Es kann dahin stehen, ob dem LG bereits darin zu folgen ist, dass die vom Antragsteller beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Jedenfalls hat der Antragsteller, wie in der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zu Recht ausgeführt wird, die Voraussetzungen einer Prozesskostenhilfebewilligung gem. § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in wirtschaftlicher Hinsicht nicht ausreichend dargetan und außerdem nicht glaubhaft gemacht.
Es fehlt bereits an einer eingehenden und nachvollziehbaren Darlegung der Masseunzulänglichkeit. Der Antragsteller hat zwar die liquiden Mittel aufgrund seines letzten Abwicklungsberichts vom 16.1.2002, welchen er nicht vorlegt, mit 4.939,98 DM bzw. 2.525,77 Euro konkret angegeben (Bl. 92); inwieweit diesem Guthaben indes Massekosten gegenüberstehen, hat er nur pauschal und unsubstantiiert vorgetragen. So gibt er für die zu erwartenden Verfahrenskosten und die voraussichtlichen weiteren Masseverbindlichkeiten einen Gesamtbetrag von 40.000 DM an (Bl. 8, 93, 108), ohne diesen auch nur annähernd darzutun, obgleich ein Großteil dieser Kosten angesichts des seit nahezu zwei Jahren laufenden Insolvenzverfahrens hätte konkret benannt werden können, namentlich die Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters und diejenigen zur Erstellung der Steuererklärungen für die zurückliegenden Jahre.
Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob bei der Ermittlung des Masseguthabens nicht weitere, kurzfristig zu realisierende Mittel zu berücksichtigen sind. Zwar kann – jedenfalls in diesem Zusammenhang – eine etwaige Reduktion der ursprünglich von der Antragsgegnerseite veranschlagten Steuerschuld nicht masseerhöhend in Ansatz gebracht werden, da dieser Umstand entgegen der Annahme des LG vorliegend zu keiner entsprechenden Steuererstattung und damit Vermehrung der Masse zu führen vermag. Denn die in Rede stehenden Steuerschulden wurden bislang unstreitig nicht beglichen; insofern wirkt sich deren Reduktion allenfalls auf den Umfang der gegen die Schuldnerin bestehenden Forderungen aus.
Allerdings hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 20.8.2002, S. 2 (Bl. 134) erwähnt, dass durch ihn Forderungen wegen Sicherheitseinbehalten i.H.v. insgesamt 32.180,38 DM geltend gemacht würden, ohne erkenntlich zu machen, inwiefern er damit bereits Erfolg hatte und in welchem Verfahrensstadium sich diese Geltendmachung befindet. Zwar kann Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung verweigert werden, dass der Insolvenzverwalter zunächst andere Schuldner in Anspruch nehmen müsse, um ausreichend Masse zur Durchführung des Rechtsstreits zur Verfügung zu haben (OLG Frankfurt InVo 2001, 321 [322]). Andererseits ist ein kurzfristig oder zumindest in absehbarer Zeit zu realisierender Zufluss von Geldmitteln zu berücksichtigen, wenn damit genügend liquide Mittel zur Vorschussleistung für das beabsichtigte Verfahren zur Verfügung stehen (vgl. dazu auch KG InVo 2000, 202; noch weitergehend OLG Naumburg ZInsO 2002, 540, das sogar das Vorhandensein werthaltiger Forderungen ausreichen lässt, um Masseschulden aufzuwiegen). Ob eine derartige Situation vorliegend besteht, kann mangels ausreichenden Vortrags durch den Antragsteller nicht abschließend beurteilt werden.
Selbst wenn jedoch entsprechend dem Vorbringen des Antragstellers von einer Überschuldung der Masse im Umfang von 35.000 DM auszugehen wäre, so könnte aufgrund seiner Darstellung nicht festgestellt werden, dass die weitere Voraussetzung einer Prozesskostenhilfebewilligung gem. § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme der am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten, gegeben wäre. Vorliegend kommt eine Inanspruchnahme der Insolvenzgläubiger in Betracht, namentlich derjenigen, welche Forderungen im Umfang von 30.000 DM und mehr an die Schuldnerin stellen.
Den Gläubigern unbestritten gebliebener Insolvenzforderungen ist es im allgemeinen zuzumuten, die Kosten der Rechtsverfolgung aufzubringen, wen...