Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 30.08.2012, die Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts -Familiengericht- Monschau vom 30.05.2012 (AZ.: 6 F 59/12) einstweilen auszusetzen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antrag der Antragsgegnerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 30.05.2012 begehrt wird, ist gemäß § 64 Abs.3 FamFG zulässig.
In der Sache ist die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses vom 30.05.2012 abzulehnen.
Der Beschluss des Amtsgerichts, mit dem dem Kindesvater während der Grundschulzeit die Entscheidung über den Besuch des Religionsunterrichts und die Entscheidung über den Besuch der Schulgottesdienste für die gemeinsamen Kinder der Beteiligten übertragen wurde, ist mit seiner Bekanntgabe gemäß § 40 Abs.1 FamFG wirksam geworden. Eine Aussetzung der Vollziehung nach § 64 Abs.3 FamFG ist nach pflichtgemäßen Ermessen dann angezeigt, wenn ein dringendes Bedürfnis dafür besteht, dass ein Abwarten der endgültigen Entscheidung nicht zulässt und die Wahrscheinlichkeit einer Endentscheidung im Sinne der zunächst vorläufigen Maßregel zu erwarten ist. Maßgebliches Kriterium ist die Erfolgsaussicht des eingelegten Rechtsmittels und die Beachtung des Kindeswohls.
Gemessen an diesen Voraussetzungen ist die Aussetzung der Vollziehung nicht angezeigt. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels der Antragsgegnerin lässt sich derzeit nicht bejahen. Eine Stellungnahme des Jugendamtes, das sich erstinstanzlich für eine Teilnahme am Religonsuntericht ausgesprochen hat, steht noch aus, wobei zu beachten ist, dass den Beteiligten die Möglichkeit gegeben wurde, bis zum 20.09.2012 zur Beschwerde der Kindesmutter Stellung zu nehmen. Die Verfahrensbeiständin hat sowohl erstinstanzlich als auch in ihrer Stellungnahme vom 05.09.2012 eine Teilnahme befürwortet. Die Beurteilung, ob dem Kindesvater die Befugnis zur Entscheidung über die Teilnahme am Religionsunterricht und an den Schulgottesdiensten für die Grundschulzeit der Kinder gemäß § 1628 BGB zu übertragen ist, bedarf einer gründlichen Auseinandersetzung mit den persönlichen Bedürfnissen der Kindern, den örtlichen Gegebenheiten, dem Umfeld der Kinder und dem Erziehungsauftrag der Eltern, der neben der freien Entscheidung über die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit einer Religionsgemeinschaft auch die Bildung der Kinder im hiesigen Kulturkreis umfasst. Dabei ist ausdrücklich klarzustellen, dass das vorliegende Verfahren nicht die Entscheidung über die Zugehörigkeit der Kinder zu einer Religionsgemeinschaft und die Praktizierung eines bestimmten Glaubens zum Inhalt hat, sondern lediglich die Frage betrifft, ob den konfessionslosen Kindern die Teilnahme am Religionsunterricht und an den Schulgottesdienstes ermöglicht werden sollte.
Dass die Kinder bei einer Teilnahme am Religionsunterricht und den Schulgottesdiensten bis zur Entscheidung in der Hauptsache Schaden nehmen, ist nicht zu befürchten. Soweit sie bei ihrer Anhörung erklärt haben, dass sie nicht zum Religionsunterricht gehen wollen, kann dem nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen. Denn dass sie die Bedeutung ihrer Erklärung wirklich überschauen, kann angesichts ihres Alters nicht angenommen werden. So konnten sie auch keinen Grund für ihre ablehnende Haltung angeben. Eine einseitige und dauerhafte Beeinflussung der Kinder in religiösen Fragen ist bei einer Teilnahme bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zu befürchten. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist eine Reflexion der Kinder mit den in der Zeit bis zur Hauptsacheentscheidung im ersten Grundschuljahr vermittelten Inhalten, die noch keine schwierigen theologischen Fragen betreffen, durchaus möglich und hängt letztlich davon ab, in welcher Form die Antragsgegnerin auf die Kinder eingeht, so dass auch einer erheblichen Verunsicherung im Hinblick auf die unterschiedlichen Auffassungen der Kindeseltern, die die Kinder miterleben, durch ein entsprechendes Verhalten der Kindeseltern entgegengewirkt werden kann. Insbesondere kann einer Unlust der Kinder, am Relgionsunterricht vorläufig teilzunehmen, und einer Abneigung gegen den Schulbesuch entgegengewirkt werden, indem die Kindeseltern und insbesondere die die Kinder betreuende Kindesmutter ihre Erziehungskompetenz wahrnehmen und die Kinder positiv auf den Schulbesuch und die Teilnahme an dem Religionsunterricht einstellen. Eine Gefährdung des Kindeswohls bei einer Teilnahme am Religionsunterricht und dem Schulgottesdienst bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens ist daher nicht festzustellen, weshalb eine Aussetzung der Vollziehung aus Kindeswohlgründen nicht erforderlich ist.
Fundstellen
Haufe-Index 3741060 |
FamRZ 2013, 969 |
SchuR 2013, 34 |