Entscheidungsstichwort (Thema)

Hafthindernis mit Ablauf der Frist des § 14 Abs. 3 S. 3 AsylVfG; Verpflichtung der antragstellenden Behörde zur Fristenkontrolle

 

Leitsatz (amtlich)

Stellt ein Betroffener nach der Festnahme einen Asylantrag, über den vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht innerhalb von vier Wochen entschieden wird, so endet die Haft gem. § 14 Abs. 3 S. 3 AsylVfG nach Ablauf dieser Frist kraft Gesetzes.

Auch wenn ein Antrag auf Haftentlassung nicht gestellt wird, haben die antragstellende Behörde und das haftanordnende Gericht von Amts wegen sicherzustellen, dass ein Betroffener nach Ablauf der 4-Wochenfrist des § 14 Abs. 3 S. 3 AsylVfG entlassen wird.

Ein nachträgliches Wiederaufleben der kraft Gesetzes gegenstandslos gewordenen und damit in der Hauptsache erledigten Haftanordnung ist schon begrifflich nicht möglich und mit den Garantien des Art. 104 I GG nicht vereinbar. Das gilt auch dann, wenn zum Zeitpunkt einer späteren gerichtlichen Entscheidung die Voraussetzungen einer Haftanordnung nach § 62 II AufenthG vorliegen. Für eine weitere bzw. erneute Haftanordnung bedarf es dann eines neuen Antrags und einer neuen gerichtlichen Anordnung.

 

Normenkette

AsylVfG § 14 Abs. 3, § 31

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Beschluss vom 26.02.2007; Aktenzeichen 3 T 179/07)

AG Aachen (Aktenzeichen 41 XIV 5814. B)

 

Tenor

Es wird festgestellt, das der Vollzug der durch Beschluss des AG Aachen vom 26.2.2007 - 41 XIV 5814. B - angeordneten Sicherungshaft ab dem 17.4.2007 rechtswidrig war.

Der Antragsteller hat dem Betroffenen die im Haftaufhebungsverfahren nach § 10 Abs. 2 FEVG in allen drei Instanzen entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gerichtskosten für das Haftaufhebungsverfahren sind nicht zu erheben.

 

Gründe

I. Der Betroffene, der am 21.9.2006 erstmals über Italien in das Dublin-Gebiet eingereist war, wurde am 24.2.2007 an einem Autobahngrenzübergang zu den Niederlanden bei der Einreise in das Bundesgebiet von Beamten des Antragstellers vorläufig festgenommen. Mit Beschluss vom 25.2.2007 ordnete das AG im Hinblick auf eine seiner Meinung nach noch erforderliche Prüfung der Haftfähigkeit des Betroffenen zunächst die Fortdauer des Gewahrsams bis zum 26.2.2007 an. Mit einem weiteren bestandskräftigen Beschluss vom 26.2.2007 erfolgte, gestützt auf die Haftgründe des § 62 Abs. 2 S. 2 Ziff. 1, 5 i.V.m. § 57 Abs. 3 AufenthG die Anordnung von Sicherungshaft zum Zwecke der Zurückschiebung des Betroffenen bis zum 26.5.2007.

Am 27.2.2007 ging bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein anlässlich der Festnahme gestelltes und von dem Antragsteller weitergeleitetes Asylgesuch des Betroffenen ein. Das Bundesamt stellte, nachdem die italienischen Behörden am 18.4.2007 einem Wiederaufnahmeersuchen zugestimmt hatten, mit Bescheid vom 19.4.2007 fest, dass dem Betroffenen in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe, und ordnete zugleich dessen Abschiebung nach Italien an.

Bereits zuvor, nämlich mit einem am 17.4.2007 eingegangenen Antrag hatte der Betroffene im Hinblick darauf, dass sein Asylgesuch nicht innerhalb der Vier-Wochenfrist des § 14 Abs. 3 S. 3 AsylVfG beschieden worden war, die Aufhebung der Haftanordnung beantragt. Diesen Antrag hat das AG zurückgewiesen. Eine hiergegen eingelegte und für den Fall einer bereits erfolgten Zurückschiebung mit einem Hilfsbegehren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 20.4.2007 verknüpfte sofortige Beschwerde des Betroffenen blieb ohne Erfolg. Gegen die seiner Verfahrensbevollmächtigten am 11.5.2007 zugestellte Beschwerdeentscheidung wendet sich der Betroffene mit seiner am 14.5.2007 beim LG eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde.

Ein Zurückschiebung des Betroffenen ist bisher nicht erfolgt, weil die italienischen Behörden die Überstellung bis zu einer Klärung der medizinischen Situation des Betroffenen ablehnen.

Am 22.5.2007 ist der Betroffene aus der Haft entlassen worden. Er beantragt nunmehr, festzustellen, dass der angefochtene Beschluss rechtswidrig gewesen sei. Demgegenüber meint der Antragsteller, dem Betroffenen fehle nach Erledigung der Hauptsache infolge der Haftentlassung das Rechtsschutzbedürfnis.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist in formeller Hinsicht unbedenklich und auch im Übrigen zulässig.

Entscheidungen über einen Haftaufhebungsantrag sind mit den normalen Rechtsmitteln des FGG-Verfahrens i.V.m. § 7 FEVG, also mit der sofortigen Beschwerde und der sofortigen weiteren Beschwerde anfechtbar (vgl. z.B. BayObLG, Beschl. v. 3.8.2004 - 4Z BR 032/04; OLG Stuttgart v. 27.11.1995 - 8 W 614/95, FGPrax 1996, 40). Die in dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 16.4.2003 - I-3 Wx 116/03 - vertretene gegenteilige Auffassung hindert den Senat nicht, die Statthaftigkeit des Rechtsmittels selbst und ohne Vorlage an den BGH gem. § 28 Abs. 2 FGG zu bejahen; denn das OLG Düsseldorf hat in einer späteren Entscheidung klargestellt, dass es an der gegenteiligen Meinung nicht festhalten werde (Beschl. v. 5.10.2004 - I-3 Wx 255/04).

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