Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei einseitiger Erledigungserklärung
Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert bei einseitiger Erledigungserklärung der klagenden Partei bemisst sich im Regelfall nach den bis zur Erledigungserklärung entstandenen Kosten.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 7 O 70/04) |
Tenor
Unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird der Streitwert für die Zeit ab dem 9.3.2004 auf 1.315,96 Euro festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG (i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts - Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - v. 5.5.2004, die hier gem. Nr. 1 Hs. 2 GKG n.F. Anwendung findet) statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Klägers führt in der Sache selbst zur tenorierten Herabsetzung der Streitwertfestsetzung für den streitigen Zeitraum ab dem 9.3.2004.
1. Über die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts (§ 68 GKG n.F.) entscheidet, wenn die angefochtene Entscheidung - wie hier - von einem Einzelrichter erlassen wurde, gem. § 68 Abs. 1 S. 4, § 66 Abs. 6 S. 1 GKG grundsätzlich das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter. Da vorliegend der Einzelrichter das Verfahren nach § 66 Abs. 6 S. 2 GKG dem Senat übertragen hat, weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist jedoch der Senat in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung zur Entscheidung berufen.
2. In der Sache selbst war nach der einseitigen Erledigungserklärung des Klägers in seinem am 9.3.2004 beim LG eingegangen Schriftsatz vom 5.3.2004 der Streitwert nur noch nach den bis dahin entstandenen Gerichts- und Parteikosten zu bemessen, die sich insgesamt auf den vom Senat festgesetzten Betrag von 1.315,96 Euro (statt der vom Kläger errechneten 1.624,52 Euro) belaufen.
a) Die Frage, ob und ggf. wie die einseitige Erledigungserklärung des Klägers sich auf den Streitwert auswirkt, ist in der Rechtsprechung seit langem umstritten, wobei drei unterschiedliche Lösungsansätze vertreten werden:
Der BGH nimmt in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt ein, bei einseitiger Erledigungserklärung der klagenden Partei bemesse der Streitwert sich in aller Regel nach den bis zur Erledigungserklärung angefallenen Kosten. Eine andere rechtliche Beurteilung komme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn auch nach tatsächlicher Erledigung das Interesse der Parteien an einer mittelbaren Rechtfertigung des jeweiligen Standpunkts deutlich im Vordergrund stehe (vgl. zuletzt BGH BGHR ZPO § 3 Hauptsacherledigung, m.w.N.). Dieser Auffassung haben sich vor allem in neuerer Zeit zahlreiche Senate der OLG angeschlossen (vgl. z.B. OLG Frankfurt v. 30.6.2000 - 9 W 19/00, OLGReport Frankfurt 2001, 12; OLG Naumburg v. 30.7.2001 - 14 WF 128/01, FamRZ 2002, 680; OLG Düsseldorf v. 20.12.2001 - 23 U 59/01, OLGReport Düsseldorf 2002, 296; OLG Nürnberg JurBüro 2002, 368; OLG Hamm v. 12.6.2001 - 21 W 29/00, 21 W 7/01, OLGReport Hamm 2001, 297; v. 31.7.2002 - 30 W 30/02, OLGReport Hamm 2002, 376; OLG München, Beschl. v. 10.12.2001 - 27 W 303/01, juris-Dokument Nr. KORE427392002; KG v. 3.7.2003 - 12 W 128/03, KGReport Berlin 2003, 341 = MDR 2004, 116; OLG Jena OLG-NL 2002, 18, alle mit weiteren Rechtsprechungs- und Literaturnachw.; ebenso Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 91a Rz. 48).
Demgegenüber ist ein anderer Teil der instanzgerichtlichen Rechtsprechung der Auffassung, es verbleibe ungeachtet der einseitigen Erledigungserklärung beim unveränderten Hauptsachewert (so in neuerer Zeit insb.: OLG Schleswig v. 2.2.2004 - 4 U 47/03, OLGReport Schleswig 2004, 342; LG Duisburg v. 17.3.2004 - 11 T. 278/03, MDR 2004, 962; LG Frankfurt JurBüro 2002, 367), während nach der dritten Meinung - der im Streitfall auch das LG gefolgt ist - ein prozentual verminderter Feststellungswert, der überwiegend mit 50 Prozent des Hauptsachewerts bemessen wird, anzusetzen sein soll (vgl. in diesem Sinne: OLG Brandenburg v. 10.7.2000 - 4 W 4/00, OLGReport Brandenburg 2000, 490; ebenso Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 3 Stichwort "Einseitige Erledigungserklärung").
Auch innerhalb des OLG Köln ist das Meinungsbild nicht einheitlich: So sind bislang der 6., 12. und 16. Zivilsenat dem BGH gefolgt (vgl. OLG Köln v. 19.1.2000 - 16 Wx 191/99, NJW-RR 2000, 678, m.w.N.) wohingegen der 22. Zivilsenat in einer vom LG in Bezug genommenen Entscheidung (LG Köln OLGReport Köln 1994, 114) den Streitwert mit 50 % des Werts der erledigten Hauptsache bemessen und demgegenüber der 27. Zivilsenat den vollen Hauptsachewert in Ansatz gebracht hat (OLG Köln v. 16.12.1996 - 27 W 21/96, OLGReport Köln 1997, 120). Der 19. Zivilsenat schließlich ist einer früheren Entscheidung (OLG Köln VersR 1992, 518) dem BGH gefolgt, während er in einer späteren (ZAP EN-Nr. 179/95) den hälftigen Hauptsachewert als Streitwert in Ansatz gebracht hat.
b) Der erkennende Senat schließt sich der vom BGH und dem jedenfalls heute wohl überwiegenden Teil...