Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit der Leistung von Rechtshilfe gemäß §§ 59, 66 IRG - hier Herausgabe gespiegelter Daten, die bei einer Wohnungsdurchsuchung sichergestellt worden sind - an die Schweiz

 

Tenor

Die Leistung von Rechtshilfe aufgrund des schweizerischen Rechtshilfeersuchens des Bezirksamts Z. vom 26.1.2010 ist hinsichtlich der Herausgabe der gespiegelten Daten von den anlässlich der Wohnungsdurchsuchungen bei den Betroffenen sichergestellten Datenträgern (im einzelnen aufgeführt) zulässig.

Die Einwendungen der Betroffenen hiergegen werden zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Das Bezirksamt Z./Schweiz betreibt wegen des Verdachts der vorsätzlichen Tötung des deutschen Staatsangehörigen D., der am 27.11.2009 auf einem abgelegenen Fußweg in K./Aargau erschossen aufgefunden worden ist, ein Ermittlungsverfahren gegen bisher unbekannte Täter. Mit Schreiben vom 9.12.2009 hat das Bezirksamt um Rechtshilfe ersucht und in der Folgezeit diverse Ermittlungsmaßnahmen u.a. gegen die Ehefrau des Getöteten und die gemeinsamen Söhne beantragt. Der Verdacht gegen die Angehörigen wurde zunächst darauf gestützt, diese hätten äußerst zurückhaltende, teilweise widersprüchliche und gelegentlich sogar offensichtlich unrichtige Angaben gemacht. Außerdem habe die Ehefrau, die in der Nacht vom 28. auf den 29.11.2009 über den Todesfall informiert worden ist, bereits bei ihrer Vernehmung am 2.12.2009 ausgesagt, die Unterlagen über eine Lebensversicherung des Getöteten dem Ehemann ihrer Cousine, der als Rechtsanwalt tätig sei, übergeben zu haben.

Mit Rechtshilfeersuchen vom 26.1.2010 hat das Bezirksamt Z. u.a. um Hausdurchsuchungen bei der Ehefrau und einem der Söhne , bei denen sich der Verstorbene häufiger aufgehalten habe, ersucht. Bei den Hausdurchsuchungen stehe im Vordergrund, mehr über die Tätigkeiten und das soziale Umfeld des Verstorbenen zu erfahren. Die Staatsanwaltschaft K. hat die Rechtshilfe bewilligt und mit Verfügung vom 28.1.2010 beim Amtsgericht K. gemäß §§ 102, 103, 105, 162 StPO die Anordnung der Durchsuchung der Wohnungen beantragt.

Aufgrund der auf §§ 102, 105, 162 StPO gestützten Beschlüsse des Amtsgerichts K. vom 2.2.2010 fand am 23.2.2010 die Wohnungsdurchsuchung bei den Betroffenen statt. Dabei wurden folgende freiwillig herausgegebene Gegenstände sichergestellt:(im einzelnen aufgeführt)

Die auf den Datenträgern vorhandenen Daten wurden gesichert und auf externe Datenträger kopiert. Die Geräte und Originaldatenträger sind den Betroffenen inzwischen wieder ausgehändigt worden.

Mit Schreiben vom 4.6.2010 hat das Bezirksamt Z. um Übermittlung der gespiegelten Daten ersucht.

Die Beistände der Betroffenen haben mit Schriftsätzen vom 19.8.2010, Rechtsanwalt S. zusätzlich mit Schriftsatz vom 6.12.2010 zur Frage der Überlassung der Sicherungskopien an die schweizerischen Behörden unter Hinweis auf den Beschluss des Landgerichts K. vom 26.7.2010, durch den die Rechtswidrigkeit der Anordnung der Telefonüberwachung gegen die Betroffenen festgestellt worden ist, Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse angemeldet, da das Rechtshilfeersuchen der schweizerischen Behörden die Konkretisierung der Tatverdachts nicht habe erkennen lassen.

Mit Fax vom 17.11.2010 hat das Bezirksamt Z. erneut um die Herausgabe der gespiegelten Daten ersucht und zum Tatverdacht ergänzend ausgeführt:

"Tatsache ist, dass der Verstorbene über insgesamt fünf reine Risiko-Lebensversicherungen mit Unfallzusatz mit einer Gesamtversicherungssumme von € 1'513'656.00 verfügte. Diese Risiko-Lebensversicherungen haben wohlgemerkt keinen Rückkaufswert und sind nicht kapitalbildend. Nach Ablauf der Vertragsdauer fallen einbezahlte Beiträge (hier im Umfang von ca. € 50'000.00) also vollumfänglich dahin. Alle fünf Versicherungen wurden vor rund zehn Jahren mit einer zehnjährigen Vertragsdauer abgeschlossen. Die erste wäre am 3. Dezember 2009 ausgelaufen, eine zweite am 1. Januar 2010. Innerhalb von gerade einmal 35 Tagen nach dem Todesfall wäre dadurch die Versicherungssumme für den Begünstigten um rund 50 % bzw. um € 746'716.00 geschmälert worden.

Eine weitere Tatsache ist, dass der Sohn xy Alleinerbe und Alleinbegünstigter aus den Lebensversicherungen seines Vaters ist. Zwar ist durchaus möglich, dass er tatsächlich keine Kenntnis über diese Lebensversicherungen gehabt hat, wie er dies in der Einvernahme vom 2. Dezember 2009 bei der Kantonspolizei Aargau aussagte. Vor dem Hintergrund, dass aber bereits am 30. November 2009 bei zumindest einer der Versicherungen durch den damaligen Anwalt der Familie D. der Versicherungsfall unter Nennung aller fünf Versicherungspolicen angezeigt wurde, lässt weitere Ermittlungshandlungen in diesem Bereich als zwingend notwendig erscheinen. Im Raume steht dabei wohlgemerkt nicht nur ein Tötungsdelikt zum Nachteil von D., sondern auch ein kaschierter Suizid und somit faktisch ein versuchter Versicherungsbetrug. Die Versicherungen würden im Falle einer Selbsttötung nämlich "...

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