Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständiges Beweisverfahren: sofortige Beschwerde, Bauteilöffnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zurückweisung des Gesuches des Antragstellers im selbständigen Beweisverfahren, den Sachverständigen gem. § 404a Abs. 1 ZPO zur Vornahme einer von ihm für die Begutachtung erforderlich erachteten Bauteilöffnung anzuweisen, ist nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, weil es sich um eine Entscheidung handelt, die das Gericht von Amts nach seinem Ermessen zu treffen hat und die auch im Hauptprozess nicht anfechtbar wäre.

 

Normenkette

ZPO § 404 Abs. 1, §§ 490, 567 Abs. 1 Nr. 1, § 567 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 01.02.2010; Aktenzeichen 29 OH 3/09)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller vom 8.2.2010 gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 1.2.2010 (29 OH 3/09) wird kostenpflichtig verworfen.

 

Gründe

1. Mit der Beschwerde wenden sich die Antragsteller dagegen, dass das LG dem im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens beauftragten Sachverständigen nicht entsprechend § 404a Abs. 1 ZPO angewiesen hat, die von ihm für erforderlich erachtete Bauteilöffnung vorzunehmen oder durch Dritte vorzunehmen zu lassen,

2. Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Die sofortige Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der AG und LG statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Eine ausdrückliche Bestimmung, nach der die sofortige Beschwerde stattfindet, gibt es nicht. Ein Beschwerderecht ergibt sich auch nicht aus § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Es ist allgemein anerkannt, dass dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, wenn es sich um eine Entscheidung handelt, die das Gericht von Amts wegen zu treffen hat, selbst wenn mit ihr zugleich ein "Gesuch" der Partei ablehnend beschieden wird (BGH MDR 2004, 698 = BGHReport 2004, 761 = FamRZ 2004, 869; OLG Köln MDR 2008, 818 = OLGR 2008, 291 =FamRZ 2008, 1362; KG BauR 2010, 502, 503 jew. m. N.). Aus diesem Grunde unterliegt nach ganz herrschender Auffassung auch ein in einem selbständigen Beweisverfahren gestellter Antrag auf eine erneute Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen gem. § 412 ZPO oder Einholung einer ergänzenden Stellungnahme nicht der sofortigen Beschwerde (KG, a.a.O.; OLG Düsseldorf MDR 2009, 588 = OLGR 2009, 515; OLG Schleswig MDR 2009, 1304; OLG Köln NJW-RR 2000, 729; OLGR 2002, 128 und 2004, 303; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 490 Rz. 4 jew. m w. N.). Im letzteren Fall kommt hinzu, dass die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren nicht weitergehen als im Hauptprozess (vgl. § 485 Abs. 3 ZPO). Entsprechendes muss dann auch für die Beschwerdemöglichkeiten gelten (etwa KG und OLG Düsseldorf jew., a.a.O.). Im Hauptprozess ist eine Beweisanordnung aber grundsätzlich nicht selbständig anfechtbar; eine Ausnahme gilt ensprechend § 252 ZPO allenfalls dann, wenn die Beweisanordnung faktisch zu einem Stillstand des Verfahrens führt (Zöller/Greger § 355 Rz. 7 und § 252 Rz. 1a; Berger in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 355 Rz. 30 und 359 Rz. 5).

Aus diesen Gründen unterliegt auch die Entscheidung des mit dem selbständigen Beweisverfahren befassten Gerichts, ob und welche Anweisungen es dem Sachverständigen nach § 404a ZPO erteilt, nicht der sofortigen Beschwerde. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten; dabei kann es ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen. Die Entscheidung darüber, ob und welche Weisungen es erteilt, hat das Gericht von Amts wegen nach seinem Ermessen zu treffen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass eine ensprechende Entscheidung im Hauptsacheprozess nicht selbständig anfechtbar wäre. Gründe für die Zulassung der Beschwerde im selbständigen Beweisverfahren sind nicht ersichtlich. Zwar ist in der Rechtsprechung die Beschwerde einer Partei gegen die Zurückweisung ihres Gesuches auf Erteilung von Weisungen bisweilen als statthaft erachtet worden, weil die Ablehnung der Anweisung zur Bauteilöffnung die Zurückweisung eines Gesuches nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO darstelle (etwa OLG Jena Beschluss vom 18.10.2006 - 7 W 302/06, IBR 2007, 159 m. Anm. Kamphausen = BeckRS 2007, 06549 = BauR 2007, 441 (Leitsatz); OLG Celle BauR 2005, 1358). Dies vermag indes nicht zu überzeugen. Das Gesuch ist lediglich die Anregung an das Gericht in Bezug auf eine von Amts wegen zu treffende Entscheidung. Als solche hat es verfahrensrechtlich keine eigenständige Funktion. Die Zurückweisung des Gesuchs lässt sich auch nicht als nachträgliche Zurückweisung des Antrages auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens an sich verstehen, die nach § 490 Abs. 1, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anfechtbar wäre. Durch die Entscheidung, dem Sachverständigen eine Anweisung zur Bauteilöffnung nicht zu ertei...

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