Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 7 O 233/17)

 

Tenor

1. Der Senat weist darauf hin, dass er der Berufung der Beklagten keine Erfolgsaussicht beimisst.

2. Es wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten ohne erneute mündliche Verhandlung zurückzuweisen.

3. Die Beklagte mag im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses klarstellen, ob - nicht zuletzt aus Kostengründen - eine Rücknahme der Berufung erfolgt.

4. Wert für das Berufungsverfahren: 15.684,88 EUR

 

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten verspricht keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat nimmt zunächst in vollem Umfang Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung.

Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB zusteht.

1. Die Beklagte hat den Kläger durch das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs geschädigt.

a) Soweit die Beklagte einwendet, dem bloßen Akt des Inverkehrbringens sei kein Erklärungswert beizumessen, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Vielmehr liegt in dem Inverkehrbringen des mit der fraglichen Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Fahrzeugs eine Täuschung sämtlicher potentiellen Kunden, die von der Installation dieser Software keine Kenntnis haben.

Bevor ein Kraftfahrzeughersteller berechtigt ist, ein Fahrzeug für die Nutzung im Straßenverkehr auf den Markt zu bringen, hat er die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren erfolgreich zu durchlaufen. Mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs bringt er gegenüber seinen potentiellen Kunden zum Ausdruck, dass für das entsprechende Fahrzeug die erforderlichen Genehmigungen und Zulassungen zu Recht erteilt worden ist. Der Kunde geht aufgrund des Inverkehrbringens des Fahrzeugs davon aus, dass dieses die technischen und die rechtlichen Voraussetzungen der Zulassung erfüllt und dass der Hersteller die für den Fahrzeugtyp erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen nicht durch eine Täuschung erwirkt hat.

b) Durch diese Täuschung ist dem Kläger ein Schaden entstanden, da er einen für ihn wirtschaftlich nachteiligen Kaufvertrag mit dem Händler geschlossen hat.

Aufgrund der installierten Motorsteuerungssoftware ist das Fahrzeug mangelhaft i.S.d. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB, da es nicht die übliche Beschaffenheit aufweist.

Der vernünftige Durchschnittskäufer erwartet, wenn er ein für den Betrieb im Straßenverkehr vorgesehenes Fahrzeug erwirbt, dass das betreffende Fahrzeug entweder zu Recht zugelassen oder zulassungsfähig ist. Dementsprechend geht er - wie ausgeführt - nicht nur davon aus, dass das Fahrzeug die technischen und die rechtlichen Voraussetzungen der Zulassung erfüllt, sondern auch, dass der Hersteller die für den Fahrzeugtyp erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen nicht durch eine Täuschung erwirkt hat.

Zum einen kann nämlich der Käufer gesetzeskonformes Verhalten des Herstellers erwarten, was auch dann gilt, wenn seitens eines oder mehrerer Hersteller in so großer Zahl rechtswidrig manipuliert wird, dass im Ergebnis die Anzahl der durch Täuschung erwirkten diejenige der rechtmäßig zustande gekommenen Zulassungen, Erlaubnisse und Genehmigungen übersteigt. Denn solange die Manipulationen heimlich vorgenommen werden und solange die für den Betrieb eines Pkw im Straßenverkehr erforderlichen Zulassungen, Erlaubnisse und Genehmigungen durch entsprechende Täuschungen erwirkt werden, kann dies keinen Einfluss auf die Erwartungen des Durchschnittskäufers haben. Zum anderen erstrecken sich die berechtigten Erwartungen eines vernünftigen durchschnittlichen Käufers auch auf die Erwirkung aller letztendlich für den Betrieb des erworbenen Fahrzeugs im Straßenverkehr erforderlichen Zulassungen, Erlaubnisse und Genehmigungen, mag der Käufer sich auch bis zum Bekanntwerden von Manipulationen keine konkreten Vorstellungen von den einzelnen technischen Einrichtungen, rechtlichen Voraussetzungen und Zulassungs- bzw. Genehmigungsverfahren gemacht haben. Denn eine Täuschung in dem für den erlaubten Betrieb und die Zulassung des Fahrzeugs bedeutsamen Bereich gefährdet aus der Sicht eines vernünftigen Durchschnittskäufers eventuell die für seine Nutzung des Pkw im Straßenverkehr maßgebende Zulassung. Darüber hinaus hat sie für ihn auch insofern unabsehbare Folgen, als er die Folgen für den Verkehrs- und Wiederverkaufswert seines Fahrzeuges im Falle eines Bekanntwerdens der Manipulation nicht sicher zu prognostizieren vermag und ihm deshalb erhebliche finanzielle Einbußen als drohend erscheinen, die er mit dem Erwerb eines anderen Fahrzeugs vermeiden könnte (vgl. OLG Köln, NZV 2018, 72, juris Rn. 36 ff.; Senatsbeschluss vom 12. Juni 2018 - 27 U 13/17, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen).

Der Abschluss eines Kaufvertrags über ein solcherart mangelhaftes Fahrzeug allein begründet im Hinblick auf die mit der Erforderlichkeit der Geltendmachung von Mängelrecht...

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