Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Abgrenzung eines Vereinsgerichts von einem "echten Schiedsgericht" und zur Frage der Zuständigkeit des Schiedsgerichts.
Normenkette
ZPO § § 1025 ff., § 1059
Tenor
Der Schiedsspruch des Vereinsgerichts des Rassezuchtvereins für Hovawart-Hunde e.V. (RZV) vom 11.9.2012 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Antragsteller ist als rechtlich selbständige Bezirksgruppe Mitglied im Rassezuchtverein für Hovawart-Hunde e.V. (RZV). Der Antragsgegner ist Mitglied beim Antragsteller. Der RZV hat in seiner Satzung vom 15.5.2010 in der Fassung des 1. Nachtrags vom 9.6.2012 (Anlage AS 5; folgend: Satzung) gem. § 53 ein Vereinsgericht eingerichtet. Gemäß § 53 Abs. 7 wird das weitere Verfahren des Vereinsgerichts durch eine Vereinsgerichtsordnung geregelt, die Bestandteil der Satzung ist. In Ausführung dieser Vorschrift existiert eine Schiedsgerichtsordnung des Rassezuchtvereins für Hovawart-Hunde e.V., Stand 15.11.2004 (Anlage AS 6; folgend: Schiedsordnung).
Mit Beschluss des Vorstands des Antragstellers vom 11.7.2012 (Anlage AS 2) wurde der Antragsgegner "von seinem Amt als Schutzdiensthelfer" entbunden und ihm die Arbeit als Schutzdiensthelfer auf dem Vereinsgelände untersagt. Hiergegen legte der Antragsgegner per E-Mail Widerspruch ein (Anlage AG 2, Bl. 55 GA). Daraufhin entband der Übungswart des Antragstellers mit Schreiben vom 12.8.2012 den Antragsgegner von seiner Funktion als Schutzdiensthelfer und untersagte ihm die Tätigkeit als Schutzdiensthelfer auf dem Vereinsgelände (Anlage AG 1, Bl. 53 GA). Auch hiergegen legte der Antragsgegner per E-Mail Widerspruch ein (Anlage AG 2, Bl. 54 GA).
Mit Schriftsatz vom 30.8.2012 (Anlage AS 3) hat der Antragsgegner beim Schiedsgericht für das Hundewesen im Rassezuchtverein für Hovawart-Hunde e.V. den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit der dem Antragsteller geboten werden sollte, dem Antragsgegner zu gestatten, auf dem Vereinsgelände des Antragstellers als Ausbilder im Schutzdienst/Schutzdiensthelfer mit den Schutzdienstutensilien des Antragstellers zu arbeiten und mit den Vereinsmitgliedern, die dies wünschen, zu trainieren.
Mit einem im Wege der einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung am 11.9.2012 erlassenen Schiedsspruch des Vereinsgerichts des RZV (Anlage AS 4 = Bl. 18 ff. GA) ist der Antragsteller antragsgemäß verpflichtet worden, allerdings befristet bis Ende November 2012.
Gegen diesen Schiedsspruch richtet sich der Aufhebungsantrag des Antragstellers. Er ist der Ansicht, eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts habe nicht bestanden. Darüber hinaus sei der Schiedsspruch aus verschiedenen Gründen formell unwirksam.
Er beantragt, den in H am 11.9.2012 erlassenen Schiedsspruchs des Vereinsgerichts des RZV (Rassezuchtvereins für Hovawart-Hunde e.V.) aufzuheben.
Der Antragsgegner beantragt, den Aufhebungsantrag abzuweisen.
Er ist der Ansicht, der Schiedsspruch sei innerhalb der Zuständigkeit des Schiedsgerichts ergangen und sei weder formell noch materiell zu beanstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze, den angegriffenen Schiedsspruch und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II. Der Aufhebungsantrag ist zulässig und begründet. Der in H am 11.9.2012 erlassene Schiedsspruch des Vereinsgerichts des RZV war demgemäß aufzuheben.
A. Der Aufhebungsantrag ist zulässig.
1. Der Senat ist zur Entscheidung über den Aufhebungsantrag berufen. Trotz der Bezeichnung als "Vereinsgericht" in § 53 der Satzung handelt es sich um ein echtes Schiedsgericht.
Schiedsgerichtsbarkeit ist Rechtsprechung im weiteren Sinne, bedeutet also Streitentscheidung durch einen neutralen Dritten. Durch Vereinssatzung können auf das Mitgliedschaftsverhältnis bezogene Streitigkeiten zwischen einem Vereinsmitglied und dem Verein oder zwischen Vereinsmitgliedern einem wirklichen Schiedsgericht zugewiesen werden; dabei handelt es sich um ein außervertragliches Schiedsgericht, für das gem. § 1066 ZPO die §§ 1025 ff. ZPO entsprechend gelten. Dementsprechend muss das Vereins- oder Verbandsgericht, um "echtes" Schiedsgericht zu sein, - satzungsmäßig - als unabhängige und unparteiliche Stelle organisiert sein. In Anlehnung an § 1029 Abs. 1 ZPO ist das satzungsmäßig berufene "Schiedsgericht" allerdings nur dann als Schiedsgericht i.S.d. §§ ZPO § 1025 ff. (i.V.m. § ZPO § 1066 ZPO) anzuerkennen, wenn Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs der Entscheidung durch eine unabhängige und unparteiliche Instanz unterworfen sind.
Vereins- oder Verbandsgerichte hingegen üben - ungeachtet dessen, dass sie vielfach als "Schiedsgericht" bezeichnet werden - nicht wie die Schiedsgerichte Rechtsprechung im weiteren Sinne aus; sie sind Vereinsorgane, denen bestimmte Verwaltungs- oder Disziplinarmaßnahmen, z.B. Vereinsstrafe oder -ausschluss, übertragen sind. Die §§ 1025 ff. ZPO sind insoweit nicht anwendbar. D...