Leitsatz (amtlich)
Es führt zu einem erheblichen Interessengegensatz im Sinne von §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 BGB, wenn konkrete Umstände dafür vorliegen, dass die alleinsorgeberechtigte Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin die Belange des Kindes nicht in dem gebotenen Maß wahren und fördern wird. In diesem Fall ist der gesetzlichen Vertreterin die sorgerechtliche Vertretung des Kindes zur Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber ihr als Testamentsvollstreckerin sowie die Vertretung des Kindes bezüglich der sich aus der Erbenstellung ergebenden Rechte gegenüber dem Nachlassgericht zu entziehen und Ergänzungspflegschaft anzuordnen.
Normenkette
BGB § 1796 Abs. 1, § 1629 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
AG Aachen (Aktenzeichen 222 F 110/17) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Kindesmutter und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 13.7.2017 - 222 F 110/17 - teilweise abgeändert:
Der sorgeberechtigten Kindesmutter wird die Vertretung des Kindes N. zur Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber der Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin bezüglich des Nachlasses nach dem am 4.8.2015 verstorbenen Erblasser Q. N. sowie die Vertretung des Kindes bezüglich der sich aus der Erbenstellung ergebenden Rechte gegenüber dem Nachlassgericht entzogen.
Es wird insoweit Ergänzungspflegschaft angeordnet.
Zum Ergänzungspfleger wird bestellt:
Rechtsanwalt L., in B.
2. Die Gerichtskosten trägt die Beschwerdeführerin zu 1/2; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Das beteiligte Kind N. ist aus der Ehe der Kindesmutter mit dem Erblasser Q.N. hervorgegangen.
Der Erblasser und Kindesvater ist am 4.8.2015 verstorben. Auf Grund testamentarischer Verfügung vom 3.8.2015 sind seine Erben die Kindesmutter sowie das beteiligte Kind zu gleichen Teilen. Des Weiteren ordnete der Erblasser testamentarisch eine Verwaltungstestamentsvollstreckung bis zum 18. Lebensjahr der Tochter an. Der Erblasser verfügte, dass der Testamentsvollstrecker den Nachlass und dessen Erträge und soweit erforderlich dessen Substanz für eine gute Ausbildung der Tochter verwendet solle. Zu dem von den Beschränkungen des Verbots des Selbstkontrahierens (§181 BGB) befreiten Testamentsvollstrecker bestimmte er die Kindesmutter. Wegen des weiteren Inhalts der testamentarischen Verfügung wird auf die Verfahrensakte verwiesen (GA Bl. 9 ff.). Die Kindesmutter hat das Amt des Testamentsvollstreckers mit notariell beglaubigter Erklärung vom 23.10.2017 angenommen.
In der Folgezeit forderte das Familiengericht die Kindesmutter mehrfach erfolglos auf, nach § 1640 BGB ein Verzeichnis des Vermögens, welches das beteiligte Kind geerbt habe, zur Akte zu reichen. Mit Beschluss vom 20.4.2017 wurde der Kindesmutter daraufhin die Vermögenssorge für das Kind insoweit entzogen, als es um die Geltendmachung von Ansprüchen der Minderjährigen aus dem erhaltenen Erbe nach dem Kindesvater gehe. Es wurde Ergänzungspflegschaft angeordnet. Zum Ergänzungspfleger wurde Rechtsanwalt L. bestimmt. Wegen der Feststellungen des Amtsgerichts im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses vom 20.4.2017 verwiesen (GA Bl. 42 ff.). In Abänderung dieser Entscheidung ist der Kindesmutter mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 13.7.2017 - 222 F 110/17 -die gesamte Vermögenssorge für das Kind entzogen worden. Zur Begründung wird ausgeführt, mangels ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache, Defiziten im Verständnis des inländischen Rechtssystems und einer offensichtlichen Überforderung durch die Situation mit der Erhebung als auch der Verwaltung des Nachlasses des Kindes sei der Kindesmutter die gesamte Vermögenssorge zu entziehen. Wegen der Feststellungen des Amtsgerichts im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses vom 13.7.2017 verwiesen (GA Bl. 256 ff.).
Gegen diesen Beschluss, welcher der Kindesmutter trotz anwaltlicher Vertretung im Verfahren am 15.7.2017 persönlich zugestellt worden ist, hat ihr vormaliger Verfahrensbevollmächtigter Rechtsanwalt M. mit Schriftsatz vom 15.9.2017 Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und sowohl das Rechtsmittel als auch den Antrag begründet. Mit Beschluss vom 26.9.2017 hat das Amtsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Hiergegen hat die Kindesmutter mit Anwaltsschriftsatz vom 28.9.2017 Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 15.9.2017 verwiesen. Sie wendet sich mit ihrer Beschwerde in der Sache gegen die Entziehung der Vermögenssorge bezüglich des Kindes N..
Im Beschwerdeverfahren hatten die Beteiligten umfänglich Gelegenheit zur Stellungnahme.
II. Die Beschwerde der Kindesmutter vom 28.9.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 26.9.2017, mit welchem der Antrag der Kindesmutter auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen worden ist, ist nicht verfahrensgegenständlich. Da die Beschwerde...