Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 1 O 348/09)

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die beantragte Prozesskostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverteidigung keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO). Die vom Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 25.2.2010, durch das er zur Zahlung des mit der Klage geltend gemachten Betrages aus dem mit der der Klägerin geschlossenen Bürgschaftsvertrag vom 10.7.2008 verurteilt worden ist, erhobenen Einwendungen sind unbegründet.

1.

Der Beklagte macht - wie in erster Instanz - geltend, dass er den Bürgschaftsvertrag wegen einer arglistigen Täuschung durch den Zeugen T. U., den Geschäftsführer der Hauptschuldnerin, angefochten habe. Die Auffassung des Landgerichts, diese Täuschung sei der Klägerin nicht zuzurechnen, weil es sich bei dem Zeugen um einen "Dritten" iSv § 123 Abs. 2 BGB gehandelt habe, sei unter Berücksichtigung der speziellen Interessenlage der Beteiligten im vorliegenden Fall unrichtig. Zudem habe die Klägerin selbst dann, wenn man diese rechtliche Bewertung zugrunde lege, die Täuschung zumindest fahrlässig nicht erkannt.

2.

Diese Einwendungen greifen nicht durch. Der Vertrag ist entgegen der Auffassung des Beklagten wirksam. Eine Anfechtung nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung kommt auf der Grundlage des vom Beklagten unterbreiteten Sachverhalts nicht in Betracht.

a.

Nach § 123 Abs. 1 BGB kann der zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung Bestimmte seine Erklärung anfechten. Sofern die Täuschung durch einen "Dritten" im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB verübt worden ist, gilt das allerdings nur, wenn derjenige, dem gegenüber die Erklärung abzugeben war, die Täuschung kannte oder kennen musste. "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift ist grundsätzlich nur eine am Geschäft unbeteiligte, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt dem Kreis des Erklärungsempfängers zuzurechnende Person. Kein Dritter ist dagegen, wer auf Seiten des Erklärungsempfängers steht und maßgeblich am Zustandekommen des Vertrages mitgewirkt hat, wenn sein Verhalten also dem des Anfechtungsgegners rechtlich gleichzusetzen ist, (BGH NJW 1989, 287; NJW 1996, 1051; Palandt/Ellenberger, Kommentar zum BGB, 69. Auflage 2010, § 123 BGB Rdn. 13 f). Das gilt insbesondere für den vom Erklärungsempfänger beauftragten Verhandlungsführer oder -gehilfen sowie für den Beteiligten, der wegen seiner engen Beziehungen zum Erklärungsempfänger als dessen Vertrauensperson erscheint (BGH, NJW 1990, 1661).

b.

Eine derartige Stellung hatte - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - im vorliegenden Fall der Geschäftsführer der Hauptschuldnerin im Verhältnis zur Klägerin nicht. Dass der Gläubiger die Bürgschaftsurkunde entworfen und den Anstoß für die Verhandlungen mit dem Bürgen gegeben hat, macht den Schuldner noch nicht zur Vertrauensperson des Gläubigers (BGH NJW-RR 1992, 1005; Kramer, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 123 Rdn. 19; Palandt, aaO, Rdn. 14). Der Schuldner, der auf Veranlassung des Gläubigers mit jemandem auf der Grundlage wirtschaftlicher oder persönlicher Beziehungen wegen Übernahme einer Bürgschaft verhandelt, ist nicht schon deshalb Verhandlungsbeauftragter des Gläubigers, weil der Gläubiger ihn zu den Verhandlungen veranlasst hat und ein dem Interesse des Schuldners gleichgerichtetes Interesse daran hat, dass jener die Bürgschaft übernimmt.

c.

Auch die weiteren vom Beklagten vorgetragenen Umstände reichen für die Annahme, dass der Zeuge U. nicht "Dritter" im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB war, nicht aus. Der Beklagte hat insoweit behauptet, dass die Klägerin es in Kenntnis des Umstandes, dass die sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befindliche Hauptschuldnerin dringend auf die Kreditgewährung angewiesen gewesen sei, allein und ohne jeden eigenen persönlichen Kontakt zu ihm deren Geschäftsführer überlassen habe, seine Unterzeichnung des Bürgschaftsvertrages zu erwirken. Zudem habe die Klägerin auch keinerlei Erkundigungen über seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eingeholt und nicht geprüft, inwieweit er aufgrund seiner Herkunft und seiner mangelnden Sprachkenntnisse die Bedeutung von Erklärungen der fraglichen Art überhaupt habe erfassen können.

Dieser Vortrag ist unerheblich; für die Einstufung des Zeugen U. als "Dritter" im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB spielt er keine Rolle. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes des BGH ist anerkannt, dass dem Gläubiger gegenüber dem künftigen Bürgen grundsätzlich nicht die Pflicht zur Aufklärung über das Bürgschaftsrisiko obliegt, weil dieses allgemein bekannt ist und außerdem durch die erforderliche Schriftform (§ 766 BGB) offengelegt wird. Solange der Gläubiger insoweit nicht durch den künftigen Bürgen befragt wird, kann er davon ausgehen, dass dieser sich über die für seine Entschließung maßgeblichen Umstände, insbesondere auch über die Wahrscheinlichkeit seiner Inanspr...

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