Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 2 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 2 ZPO ist. nicht gerechtfertigt, wenn der Bezieher von Prozesskostenhilfe seiner Obliegenheiten nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO zwar verspätet, aber noch innerhalb des Beschwerdeverfahrens nachgekommen.
Nach überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur, der der Senat folgt, kann die nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO abzugebende Erklärung über eine etwaige Veränderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse noch im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 124 Rz. 10a mit zahlreichen Nachweisen zur Rechtsprechung). Die Vorschrift des § 124 Nr. 2 ZPO sanktioniert nicht die verspätete Abgabe der Erklärung, sondern nur das völlige Ausbleiben der Erklärung.
Der Beschwerde ist daher im Abhilfeverfahren abzuhelfen, wenn die Erklärung noch vor der Vorlageentscheidung durch das erstinstanzliche Gericht eingeht.
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Beschluss vom 15.01.2008; Aktenzeichen 11 F 21/06) |
Tenor
Auf die am 15.2.2008 zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der ihr am 18.1.2008 zugestellte Beschluss des AG Eschweiler vom 15.1.2008, mit dem die der Antragstellerin bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben worden ist, aufgehoben.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden.
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Entgegen der Auffassung des AG ist die Antragstellerin ihren Obliegenheiten nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO innerhalb des Beschwerdeverfahrens nachgekommen, so dass die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 2 ZPO nicht gerechtfertigt ist. Nach überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur, der der Senat folgt, kann die nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO abzugebende Erklärung über eine etwaige Veränderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse noch im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 124 Rz. 10a mit zahlreichen Nachweisen zur Rechtsprechung). Die Vorschrift des § 124 Nr. 2 ZPO sanktioniert nicht die verspätete Abgabe der Erklärung, sondern nur das völlige Ausbleiben der Erklärung.
Eine die Aufhebung der Prozesskostenhilfe rechtfertigende Änderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wäre nur dann gegeben, wenn die Antragstellerin nunmehr in der Lage wäre, die Kosten des Rechtsstreits zumindest in Raten zu bezahlen. Dies ist nach den glaubhaft gemachten Angaben der Antragstellerin aber nicht festzustellen. Sie hat mit Schreiben vom 19.3.2008, bei Gericht am 27.3.2008 eingegangen, dem AG einen Bewilligungsbescheid der B. im Kreis Aachen vom 14.2.2008 vorgelegt, wonach sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II i.H.v. monatlich 616,72 EUR erhält. Mit der Vorlage dieses Bescheides ist die Antragstellerin ihren Verpflichtungen zur Abgabe einer Erklärung, ob eine wesentliche Änderung in den für die seinerzeitige Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse i.S.v. § 120 Abs. 4 Satz 1 und 2 ZPO eingetreten ist, in vollem Umfang nachgekommen.
Der Umstand, dass die Antragstellerin der nach Vorlage des Bescheides der B. vom AG an sie gerichteten Aufforderung, einen "aktuellen" Bescheid der B. im Hinblick darauf, dass sich der Bewilligungszeitraum in dem vorgelegten Bescheid nur auf den Zeitraum vom 1.10.2007 bis 31.3.2008 erstreckte, nicht nachgekommen ist, rechtfertigt nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht die Aufhebung der Prozesskostenhilfe wegen Verletzung der Pflichten nach § 120 Abs. 4 ZPO. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist ein Bewilligungsbescheid seitens der B. grundsätzlich auf sechs Monate zu befristen, woraus aber nicht der Schluss gezogen werden kann, dass nach Ablauf dieser Frist kein Anspruch mehr auf Leistungen nach dem SGB II wegen weggefallener Hilfsbedürftigkeit besteht. Die Befristung auf sechs Monate dient lediglich dazu, die Hilfsbedürftigkeit in zeitlich überschaubaren Abständen zu überprüfen (vgl. die fachlichen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 41 SGB II, Ziff. 41.11; www. arbeitsagentur. de/Veröffentlichungen/Weisungen/Arbeitslosengeld II).
Im Übrigen war der von der Antragstellerin vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes vorgelegte Bescheid der - jedenfalls noch - "aktuelle" Bescheid. Dass ihr bereits ein Folgebescheid vorlag, ist nicht ersichtlich und auch eher unwahrscheinlich.
Nach alledem war der angefochtene Beschluss über die Aufhebung der Prozesskostenhilfe seinerseits aufzuheben.
Eine Kostenentscheidung ist gem. § 127 Abs. 4 ZPO entbehrlich.
Fundstellen
Haufe-Index 2065865 |
FamRZ 2009, 633 |
OLGR-Mitte 2009, 186 |