Leitsatz (amtlich)

1. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels kann dahinstehen, wenn es jedenfalls unbegründet ist.

2. Bei der nach § 91a Abs. 1 ZPO zu treffenden Kostenentscheidung kann es unter Berücksichtigung des Leitarguments der Billigkeit geboten sein, die für die prozessuale Erstattungspflicht maßgebenden Grundsätze außer Betracht zu lassen, wenn die materielle Kostenersatzpflicht zu einem anderen Ergebnis führt. Dies ist der Fall, wenn den Beklagte die sich aus dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis nach Treu und Glauben sowie der Lage des Falles ergebende Nebenpflicht verletzt hat, den Kläger rechtzeitig auf das Nichtbestehen des Klageanspruches hinzuweisen.

 

Normenkette

ZPO § 91a

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 15 O 537/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 4.12.2002 gegen den Beschluss des LG Bonn vom 27.11.2002 – 15 O 537/02 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

Ob die sofortige Beschwerde des beklagten gegen die Kostenentscheidung des LG im Hinblick auf den Streitwert in der Hauptsache gem. §§ 91a Abs. 2 S. 2, 511 ZPO statthaft ist, erscheint wegen der Einschränkung des klägerischen Antrages im Schriftsatz vom 21.10.2002 zweifelhaft (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 3 Rz. 16 Stichwort „Mahnverfahren”; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 91a Rz. 58 Stichwort „Mahnverfahren”). Die Zulässigkeit des Rechtsmittels kann jedoch dahinstehen, wenn es jedenfalls unbegründet ist (Zöller/Gummer, ZPO, § 572 Rz. 20). So liegt es hier. Die Entscheidung des LG enthält keinen sachlichen Fehler zu Lasten des Beklagten, so dass die sofortige Beschwerde ohne Erfolg bleibt.

Da die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten nach § 91a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. In der Regel entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem aufzuerlegen, der sie nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der ZPO zu tragen hätte (OLG Köln v. 24.1.2001 – 27 WF 6/01, FamRZ 2001, 1718 [1719] = OLGReport Köln 2001, 300; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 91a ZPO Rz. 24 jew. m.w.N.). Danach wären entgegen der Entscheidung des LG auch die Kosten, die in dem Zeitraum von der Einleitung des Mahnverfahrens bis zur Beantragung des Vollstreckungsbescheides angefallen sind, zumindest anteilig der Klägerin aufzuerlegen. Denn die geltend gemachten Provisionsansprüche waren schon bei der Einleitung des Mahnverfahrens hinsichtlich der Provision für den Verkauf der Wohnung Nr. 18 (C.) unbegründet, da dieser Vertrag unstreitig bereits im Januar 2002 durch Rücktritt der Käufer oder die von den Kaufvertragsparteien am 21.1.2002 getroffene vertragliche Vereinbarung (Bl. 47 ff. d.A.) mit der Folge rückgängig gemacht worden war, dass der Provisionsanspruch entfiel oder gar nicht erst entstand. Davon ist die Klägerin bei ihrer Erledigungserklärung selbst ausgegangen.

Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Ausnahmsweise kann es unter Berücksichtigung des Leitarguments der Billigkeit geboten sein, bei der nach § 91a Abs. 1 ZPO zu treffenden Kostenentscheidung die für die prozessuale Erstattungspflicht maßgebenden Grundsätze außer Betracht zu lassen; das gilt insb. dann, wenn die materielle Kostenerstattungspflicht zu einem abweichenden Ergebnis führt (OLG Köln v. 24.1.2001 – 27 WF 6/01, FamRZ 2001, 1718 [1719] = OLGReport Köln 2001, 300; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 91a ZPO Rz. 24 jew. m.w.N.). Das ist hier der Fall. Der Beklagte haftet der Klägerin auf Ersatz der Kosten, die durch die Einleitung des Mahnverfahrens entstanden sind, nach materiellem Recht. Da der Provisionsanspruch betreffend die Wohnung Nr. 18 zu diesem Zeitpunkt nicht oder nicht mehr bestand, ergibt sich diese Verpflichtung insoweit zwar nicht aus dem Gesichtpunkt des Schuldnerverzuges. Der Beklagte haftet aber wegen einer positiven Vertragsverletzung. Aus dem Maklervertrag ergab sich für den Beklagten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Nebenpflicht, die Klägerin auf das Nichtbestehen des Provisionsanspruches hinzuweisen. Die Klägerin hat den Provisionsanspruch mit der Rechnung vom 25.6.2002 (Bl. 16 d.A.) geltend gemacht und den Beklagten mit Schreiben vom 11.7.2002 (Bl. 17 d.A.) sowie anwaltlichem Schreiben vom 23.7.2002 (Bl. 57 d.A.) gemahnt. Da die Klägerin dem erkennbaren und – da sie von der Rückgängigmachung des provisionspflichtigen Kaufvertrages keine Kenntnis hatte – nach Lage des Falles unverschuldeten Irrtum unterlag, dass ihr eine Provision auch für die Wohnung Nr. 18 zustehe, war der Beklagte als Partner aus dem Maklervertrag nach Treu und Glauben verpflichtet, die Klägerin rechtzeitig über den Wegfall oder das Nichtbestehen des Provisionsanspruches aufzuklären. Diese Verpflichtung hat der Beklagte verletzt. Er hat die Klägerin erst nach Zustellung des Mahnbescheides mit Schreiben vom 28.2002 (Bl. 18 d.A.) darauf hingewiesen, dass die Käufer der Wohnung Nr. 18 von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch gema...

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