Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialleistungen kein für die Streitwertfestsetzung in einer Ehesache relevantes Einkommen. Sozialleistungen stellen kein für die Streitwertfestsetzung in einer Ehesache relevantes Einkommen dar
Leitsatz (amtlich)
Der Senat folgt der erstgenannten Auffassung, dass der Bezug von Sozialleistungen kein für die Streitwertfestsetzung in einer Ehesache relevantes Einkommen darstellt. Die rein am Wortlaut ("Einkommen") orientierte Auslegung der Gegenmeinung (so auch der 12. Zivilsenat - Familiensenat - des OLG Köln in seinem Beschluss vom 17.12.2008 zu Aktenzeichen 12 WF 167/08) überzeugt nicht. Vielmehr ist auf Sinn und Zweck der genannten Wertvorschrift abzustellen. Den Senat überzeugen die Argumente, wonach die Vorschriften über die Streitwertbestimmung in Ehesachen nicht wie z.B. die Prozesskostenhilfevorschriften das konkret verfügbare "flüssige" Einkommen und Vermögen in den Vordergrund stellen, sondern an eine weitergehende Statusbetrachtung anknüpfen, nach der vom 3-fachen Nettomonatseinkommen der Eheleute auszugehen ist. Anzustellen ist danach eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute unter Einbeziehung sozialer Gesichtspunkte, denen die Vorschrift des § 48 Abs. 3 GKG Rechnung trägt. Dann erscheint es aber nicht gerechtfertigt, die Streitwertermittlung unter Einbeziehung des Arbeitslosengeldes II vorzunehmen.
Der finanzielle Status von SGB II-Leistungsbeziehern bewegt sich auf dem nach den Regelungen des Sozialgesetzbuches definierten niedrigsten Niveau in Deutschland (vgl. OLG Hamburg OLGReport Hamburg 2006, 269 f.). Folgt man der gesetzgeberischen Intension der Regelung in § 48 Abs. 3 GKG, sollen aber nur solche Einkünfte der Eheleute bei der Streitwertberechnung mit herangezogen werden, die Ausdruck ihrer Leistungsfähigkeit sind. Die Festsetzung angemessener Gebühren soll im jeweils konkret zu beurteilten Fall nach sozialen Gesichtspunkten möglich sein. Der Streitwert und danach die Höhe der Gerichtsgebühren sollen sich demnach gerade an der wirtschaftlichen Gesamtsituation der Eheleute unter Berücksichtigung einer möglicherweise schlechteren finanziellen Situation einer der Parteien bemessen. Staatliche Unterstützungsleistungen wie das Arbeitslosengeld II sind aber gerade nicht Zeichen der Leistungsfähigkeit der Parteien, sondern vielmehr Ausdruck ihrer Bedürftigkeit. Sie decken das Existenzminimum ab und geben keine Rechtfertigung dafür, höhere Gebühren verlangen zu können. Zum Nettoeinkommen im Rahmen der Streitwertermittlung sind demgemäß nur Einkünfte zu zählen, denen eine Erwerbsleistung der Parteien zugrunde liegt [so OLG Schleswig in seinem Beschl. v. 27.10.2008 - 13 WF 135/08 - (veröffentlich u.a. in FuR 2009, 179); vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 807].
Normenkette
GKG § 48 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Aktenzeichen 13 F 165/08) |
Tenor
Die Streitwertbeschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. §§ 33 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 RVG, 68 Abs. 1 GKG zulässige - insbesondere fristgerecht eingelegte - Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ist unbegründet.
Zu Recht hat das Familiengericht den Gegenstandswert für die Scheidungssache auf 2.400 EUR (gerundet) festgesetzt. Gemäß § 48 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 GKG ist der Gegenstandswert in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfanges und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommenssituation der Parteien, nach seinem Ermessen zu bestimmen, wobei für die Einkommensverhältnisse der Parteien das in 3 Monaten erzielte Nettoeinkommen einzusetzen ist und der Streitwert nicht unter 2.000 EUR angenommen werden darf.
Zutreffend hat das Familiengericht das Einkommen der Parteien auf gerundet 2.400 EUR angenommen. Zu Recht hat es nämlich die von der Antragstellerin bezogenen Leistungen nach SGB II als Einkommen unberücksichtigt gelassen. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Argumenten des OLG Schleswig in dessen Beschl. v. 27.10.2008 - 13 WF 135/08 - (veröffentlich u.a. in FuR 2009, 179) an, wonach Sozialhilfeleistungen nicht als Einkommen i.S.d. § 48 Abs. 3 GKG anzusehen sind. Zutreffend fasst das OLG Schleswig in der zitierten Entscheidung des Meinungsstreit hierzu wie folgt zusammen:
"... Die herrschende Meinung lehnt dies (Bewertung des Arbeitslosengeldes II als Einkommen, Anmerkung des Gerichts) ab, da das Gesetz hinsichtlich der Gebührenberechnung mit der Bezugnahme auf das Einkommen der Eheleute ersichtlich an deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anknüpfe. Rein staatliche Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld II könnten aber die individuelle Belastbarkeit der Eheleute nicht bestimmen, sondern seien gerade Ausdruck fehlender eigener Mittel der Empfänger (es folgen umfangreiche Rechtsprechungs- und Literaturzitate). Diese Auslegung des § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG wurde vom BVerfG aus verfassungsrechtlicher Sicht ausdrücklich nic...