Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Anfordernissen und zum Inhalt eines Buchauszugs bzw. eines Ergänzungsanspruchs: Angaben über Bestandserhaltungsmaßnahmen und Stornogefahrmitteilungen auch bei Kleinstbeträgen
Leitsatz (amtlich)
Die Angaben über Bestandserhaltungsmaßnahmen und Stornogefahrmitteilungen in einem Buchauszug sind nicht ausnahmsweise entbehrlich, weil nur Kleinstbeträge in Rede stehen. Dabei kommt es für den Anspruch auf Erteilung bzw. Ergänzung des Buchauszugs schon nicht darauf an, ob und in welchem Umfang ein Versicherungsunternehmen auch bei Kleinstbeträgen zur Stornoabwehr verpflichtet ist. Die Frage, ob und ggf. ab welcher Provisonshöhe Stornoabwehrmaßnahmen geschuldet sind, stellt sich erst, wenn über den Provisionsanspruch selbst gestritten wird. Denn der Buchauszug soll den Versicherungsvertreter überhaupt erst in die Lage versetzen zu prüfen, ob ihm ein Provisionsanspruch zusteht. Das sichere Bestehen des Anspruchs setzt er gerade nicht voraus. Zwar hätte in einem Provisionsprozess das Versicherungsunternehmen das Fehlen eigenen Verschuldens an der Stornierung darzulegen und zu beweisen. Es würde für den Versicherungsvertreter aber ein nicht zumutbares Prozessrisiko darstellen, wenn er Provisionsansprüche einklagen müsste, bei denen eindeutig ist, dass der Provisionsanspruch, unabhängig von der Höhe des Provisionsanspruchs jedenfalls wegen ausreichender Stornoabwehrmaßnahmen weggefallen ist.
Den berechtigten Interessen des Prinzipals kann durch eine tatsächliche Vermutung zu seinen Gunsten Rechnung getragen werden, dass der Handelsvertreter bei Kleinstbeträgen selbst keine Stornoabwehrmaßnahmen ergriffen hätte. Dies mag dazu führen, dass bei Kleinststornos die Darlegungslast des Prinzipals auf der Leistungsstufe des Provisionsrechtsstreits reduziert ist und der Handelsvertreter verpflichtet ist, näher zu substantiieren, weshalb Stornoabwehrmaßnahmen erforderlich waren. Selbst wenn man mit einer in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht eine tatsächliche Vermutung annehmen möchte, dass bei Kleinstbeträgen ein wirtschaftlich denkender Handelsvertreter im Zuge einer laufenden Geschäftsbeziehung eine Nachbearbeitung wegen einer etwa aufgetretenen Stornogefahr vernünftigerweise nicht vorgenommen hätte, weil er in dieser Zeit mit höherer Erfolgsaussicht versuchen könnte, Neugeschäft zu vermitteln, als die Rettung eines Kleingeschäfts zu versuchen, so ändert dies deshalb nichts. Denn über eine Beweiserleichterung geht diese Rechtsprechung nicht hinaus, wenn es selbst die von ihm angenommene Untergrenze von 100 DM davon abhängig macht, dass ein Missbrauch weder ersichtlich ist noch auf der Hand liegt. Diese vorgenommene Einschränkung zeigt gerade, dass es sich nicht um einen allgemeingültigen Anspruchsausschluss handelt.
Ohne dass es deshalb entscheidungserheblich darauf ankäme, bestehen Zweifel, ob eine feste Wertgrenze überhaupt sachgerecht ist oder ob bei der Frage nach einem zulässigen Verzicht auf Stornoabwehrmaßnahmen nicht eher auf den konkreten Einzelfall abzustellen ist.
Die Ergänzung des Buchauszugs um die im Tenor des landgerichtlichen Urteils benannten Angaben beschwert die Beklagte auch nicht unzumutbar. Regelmäßig sind die zugrunde liegenden Angaben in der EDV erfasst. Soweit die Beklagte keine Stornoabwehr betrieben hat, etwa weil sie der Ansicht ist, dass eine solche wegen eines Kleinstbetrages nicht erforderlich war oder für sie nicht wirtschaftlich erschien, so kann sie die Information, dass keine Maßnahmen getroffen wurden, ebenfalls ohne größeren Aufwand in den Buchauszug aufnehmen.
Soweit die Beklagte anführt, es bestünde kein Anspruch auf Vervollständigung des Buchauszugs, soweit Stornogefahrmitteilungen unmittelbar an die Klägerin übersandt worden sind, so führt dieser Einwand nicht zu einer abweichenden Betrachtungsweise. Der Buchauszug soll dem Handelsvertreter gerade ermöglichen, seine Provisionsansprüche zu überprüfen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, Stornoabwehrmaßnahmen überprüfen zu können. Da nach der neueren Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, die rechtzeitige Versendung einer Stornogefahrmitteilung ungeachtet ihres Eingangs beim Handelsvertreter als Nachbearbeitungsmaßnahme ausreichend sein kann, sind die Angaben über versandte Stornogefahrmitteilungen schon deshalb erforderlich, damit der Handelsvertreter einen Abgleich zwischen bei ihm eingegangenen und nach Angaben des Prinzipals versandten Mitteilungen vornehmen kann.
Normenkette
HGB §§ 87a, 87c
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 31.08.2011; Aktenzeichen 4 O 500/10) |
Tenor
I. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 31.8.2011 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Köln - 4 O 500/10 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. ...