Leitsatz (amtlich)
Die dem Wortlaut nach umfassende Abtrennungsmöglichkeit nach § 623 Abs. 2 ZPO ist einschränkend dahin auszulegen, dass damit lediglich – als Ersatz für § 1672 BGB a.F. – eine Entscheidung über das Sorgerecht schon vor Rechtskraft des Scheidungsurteils ermöglicht werden soll, nicht aber umgekehrt ein Scheidungsausspruch vor der Entscheidung über ein im Verbund anhängiges Sorgerecht; dies liefe der Warnfunktion des Verbundes und der inhaltlich unverändert gebliebenen Regelung in § 628 S. 1 Nr. 3 ZPO zuwider.
Normenkette
ZPO § 623 Abs. 2, § 628; BGB § 1672 a.F.
Verfahrensgang
AG Kerpen (Aktenzeichen 50 F 409/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG – FamG – Kerpen vom 5.3.2002 (50 F 409/01) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
1. Die Parteien haben durch notariellen Ehevertrag vom 27.1.1993 Gütertrennung vereinbart und gegenseitig auf nachehelichen Unterhalt auch im Falle der Not verzichtet. Am 3.9.2001 hat der Antragsteller die Scheidung der am 28.1.1993 geschlossenen Ehe beantragt (Trennung der Parteien: Oktober 2000). Die Antragsgegnerin hat sich dem Scheidungsantrag angeschlossen und zugleich den Antrag gestellt, ihr im Falle der Scheidung das alleinige Sorgerecht für die vier gemeinsamen Kinder zu übertragen. Mit Schriftsatz vom 21.1.2002 hat sie außerdem die Zahlung nachehelichen Unterhalts beantragt. Der Antragsteller ist sowohl dem Sorgerechtsantrag als auch dem Antrag auf nachehelichen Unterhalt entgegengetreten. Kindesunterhalt ist in einem gesondert laufenden Verfahren auf Trennungsunterhalt vergleichsweise geregelt worden.
Im vorliegenden Verbundverfahren hat der Antragsteller am 5.2.2002 beantragt, die Folgesachen Sorgerecht und nachehelicher Unterhalt gem. § 623 Abs. 2 ZPO abzutrennen. Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung des Antrags beantragt.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG den Abtrennungsantrag zurückgewiesen, da die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht erfüllt seien. Denn (ungeschriebene) Voraussetzung einer Abtrennung nach dieser Bestimmung sei, dass damit eine Vorabentscheidung über die abzutrennenden Punkte verfolgt werde, also eine Regelung vor dem Scheidungsausspruch. Eine Abtrennung nur zwecks Beschleunigung der Ehescheidung sei unzulässig. Eine solche restriktive Auslegung entspreche auch dem Zweck dieser durch das Kindschaftsreformgesetz neu eingefügten Bestimmung. Es könne kaum der Wille des Gesetzgebers sein, für den auf Unterhalt angewiesenen Ehegatten einen geringeren Rechtsschutz zu gewähren – dadurch bedingt, dass eine Unterhaltslücke zwischen Rechtskraft der vorzeitigen Ehescheidung und der Entscheidung über nachehelichen Unterhalt entstehen könne. Wegen der weitergehenden Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Abtrennungsantrag weiter.
Der Antragsteller ist der Auffassung, seinem Antrag auf Abtrennung sei nach dem Wortlaut von § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO zwingend stattzugeben; denn aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich kein Hinweis darauf, dass unter gewissen Voraussetzungen von einer Abtrennung abzusehen sei. Dies sei auch nicht damit zu begründen, dass eine Ehe von Eltern, die über das Sorgerecht stritten, dadurch leichter auflösbar sei als lediglich um Unterhalt streitende Eheleute. Dem stehe die klare Aussage des Gesetzgebers entgegen, die gerade nur für Eltern mit Kindern getroffen worden sei. Eine gegebenenfalls vorhandene Rechtsschutzlücke beim Unterhalt sei durch die §§ 620 ff., 644 ZPO problemlos zu schließen. Die fehlende Rechtsmittelmöglichkeit treffe in diesen Fällen eher den Unterhaltspflichtigen als die Unterhaltsberechtigte.
Sein Abtrennungsantrag sei auch nicht etwa rechtsmissbräuchlich, weil er keinen eigenen Antrag zum Sorgerecht gestellt habe. Viel eher könne rechtsmissbräuchlich sein, wenn er einen Sorgerechtsantrag (nur) zum Zwecke der Abtrennung stellen würde.
Abschließend weist er darauf hin, dass die fehlende Entscheidungsreife zum nachehelichen Unterhalt, beim dem es ohnehin nur um Notunterhalt gehe, ausschließlich von der Antragsgegnerin zu verantworten sei, die ihre Bedürftigkeit bisher nicht hinreichend dargetan habe.
2. Die nach § 567 Abs. 1 ZPO statthafte (vgl. u.a. OLG Düsseldorf v. 3.9.1999 – 3 WF 147/99, FamRZ 2000, 840; OLG Hamm v. 14.9.2000 – 1 WF 177/00, FamRZ 2001, 554; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 623 Rz. 32i) und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Das AG hat den gem. § 623 Abs. 2 ZPO gestellten Abtrennungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Auf die ausführliche Begründung in dem angefochtenen Beschluss wird Bezug genommen. Ergänzend ist auszuführen:
Die Voraussetzungen der Abtrennung der Folgesachen elterliche Sorge und Unterhalt aus dem Scheidungsverbund gem. § 623 Abs. 2 ZPO sind in Literatur und Rechtsprechung streitig:
a) Zum Teil wird die Auffassung vertreten – auf die sich auch der Antragsteller stüt...