Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beschwerdemöglichkeit gegen im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangene Anordnung einer Umgangspflegschaft
Leitsatz (amtlich)
Die im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangene Anordnung auf Einrichtung einer Umgangspflegschaft ist keine Sorgerechtsentscheidung sondern eine Umgangsrechtsentscheidung und kann daher nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
Normenkette
FamFG § 57 Sätze 1, 2 Nr. 1 bis 5; BGB § 1684
Verfahrensgang
AG Brühl (Beschluss vom 21.09.2011; Aktenzeichen 32 F 17/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Brühl vom 21.9.2011 - 32 F 17/11 -, mit welchem für das Kind O. C. M., geboren am 0.00.2004, Umgangspflegschaft für die Zeit bis zum 31.12.2012 angeordnet worden ist, wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangene Entscheidung des Familiengerichts ist unzulässig, § 57 Satz 1 FamFG. Einstweilige Anordnungen in Familiensachen sind grundsätzlich unanfechtbar. Dies gilt lediglich nicht für die in § 57 Satz 2 Nr. 1 bis 5 FamFG abschließend geregelten Ausnahmefälle. Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben. Die im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangene, angefochtene Entscheidung betrifft nämlich das Umgangsrecht.
Die angeordnete Umgangspflegschaft dient ersichtlich der Aufrechterhaltung des persönlichen Umgangs des Kindesvaters mit seiner Tochter. Diesbezüglich hatten die Kindeseltern in einem vorangegangenen Umgangsrechtsverfahren vor dem Familiengericht in Brühl zu Aktenzeichen 32 F 350/07 am 4.11.2010 eine umfassende Umgangsrechtsvereinbarung geschlossen, wie sie wörtlich in dem hier angefochtenen Beschluss auf Seiten 2 und 3 (Blatt 35, 36 GA) wiedergegeben worden ist. Diese kann aus streitigen Gründen nicht praktiziert werden. Zur Umsetzung der Regelung ist die Umgangspflegschaft angeordnet worden.
Der Senat schließt sich der Auffassung des OLG Celle (Beschl. v. 16.12.2010 - 10 UF 253/10 -, FamRZ 2011, 574 bis 576) an, wonach jedenfalls bei einer Fallgestaltung der vorliegenden Art die Anordnung einer Umgangspflegschaft keine Sorgerechtsentscheidung sondern eine Umgangsrechtsentscheidung ist. Die vom Familiengericht beschlossene Umgangspflegschaft beruht auf § 1684 Abs. 3 Satz 3 BGB in der seit dem 1.9.2009 geltenden Fassung. Danach kann das Familiengericht eine Umgangspflegschaft bereits anordnen, wenn die Wohlverhaltenspflicht des § 1684 Abs. 2 BGB, insbesondere die Pflicht zur Gewährung und Förderung des Umgangs mit dem anderen Elternteil, dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt wird. Ob dies vorliegend tatsächlich der Fall ist, hat der Senat wegen der Unanfechtbarkeit des Beschlusses nicht zu überprüfen.
Mit der Schaffung der neuen Rechtsgrundlage des § 1684 Abs. 3 Satz 3 BGB n.F. war die Erleichterung der Einsetzung einer Umgangspflegschaft bezweckt. Diese kann nunmehr bereits eingesetzt werden, ohne dass eine Kindeswohlgefährdung droht oder gar vorliegt. Das Gericht hat nunmehr lediglich die Rechtspositionen der Eltern untereinander auszugleichen, weshalb die strengen Voraussetzungen für einen Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht nicht vorliegen müssen (vgl. hierzu OLG Celle, a.a.O., m.w.N.). Die elterliche Sorge und das Umgangsrecht stellen selbständige Rechte dar, die Beide im natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung wurzeln. Sie werden jeweils von Art. 6 Abs. 2 GG garantiert und geschützt und sind von den Eltern im Verhältnis zueinander zu respektieren (so OLG Celle mit Zitat BVerfGE 31, 194, 209 f.; FamRZ 2010, 109; FamRZ 2010, 1622; BGHZ 51, 219, Palandt/Diederichsen, BGB, 70. Aufl. 2011, § 1684 Rz. 4).
Die elterliche Sorge umfasst damit nicht das Recht, den Umgang des nicht betreuenden Elternteils überhaupt zu gewähren, ihn zu bestimmen oder auszugestalten. Die Konzeption einer Umgangsbestimmungsbefugnis, wie sie noch in der Vorschrift des § 1711 BGB in der bis zum 30.7.1998 geltenden Fassung enthalten war, hat der Gesetzgeber durch die Kindschaftsreform (vgl. BT-Drucks. 13/4899, Seite 105) aufgegeben. Können sich die Eltern nicht über die Ausübung des Umgangs einigen, haben die Gerichte eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt (BVerfGE 31, 194, 205; 64, 180, 188). Hierbei muss sich das Gericht im Einzelfall um eine Konkordanz der verschiedenen Grundrechte bemühen (so OLG Celle, a.a.O., mit Zitat vom BVerfG FamRZ 1993, 662; FamRZ 210, 109 m.w.N.).
Gerade diesem Zweck dient der hier angefochtene Beschluss. Die zur Durchführung des Umgangsrechts getroffene vorläufige Regelung steht auf der Grundlage des § 1684 Abs. 3 Satz 3 BGB n.F. Sie dient lediglich der Durchsetzung des dem nicht betreuenden Kindesvater zustehenden Umgangsrechts und soll dieses ...