Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 09.03.2017; Aktenzeichen 7 O 21/17) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 28.3.2017 gegen den Beschluss LG Köln vom 9.3.2017 - 7 O 21/17 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Vorsitzende der Kammer des LG, Vorsitzender Richter am Landgricht T, hat durch dienstliche Mitteilung vom 30.1.2017 mitgeteilt, dass er sich in einem privaten Rechtsstreit - einer Bausache - durch den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers anwaltlich vertreten lasse. Im Hinblick hierauf hat die Beklagte den Richter als befangen abgelehnt.
Das LG hat das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Beschwerde, der das Langericht nicht abgeholfen hat.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das LG hat das Ablehnungsgesuch zu Recht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen.
Nach § 42 Abs. 2 ZPO kann der Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Nicht erforderlich ist, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Entscheidend ist allein, ob aus der Sicht des Ablehnenden genügend objektiv Gründe vorliegen, die nach der Meinung einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rdn. 9 m.w.N.).
Persönliche Beziehungen des Richters zu dem Prozessbevollmächtigten einer Partei sind zwar grundsätzlich geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. An ihre Intensität und Qualität sind jedoch höhere Anforderungen zu stellen als bei persönlichen Beziehungen zur Partei selbst (LG Freiburg NJOZ 2016, 1148 = AnwBl 2016, 440; BeckOK?ZPO/Vossler, Stand 1.3.2017, § 42 Rn. 11 m.w.N.). Ob allein der Umstand, dass der Richter sich in einem privaten Rechtsstreit von dem Bevollmächtigten des Prozessgegners vertreten lässt, aus Sicht des Prozessgegners ein Grund ist, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt.
Nach Auffassung des KG (Beschl. v. 30.10.2013 - 23 U 121/13, NJW-RR 2014, 572 = MDR 2014, 367; zustimmend BeckOK?ZPO/Vossler, Stand 1.3.2017, § 42 Rdn. 11; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl., § 42 Rdn 22 "Eigene Sache"; Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 14. Aufl., § 42 Rdn. 15; Zöller/Vollkommer § 42 Rdn. 13) soll die Vertretung durch eine Prozessbevollmächtigten der Gegenpartei als Befangenheitsgrund an sich genügen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
"Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um eine im Privaten wurzelnde persönliche Freundschaft, sondern um ein Vertrauensverhältnis, das seinen Ausgangspunkt gerade auf fachlich-juristischer Ebene hat. In dem Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant spielt das Vertrauen des Mandanten in die fachliche Befähigung des Anwalts naturgemäß eine bedeutende Rolle. Sich von dem als Mandant gefassten Vertrauen in die fachliche Leistungsfähigkeit des Anwalts als Richter freizumachen, ist nahezu ausgeschlossen. Denn hier geht es nicht um eine Trennung verschiedener Lebensbereiche (fachlich/privat), sondern um die Auswechslung des Standpunkts gegenüber ein und derselben Person innerhalb desselben Lebensbereichs. Dass die Bekl. die Besorgnis hegt, dass ein Richter einem Rechtsanwalt, dem er seine persönlichen Angelegenheiten anvertraut hat, nicht objektiv-kritisch, sondern mit einem Vertrauensvorschuss begegnet, ist objektiv gerechtfertigt."
Das LG Magdeburg (Beschl. v. 4.9.2015 - 10 O 1771/14, NJOZ 2016, 1148 = IBR 2015 702 mit zust. Anm. Eimler; im Ergebnis ebenso OLG Köln ZZP 70 (1957), 139; Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO, 4. Aufl., § 42 Rdn. 30 m.w.N.; wohl auch Münchener Kommentar/Stackmann, ZPO, 4. Aufl., § 42 Rdn. 12, 14) ist dieser Auffassung mit folgender Begründung entgegengetreten:
"Die Kammer ist zunächst in Übereinstimmung mit dem Kammergericht Berlin der Auffassung, dass ein Richter in eigener Sache einen Rechtsanwalt beauftragt, wenn er Vertrauen in die fachliche Leistungsfähigkeit des Anwalts hat. Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der Richter nicht mehr in der Lage ist, objektiv die juristische Tätigkeit des Anwalts zu bewerten und würdigen. Folgte man der vom Kammergericht vertretenen Auffassung, dann müsste eine Partei, die von einem fachlich kompetenten Anwalt vertreten wird, immer den Prozess gewinnen. Dem ist nicht so. Auch Parteien, die durch fachlich kompetente Anwälte vertreten werden, verlieren Prozesse, weil die Rechtslage gegen sie spricht oder es ihnen nicht gelingt, den ihnen obliegenden Beweis zu erbringen. Keine vernünftige Partei würde davon ausgehen, dass sie nur deswegen den Prozess gewinnt, weil sie durch einen kompetenten Rechtsanwalt vertreten wird. Der zur Entscheidung berufene Richter muss auch nicht seinen Standpunkt gegenüber dem Prozessbevollmächtigten ändern. Der sachlich kompetente Anwalt bleibt kompetent, unabhängig davon, ob ...