Entscheidungsstichwort (Thema)
Frist für Beschwerde und Wiedereinsetzungsantrag des Anschlussinhabers
Leitsatz (amtlich)
1. Die Frist für die Beschwerde des Anschlussinhabers gegen den Anordnungsbeschluss nach § 101 Abs. 9 UrhG beträgt zwei Wochen. Sie beginnt zu dem spätesten Zeitpunkt, an dem die Entscheidung einem formell am Anordnungsverfahren Beteiligten bekannt gemacht worden ist.
2. Der Anschlussinhaber, dem mangels Beteiligung an dem Verfahren bis zur Gestattung der Auskunft die Einhaltung dieser Frist regelmäßig nicht möglich ist, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Diese muss binnen zwei Wochen nach Wegfall des Umstandes, der den Beschwerdeführer unverschuldet an der Einlegung der Beschwerde gehindert hat (Unkenntnis vom Gestattungsbeschluss), wenigstens konkludent (durch Nachholung der versäumten Rechtshandlung) beantragt werden.
3. Der Anschlussinhaber kann sich nicht mehr auf eine unverschuldete Unkenntnis vom Gestattungsbeschluss berufen, wenn er in angemessener Zeit keine diesbezüglichen Nachforschungen anstellt. Ist er anwaltlich beraten, kann er sich grundsätzlich auch nicht darauf berufen, gem. § 17 Abs. 2 FamFG unverschuldet die Frist versäumt zu haben, weil er keine Rechtsmittelbelehrung erhalten hat.
Normenkette
UrhG § 101 Abs. 9; FamFG § 17 Abs. 2, § 63
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 06.08.2010; Aktenzeichen 220 O 228/10) |
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss der 20. Zivilkammer des LG Köln vom 6.8.2010 - 220 O 228/10 - wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer.
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie verfristet eingelegt ist und den Beschwerdeführern Wiedereinsetzung nicht gewährt werden kann.
1. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen einzulegen (§ 63 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 101 Abs. 9 S. 7 UrhG); diese Frist beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung an die Beteiligten (§ 63 Abs. 3 S. 1 FamFG). Auf die fünfmonatige Auffangfrist nach Erlass des Beschlusses (§ 63 Abs. 3 S. 2 FamFG) können sich die Beschwerdeführer nicht berufen. Denn wie die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses klarstellt (BT-Drucks. 16/9733, 289), greift diese Frist nur ein, wenn in dieser Zeit keine Bekanntgabe der Entscheidung an (irgend-)einen erstinstanzlich Beteiligten gelingt. Dagegen löst die fehlende schriftliche Bekanntgabe des Beschlusses an einen im erstinstanzlichen Verfahren nicht hinzugezogenen materiell Beeinträchtigten die Auffangfrist nicht aus. Wer - wie die zur Zeit einer richterlichen Gestattung der Verwendung von Verkehrsdaten (§ 101 Abs. 9 UrhG) naturgemäß noch unbekannten Anschlussinhaber - am erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt war, aber von dem Beschluss möglicherweise in seinen Rechten beeinträchtigt wird (§ 59 Abs. 1 FamFG), kann daher nur solange fristgemäß Beschwerde einlegen, bis die Frist für den letzten formell Beteiligten abgelaufen ist. Dies war hier am 23.8.2010 der Fall, nachdem die angefochtene Entscheidung der Antragstellerin und dem beteiligten Internet-Provider am 9.8.2010 bekannt gemacht worden war.
2. Der Antrag der Beschwerdeführer auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. §§ 17 ff. FamFG hat keinen Erfolg. Ein solcher Antrag muss binnen zwei Wochen nach Wegfall des Umstandes, der den Beschwerdeführer unverschuldet an der Einlegung der Beschwerde gehindert hat (Unkenntnis vom Gestattungsbeschluss), wenigstens konkludent (durch Nachholung der versäumten Rechtshandlung) gestellt werden. Daran fehlt es.
Die Beschwerdeführer haben nach Erhalt der Abmahnung der Antragstellerin vom 15.10.2010 am 27.10.2010 ihren jetzigen Verfahrensbevollmächtigten mit ihrer anwaltlichen Vertretung beauftragt. Zwar war in der Abmahnung der Anordnungsbeschluss nicht erwähnt, es ist aber nichts dafür ersichtlich (und nicht von den Beschwerdeführern glaubhaft gemacht), warum es den Beschwerdeführern und ihrem anwaltlichen Bevollmächtigten nicht möglich gewesen sein sollte, alsbald Datum und Aktenzeichen des Anordnungsbeschlusses zu ermitteln. Dies hätte jedenfalls zeitlich deutlich früher als am 24.2.2011 geschehen können, an dem die Beschwerdeführer (nunmehr unter Nennung des Aktenzeichens des angefochtenen Beschlusses) Akteneinsicht beantragt haben. Es ist daher nicht glaubhaft gemacht, dass die Beschwerdeführer vor dem 16.3.2011, an dem ihnen die Akten zugegangen sind, ohne ihr Verschulden keine Kenntnis von dem Anordnungsbeschluss hatten.
3. Die Beschwerdeführer können sich nicht darauf berufen, vor der Zusendung der Akten keine Rechtsmittelbelehrung erhalten zu haben. Zwar wird nach § 17 Abs. 2 FamFG vermutet, dass die Versäumung der Frist unverschuldet war, wenn eine Rechtsmittelbelehrung unterblieben ist. Diese tatsächliche Vermutung ist aber dann widerlegt, wenn der Betroffene keiner Rechtsmittelbelehrung bedarf, was bei anwaltlicher Vertretung anzunehmen ist (vgl. BT-Drucks. 16/6308, 183; Beschluss des Senats vom 25.10.2010 - 6 W 107/10).
4. Der Senat weist nochmals darauf hin, dass d...