Leitsatz (amtlich)

Eine etwaig ohne hinreichenden Grund unterbliebene Abhilfeentscheidung des Landgerichts im Beschwerdeverfahren (§ 572 ZPO) berechtigt das Beschwerdegericht zwar dazu, verpflichtet es indes nicht, vor der eigenen Entscheidung eine Abhilfeentscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Zwingende Veranlassung zu einer Rückgabe der Akten an das Landgericht besteht insbesondere dann nicht, wenn im Beschwerdeverfahren keine neuen inhaltlichen Gesichtspunkte vorgebracht werden, die nicht bereits in der angefochtenen Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch berücksichtigt wurden.

 

Normenkette

ZPO §§ 42, 46 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 572 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 16 O 3/19)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 23.12.2019 gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 26.11.2019 (16 O 3/19) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger nehmen die Beklagte vor dem Landgericht Köln u.a. auf Räumung einer Wohnung klageweise in Anspruch. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Köln vom 31.07.2019 hat die Einzelrichterin Dr. A die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert und im Rahmen der Erörterung verschiedene, im Einzelnen streitige Äußerungen in Bezug auf einen von der Beklagten im Termin überreichten Beweisantrag sowie einen Widerklageschriftsatz getätigt, die die Beklagte zum Anlass für eine Befangenheitsablehnung genommen hat (Bl. 159 ff. d.A.).

Im Nachgang zum Verhandlungstermin beantragte die Beklagte die Übersendung des Sitzungsprotokolls sowie einer Abschrift der dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richterin. Die abgelehnte Richterin nahm unter dem 08.08.2019 (Bl. 176 d.A.) dienstlich Stellung. Eine Abschrift des Sitzungsprotokolls wurde der Beklagten unter Hinweis darauf, dass dieses wegen der Befangenheitsablehnung noch nicht unterschrieben sei, von der Kammervorsitzenden Dr. B zunächst nicht übersandt. Mit Schriftsatz vom 29.08.2019 lehnte die Beklagte daraufhin auch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Dr. B wegen Besorgnis der Befangenheit aufgrund der Nichtübersendung des Protokolls ab (Bl. 197 d.A.). Nach später noch erfolgter Übersendung einer Protokollabschrift und gewährter Akteneinsicht an die Beklagte hat das Landgericht sodann mit Beschluss vom 21.10.2019 das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 29.08.2019 gegen die Vorsitzende Richterin Dr. B zurückgewiesen (Bl. 234 ff. d.A.).

Mit Schriftsatz vom 08.11.2019 hat die Beklagte eine ergänzende Begründung ihres Befangenheitsantrages gegen die Richterin Dr. A übersandt (Bl. 246 ff. d.A.). U.a. rügt sie der Hinweis der Richterin im Termin zur mündlichen Verhandlung, dass das Beweisangebot der Beklagten verspätet sein könnte, sei unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar; es spiele insoweit keine Rolle, ob die Richterin im Konjunktiv gesprochen habe, weil schon die bloße Möglichkeit, dass die Richterin in krasser Verkennung der Rechtslage das Beweisangebot zurückweisen konnte, die Besorgnis der Befangenheit rechtfertige; abgesehen davon habe die Beklagte fehlerhaft sachlich gebotene Hinweise unterlassen; auch sei willkürlich die Bezugnahme auf den Widerklageschriftsatz im Termin nicht gestattet worden.

Mit Beschluss vom 26.11.2019 (Bl. 262 ff. d.A.) hat das Landgericht das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 31.07.2019 als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Begründung des Beschlusses wird ergänzend Bezug genommen.

Gegen den ihr am 12.12.2019 zugestellten Beschluss wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 23.12.2019 (Bl. 270 ff. der Akten). Gleichzeitig lehnt sie die Vorsitzende Richterin am Landgericht Dr. B, den Vorsitzenden Richter am Landgericht C und die Richterin am Landgericht D wegen Besorgnis der Befangenheit ab, weil die genannten Richter das Befangenheitsgesuch gegen die Richterin Dr. A zurückgewiesen haben, worin die Beklagte einen Akt richterlicher Willkür erblickt.

II. Die in formeller Hinsicht unbedenkliche sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht das Befangenheitsgesuch vom 31.07.2019 zurückgewiesen. Das Beschwerdevorbringen gibt Veranlassung nur zu folgenden weiteren Hinweisen:

1. Soweit die Beklagte rügt, die Übersendung der Akten an das Beschwerdegericht ohne vorherige Durchführung eines Abhilfeverfahrens sei verfahrensfehlerhaft erfolgt, kann der Senat entgegen der von der Beklagten geäußerten Rechtsauffassung in der Sache selbst entscheiden ohne eine vorherige Abhilfeentscheidung des Landgerichts herbeizuführen.

Es kann dahinstehen, ob das Absehen von einer eigenen Abhilfeentscheidung durch das Landgericht in einer Konstellation wie der vorliegenden als unaufschiebbare Amtshandlung im Sinne von § 47 ZPO anzusehen ist (so G. Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 46 ZPO ...

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