Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Vergütung des Aufwandes für die Erstellung von Angebote; Zur Unwirksamkeit einer formularmäßig bestimmten Vergütungspflicht von Kostenvoranschlägen
Leitsatz (amtlich)
Vorarbeiten, die erst den Parteien die Grundlage für ihren Vertragsschluss schaffen sollen, sind in der Regel dann, wenn deren Entgeltlichkeit - wie hier - nicht selbständig vereinbart wurde und die Gesamtausführung des Auftrages unterbleibt, nicht zu vergüten. In Ausnahme vom Regelfall der Unentgeltlichkeit kann eine Vergütungspflicht nach den §§ 157, 242 BGB dem konkludenten Parteiwillen dann entsprechen, wenn der Unternehmer vorwiegend im Interesse des Bestellers tätig geworden ist und dabei so umfangreiche Vorarbeiten geleistet hat, dass Letzterer bei Würdigung der ihm hieraus entstandenen Vorteile nicht erwarten kann, dass der Unternehmer derartige Arbeiten allein wegen der vagen Hoffnung auf die Auftragserteilung unentgeltlich leistet.
Eine formularmäßig bestimmte Vergütungspflicht von Kostenvoranschlägen ist unwirksam, da sie mit dem wesentlichen Grundgedanken der seit der Schuldrechtsreform geltenden Regelung des § 632 Abs. 3 BGB nicht zu vereinbaren ist und deshalb die Beklagte unangemessen benachteiligt. Mit § 632 Abs. 3 BGB hat der Gesetzgeber den Regelfall definiert und klargestellt, dass Kostenvoranschläge dann, wenn keine andere ausdrückliche Vereinbarung getroffen ist, als vorvertragliche Leistung unentgeltlich zu erfolgen haben. Ziel des Gesetzes ist es danach, Streitigkeiten um die Frage der Entgeltlichkeit des Voranschlages zu vermeiden. Nach dem Regierungsentwurf zum Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (BT-Drucks. 14/6040, 260) ist ein Voranschlag nach § 632 Abs. 3 BGB so lange unentgeltlich, bis der Unternehmer beweist, dass er mit dem Besteller über die Vergütung einig geworden ist. Für dieses Einigsein reicht es nicht aus, dass der Unternehmer die Vergütungspflicht in Vertragsklauseln vorsieht, sondern es bedarf zur Vermeidung der Unwirksamkeit der Vergütungsklausel nach § 305c Abs. 1 BGB oder § 307 BGB einer allein den Werkvertrag über die Erstellung und Vergütung des Voranschlags ausmachenden Vereinbarung. Damit geht die gesetzgeberische Wertung über die bloße Beweislastregel hinaus und formuliert einen Grundgedanken, gegen den die von der Klägerin verwendete Klausel verstößt.
Normenkette
BGB §§ 307, 631-632
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 01.02.2011; Aktenzeichen 41 O 63/10) |
Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 1.2.2011 verkündete Teilurteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Aachen - 41 O 63/10 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Die Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 Abs. 2 und 3 ZPO).
Das LG hat zu Recht und mit zutreffender Begründung einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Vergütung ihres Aufwandes für die Erstellung der Angebote in Höhe eines Gesamtbetrages von 9.397,35 EUR brutto verneint. Das Berufungsvorbringen der Klägerin gibt keinen Anlass zu einer abweichenden, ihr günstigen Beurteilung der Rechtslage.
1. Die Klägerin hat nicht darzulegen vermocht, dass die Parteien eine ausdrückliche rechtsverbindliche Einigung über die Vergütungspflicht für den der Klägerin entstandenen Aufwand für die Erstellung der streitgegenständlichen Angebote i.S.d. § 631 Abs. 1 BGB erzielt haben. Soweit die Klägerin erstmals in der Berufung vorgetragen hat, bereits seit Beginn der Vertragsverhandlungen sei die Beklagte durch den Geschäftsführer der Klägerin darauf hingewiesen worden, dass die Erstellung der Angebote zeitintensiv und somit zu vergüten sei, ist dieses von der Beklagten bestrittene Vorbringen im Berufungsrechtszug gemäß den §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO bereits nicht zulassungsfähig. Im Übrigen ist dieses Vorbringen nach Ort, Zeit und Gesamtumständen unsubstantiiert und zudem von der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auch nicht unter Beweis gestellt worden. Der Senat weist ferner unter Bezugnahme auf die in § 138 Abs. 1 ZPO normierte Wahrheitspflicht darauf hin, dass die Vertragsbeziehungen der Parteien nach deren unbestrittenen Vortrag von Beginn an auch die Erstellung von Angeboten zum Gegenstand hatten, so dass es nicht nachvollziehbar erscheint, dass derartige Vorarbeiten in der Vergangenheit weder gesondert noch neben den eigentlichen Leistungen von Seiten der Klägerin in Rechnung gestellt ...