Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 12 O 393/18) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 05.06.2019 (12 O 393/18) durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Denn es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).
Das Landgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Denn der Klägerin stehen der mit der Klage geltend gemachte Anspruch gemäß § 826 BGB sowie die geltend gemachten Nebenforderungen zu. Zur Begründung kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen werden. Das Berufungsvorbringen führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung, insbesondere teilt der Senat das rechtliche Vorbringen der Beklagten betreffend ihre Haftung aus § 826 BGB nicht.
Das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit dem beklagtenseits hergestellten Motor stellt eine Täuschungs- und damit auch eine unter § 826 BGB fallende Schädigungshandlung dar. Dies beruht darauf, dass eine der anerkannten Fallgruppen des § 826 BGB das Verleiten zum Abschluss nachteiliger Verträge durch eine arglistige Täuschung im Sinne des § 123 BGB ist (vergleiche MüKoBGB-Wagner, 7. Aufl. 2017, BGB § 826 Rn. 66 m.w.N.).
Dem Inverkehrbringen eines von dem sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs und/oder Motors kommt ein Erklärungswert im Sinne einer arglistigen Täuschung zu, denn in einem solchen Fall hat der Hersteller sämtliche potentielle Kunden getäuscht, die von der Installation und Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware keine Kenntnis haben. Mit dem Inverkehrbringen eines Fahrzeugs und/oder Motors bringt der Hersteller gegenüber seinen potentiellen Kunden zum Ausdruck, dass für das Fahrzeug die erforderlichen Genehmigungen und Zulassungen zu Recht und unter Zugrundelegung solcher Messergebnisse - die der Hersteller sich zu eigen macht (vergleiche BeckOGK/Spindler, Stand: 01.07.2018, BGB § 826 Rn. 168 m.w.N.) - erteilt worden sind, die jedenfalls im Hinblick auf die Betriebsweise des Motors den realen Bedingungen im regulären Straßenbetrieb entsprechen. Der Kunde geht deshalb davon aus, dass das Fahrzeug die technischen und rechtlichen Voraussetzungen der Zulassung erfüllt, mithin auch davon, dass die erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen nicht durch eine Täuschung erwirkt worden sind (Senat, Urteile vom 05.07.2019 - 19 U 50/19 - und 06.09.2019 - 19 U 51/19 -, abrufbar jeweils unter NRWE; OLG Köln, Beschluss vom 16.07.2018 - 27 U 10/18 -, Rn. 5, juris; in der Tendenz auch OLG Oldenburg, Beschluss vom 05.12.2018 - 14 U 60/18 -, Rn. 10, juris; im Ergebnis auch Staudinger/Oechsler, Neubearbeitung 2014, Updatestand 19.06.2017, BGB § 826 Rn. 149.1). Von Belang ist in diesem Zusammenhang auch das übliche Käuferinteresse, jedenfalls insoweit von den Labormesswerten auf die realen Immissionswerte des Fahrzeugs schließen zu können, als dadurch ein Vergleich verschiedener Fahrzeugmodelle möglich ist (vergleiche Oechsler, NJW 2017, 2865).
Das in der Literatur diskutierte Gegenargument, durch das Inverkehrbringen der Fahrzeuge entstehe noch kein geschäftlicher Kontakt mit potentiellen Kaufinteressenten (Legner, VuR 2018, 251, 252), ist nicht stichhaltig. Denn für eine Täuschung im Sinne des § 123 BGB ist es gar nicht erforderlich, dass es bereits zu einem geschäftlichen Kontakt in diesem Sinne gekommen ist. Vielmehr ist zum Beispiel anerkannt, dass auch Werbepassagen oder Anpreisungen objektiv nachprüfbare Aussagen enthalten können, so dass - wenn dieser sogenannte Tatsachenkern nachweisbar objektiv falsch ist - eine Anfechtung gem. § 123 BGB in Betracht kommen kann (Staudinger/Singer/Finckenstein, Neubearbeitung 2017, BGB § 123, Rn. 7). Auch der weitere in der Literatur erwogene Einwand, der Bundesgerichtshof habe wiederholt entschieden, dass selbst einem Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages grundsätzlich nicht die Aussage zu entnehmen sei, die Kaufsache sei mangelfrei (Legner, VuR 2018, 251, 252), verfängt nicht, weil dies einen anderen Fall betrifft: Hier geht es nicht um die Frage, ob eine Art Garantieerklärung abgegeben wurde, sondern um die Frage, ob eine arglistige Täuschung vorliegt.
Nicht erforderlich ist, dass die Klägerin da...