Entscheidungsstichwort (Thema)
Einfluss eines Karrieresprungs auf Höhe des Unterhalts
Leitsatz (amtlich)
1. Prozesskostenhilfe für eine Titulierung des Ehegattenunterhalts bei regelmäßiger und pünktlicher Zahlung kann auch dann nicht gewährt werden, wenn der Beklagte eine Unterhaltsreduzierung nach Ablauf von zwei Jahren angekündigt hat.
2. Von einem Karrieresprung, dessen Mehrertrag die ehelichen Lebensverhältnisse nicht prägt, ist auszugehen, wenn der Verpflichtete in einem anderen Tätigkeitsbereich oder in einer anderen Funktion tätig wird und infolgedessen mehr als 20 % mehr verdient als vorher.
Verfahrensgang
AG Bergisch Gladbach (Beschluss vom 26.08.2003; Aktenzeichen 27 F 203/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des AG – FamG – Bergisch Gladbach vom 26.8.2003 (27 F 203/03) wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Seit der Scheidung der Ehe am 23.5.1997 zahlt der Beklagte freiwillig und regelmäßig nachehelichen Unterhalt i.H.v. 520 Euro. Auf diesen Betrag hatten sich die Parteien, ausgehend von einem Nettoeinkommen des Beklagten von 4.630 DM monatlich und 2.366 DM monatlich für die Klägerin, geeinigt.
Im Jahr 2000 bezog der Beklagte ein Bruttogehalt von 137.000 DM, das Nettogehalt ist nicht mitgeteilt.
Mit Wirkung vom 1.4.2001 ist der Beklagte zum Abteilungsdirektor der Bank P befördert worden.
2002 bezog er ein Bruttogehalt von 92.521 Euro und ein Nettogehalt von 48.121 Euro. Die Klägerin bezog 2002 ein Nettogehalt von monatlich ca. 1.500 Euro.
Die Klägerin verlangt ab März 2003 höheren Unterhalt, und zwar stehen ihr nach ihrer Berechnung 888 Euro monatlich zu. Da die Gegenseite die Unterhaltszahlung zum 30.10.2005 begrenzen und danach auf 300 Euro monatlich herabsetzen wolle, seien die 520 Euro monatlich jedenfalls zu titulieren. Da der Beklagte aber ab 2002 ein wesentlich höheres Einkommen bezogen habe, sei auch der verlangte höhere Betrag geschuldet.
Sie beantragt, ihr für diese Anträge Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Der Beklagte beruft sich darauf, ohne eine Übernahme der Kosten für eine Titulierung zur Schaffung eines Titels nicht verpflichtet zu sein. Er meint weiter, sein seit 2002 erzieltes höheres Einkommen sei nicht auf eine schon in der Ehe angelegte Entwicklung zurückzuführen, sondern angesichts der Trennung im Jahr 1992 nicht eheprägend.
Das AG hat Prozesskostenhilfe versagt und der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige und rechtzeitige sofortige Beschwerde, die der Einzelrichter dem Senat zur Entscheidung übertragen hat, ist in der Sache nicht begründet.
1. Die Rechtsverfolgung in Bezug auf die Titulierung des freiwillig gezahlten Unterhalts ist mutwillig (OLG Köln FamRZ 1997, 822).
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Titulierung des freiwillig gezahlten Unterhalts zu, da sie die Kostenübernahme einer freiwilligen Titulierung nicht zugesagt hat und die bloße Ankündigung des Beklagten, er werde den Unterhalt in zwei Jahren reduzieren, kein Titulierungsinteresse begründet. Nur wenn eine kostenfreie Titulierung möglich ist (nach §§ 59, 60 KJHG im Kindesunterhalt), genügt die bloße Weigerung einen Titel zu schaffen auch bei bisher regelmäßiger und pünktlicher Zahlung zur Begründung eines Titulierungsinteresses (BGH v. 1.7.1998 – XII ZR 271/97, MDR 1998, 1167 = FamRZ 1998, 1165). Im Ehegattenunterhalt besteht dagegen ein Titulierungsinteresse nur dann, wenn der Berechtigte bei regelmäßiger und pünktlicher Zahlung die Titulierungskosten zu übernehmen bereit ist und dies dem Schuldner auch erklärt hat (vgl. Johannsen/Henrich/Büttner, Eherecht, 4. Aufl. 2003, § 1585 BGB Rz. 3). Die bloße Tatsache, dass der Beklagte in etwa zwei Jahren ein Unterhaltsreduzierung angekündigt hat, begründet jedenfalls gegenwärtig noch kein Titulierungsinteresse, denn die möglicherweise in zwei Jahren eintretenden Veränderungen sind nicht sicher voraussehbar und es ist zumutbar, mit der Titulierung des Anspruchs zu warten, wenn sein Ausmaß zum künftigen Zeitpunkt absehbar ist und der Beklagte auch unter den dann gegebenen Umständen an seiner Reduzierungsankündigung festhält.
Ebenso steht der Klägerin, wie unter 2) auszuführen ist, gegenwärtig kein weiter gehender Unterhaltsanspruch als der freiwillig gezahlte Betrag zu, so dass sich auch aus der Weigerung, schon jetzt einen höheren Unterhalt zu zahlen, kein (Gesamt)titulierungsinteresse ergibt.
2. Einen höheren nachehelichen Unterhaltsanspruch als 520 Euro monatlich hat die Klägerin derzeit nicht, da das höhere Einkommen des Klägers auf einem „Karrieresprung” beruht, das die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt hat und das daher bei der Unterhaltsberechung nicht zugrundezulegen ist.
Veränderungen der Einkommenshöhe, die nach der Trennung oder Scheidung eintreten, sind schon bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen, wenn sie auf zu erwartenden Entwicklungen beruhen oder sich als Surrogat der Familienarbeit darstellen, nicht aber, wenn sie auf einem Karrieresprung beruhen (BGH v. 13.6.2001 – XII ZR 343/99, MDR 2001, 99...