nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

UWG-Recht. naturrein

 

Leitsatz (amtlich)

Der Vertrieb einer in Österreich hergestellten, in Deutschland angebotenen Konfitüre, die das Geliermittel Pektin und deutlich unter den jeweils zugelassenen Höchstmengen/Obergrenzen liegende Spuren und Rückstände von Cadmium, Blei und den Pestiziden Procymidon und Vinclozolin enthält, als „naturrein” ist wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

LMBG § 17; ÖkoVO EWG Nr. 2092/91 Art. 5 V a lit. c); EWGRL 79/112; UWG §§ 1, 3

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 16.01.1998; Aktenzeichen 81 O 63/97)

 

Tenor

1.) Die Berufung des Klägers gegen das am 16.1.1998 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 81 O 63/97 – wird zurückgewiesen.

2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 12.500,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Der Beklagten wird auf ihren Antrag nachgelassen, die Sicherheit auch durch Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

4.) Die Beschwer des Klägers wird auf 100.207,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beklagte ist eine in Österreich ansässige Herstellerin u.a. von Konfitüre. Sie ist Inhaberin der aus der Anlage B 1 (Bl. 27 f) ersichtlichen Wortbildmarke „d'arbo Naturrein”, die auf Grund OMPI Zertifikates auch in Deutschland Schutz genießt. Unter dieser Marke und der näheren Bezeichnung „GARTEN ERDBEER” vertreibt die Beklagte in Österreich und Deutschland eine Erdbeerkonfitüre. Wegen der näheren Ausgestaltung des Produktes wird auf das bei den Akten befindliche Konfitürenglas sowie die aus dem nachfolgend darzustellenden Klageantrag ersichtliche Etikettierung Bezug genommen. Die Konfitüre enthält – was auf dem Etikett auch angegeben ist – das Geliermittel Pektin. Bei Pektin in seiner natürlichen Form handelt es sich um einen Extrakt mit verdünnten Säuren vorwiegend aus den inneren Anteilen von Citrusfruchtschalen, Obsttrestern oder Zuckerrübenschnitzeln. Wegen der genauen chemischen Zusammensetzung wird auf die als Anlage B 5 (= Bl. 87) vorgelegte Darstellung bei Römpp, Chemie Lexikon, 9. Aufl. verwiesen.

Der Kläger ist ein gerichtsbekannter Verband zur Förderung gewerblicher Interessen. Seine auf Grund von § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG bestehende Befugnis, den vorliegenden Prozess zu führen, wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Der Kläger begehrt neben dem Ersatz von Abmahnkosten die Unterlassung der Bezeichnung „Naturrein” für die beschriebene Konfitüre. Er sieht in dieser Bezeichnung einen Verstoß u.a. gegen §§ 1 UWG i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 4 und 5 LMBG und gegen § 3 UWG. So enthalte das Produkt mit dem Geliermittel Pektin einen Zusatzstoff im Sinne des § Abs. 1 Ziff. 4 LMBG, der zwar zugelassen sei, den der Verbraucher aber wegen der Verwendung der Angabe „Naturrein” in der Konfitüre der Beklagten nicht erwarte. Außerdem sei der Begriff „Naturrein” auch deswegen irreführend, weil sowohl das Erdreich, aus dem die verarbeiteten Früchte stammten, als auch die Luft mit Schadstoffen belastet seien, die seiner Verwendung entgegenstünden. Im übrigen weise das Produkt nach dem von der Beklagten als Anlage B 3 auszugsweise selbst vorgelegten Gutachten (Bl. 33, 35) Enzyme und damit Konservierungsstoffe auf.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

  1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, das Produkt „GARTEN ERDBEER Konfitüre Extra” wie auf der nachstehenden Seite 4 dieses Urteils wiedergegeben als

    „Naturrein”

    zu bezeichnen;

  2. an ihn 207 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass die Konfitüre Konservierungsstoffe enthalte. Die von dem Kläger herausgegriffene Angabe in dem Gutachten beschreibe lediglich das Verfahren, mit dem das Vorhandensein von Zitronensäure und Isozitronensäure festgestellt worden sei. Weder Zitronensaft noch Zitronensäure seien indes – wie sich aus dem als Anlage B 4 vorgelegten Auszug aus dem schweizerischen Lebensmittelbuch ergebe (Bl. 83 ff) – Konservierungsstoffe.

Die Beklagte hat im übrigen die Auffassung vertreten, die angegriffene Bezeichnung sei nicht irreführend und müsse bereits deswegen auch in Deutschland vertrieben werden dürfen. So wisse der Verbraucher von der Belastung des Erdreiches und der Luft und sehe darin keinen Hinderungsgrund, bei im übrigen vorliegenden Voraussetzungen eine Konfitüre als „Naturrein” zu bezeichnen. Dasselbe gelte für das allgemein bekannte Geliermittel Pektin: ohne Geliermittel lasse sich eine Konfitüre nicht herstellen, weswegen auch die Hausfrau selbst beim Einkochen von Marmelade Pektin als Geliermittel verw...

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