Entscheidungsstichwort (Thema)
Unlauterkeit des Vertriebs eines verwechselbaren Produkts trotz Eigenentwicklung?
Leitsatz (amtlich)
1. Dem Anspruch aus §§ 3, 4 Nr. 9a UWG ist nicht ausgesetzt, dessen Produkt auf einer Eigenentwicklung beruht und daher keine "Nachahmung der Ware eines Mitbewerbers" ist.
2. Der Marktzutritt mit einem eigenentwickelten Produkt, das mit einer bereits zuvor auf Markt befindlichen Ware verwechselbar ist, kann (nur) bei Hinzutreten weiterer, über den Tatbestand des § 4 Nr. 9a UWG hinausgehender Umstände nach der Generalklausel des § 3 UWG unlauter sein.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 9a
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 16.11.2004; Aktenzeichen 33 O 180/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16.11.2004 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des LG Köln - 33 O 180/04 - geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu erbringen.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Beide Parteien stellen Büromöbel her und vertreiben diese. Am 13.6.2003 stellte die Klägerin ihr neues Büromöbelprogramm "J." der Fachpresse vor. Zu diesem Programm gehört ein Schreibtisch, der sich auszeichnet durch:
- rechteckige Metallfüße, deren Längsseite zur Frontseite des Schreibtisches hinweist
- eine Schreibtischplatte, die auf nach innen versetzten und damit versteckten Abstandshaltern montiert ist, so dass der optische Eindruck einer "schwebenden Tischplatte" entsteht.
Wegen der Einzelheiten der Produktgestaltung wird Bezug genommen auf die Abbildungen in dem als Anlage K 4 zur Klageschrift zur Akte gereichten Originalprospekt der Klägerin.
Der Schreibtisch wurde durch Marketingmaßnahmen wie Werbeanzeigen und Mailingaktionen im Herbst 2003 in den Markt eingeführt. Auch in der Fachpresse fand das Produkt Beachtung. Wegen näherer Einzelheiten wird auf die S. 8 bis 10 der Klageschrift Bezug genommen. Im März 2004 wurde der Klägerin für das Möbelprogramm "J." der Design-Preis "red dot" des Design-Zentrum Nordrheinwestfalen verliehen.
Die Beklagte führt schon seit mehreren Jahren ein Büromöbel-Programm unter der Bezeichnung "d.". Dieses Programm enthält auch einen Schreibtisch mit einer "schwebenden Tischplatte". Die ebenfalls rechteckigen Schreibtischfüße waren jedoch zunächst so angeordnet, dass die Längsseite der Füße parallel zur Schmalseite und nicht parallel zur Längsseite der Schreibtischplatte verlief.
Mitte Februar 2004 stellte die Klägerin fest, dass die Beklagte im Rahmen ihres Möbelprogrammes "d." nun auch einen Schreibtisch anbot, dessen rechteckige Tischbeine parallel zur Längsseite der Schreibtischplatte verlaufen. Wegen der Einzelheiten der Gestaltung wird Bezug genommen auf die Abbildung in der als Anlage K 15 zur Akte gereichten Kopie aus dem Originalprospekt der Beklagten.
Die Klägerin hat die Beklagte mit der Begründung, der Schreibtisch der Beklagten stelle eine unlautere Nachahmung ihrer Leistung dar, auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe am 17.12.2002 bei einem - unstreitig erfolgten - Besuch eines Showrooms der Klägerin das Schreibtischmodell der Klägerin gesehen.
Die Beklagte hat behauptet, der Entwurf des Schreibtisches sei eine unabhängige Eigenentwicklung. Zudem ist sie der Ansicht, dem Modell der Klägerin fehle die wettbewerbliche Eigenart.
Das LG hat der Klage statt gegeben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat ausgeführt, dem Schreibtisch der Klägerin komme die erforderliche wettbewerbliche Eigenart zu. Keines der von der Beklagten vorgestellten Produkte weise eine mit dem klägerischen Modell vergleichbare Gestaltung auf. Die konkrete Ausgestaltung sei daher geeignet, auf die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses hinzuweisen. Auch eine Nachahmung sei gegeben. Zum einen weise das Modell der Beklagten die identische Kombination der oben beschriebenen formgebenden Merkmale des Schreibtisches der Klägerin auf, so dass die Gefahr von unmittelbaren Verwechslungen begründet werde. Zum anderen könne sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, sie habe das Design ihres Schreibtisches eigenständig entwickelt. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre es Sache der Beklagten gewesen, zum Zeitpunkt des Marktzutritts die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die oben beschriebene Verwechslungsgefahr mit dem zu diesem Zeitpunkt bereits am Markt befindlichen Modell der Klägerin auszuschließen.
Gegen das Urteil r...