Entscheidungsstichwort (Thema)
Anlageberatung, Bankenhaftung
Leitsatz (amtlich)
Zur Aufklärungspflicht der beratenden Bank über von ihr erzielte Erträge bei Empfehlung und Verkauf von Zertifikaten im Wege eines Festpreisgeschäfts.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 249
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 05.08.2010; Aktenzeichen 1 O 648/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 5.8.2010 verkündete Urteil des LG Aachen (1 O 648/09) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt mit der Klage den Ersatz des Schadens, der ihr durch den Abschluss eines von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) angeratenen Wertpapiergeschäftes entstanden ist.
Nach einer Beratung durch die Mitarbeiterin U der Beklagten erwarb die Klägerin im Februar 2007 nach näherer Maßgabe der als Anlage K 2 zur Klageschrift vorgelegten Bestätigung der Beklagten 22 Global Champions ZT07 Zertifikate (WKN: AOMJHE) der Lehman Brothers Treasury CO. B. V., einer niederländischen Tochtergesellschaft der US-Investmentbank Lehman Brothers, zu einem Gesamtbetrag von 22.000 EUR. Diese Zertifikate sind nach der Insolvenz der Muttergesellschaft wertlos.
Die Klägerin legt der Beklagten Aufklärungsversäumnisse zur Last. Die Beklagte habe weder anleger- noch anlagegerecht beraten, da sie, die Klägerin, weder über die Funktionsweise und die Risiken dieser Form der Vermögensanlage informiert noch auf ein mögliches Totalverlustrisiko hingewiesen worden sei. Zudem habe die Beklagte Provisionen erhalten, über die und das daraus resultierende Eigeninteresse am Vertrieb der Wertpapiere sie hätte aufklären müssen.
Das LG, auf dessen Entscheidung wegen der tatsächlichen Feststellungen, der dort gestellten Anträge und der Einzelheiten der rechtlichen Würdigung Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), hat die Beklagte zur Rückzahlung des Anlagebetrages abzgl. der an die Klägerin ausgeschütteten Bonuszahlung von 1.925 EUR sowie zum Ersatz ebenfalls geltend gemachter, vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten - jeweils Zug-um-Zug gegen Rückgewähr der Zertifikate - mit der Begründung verurteilt, dass die Beklagte jedenfalls ihre Verpflichtung zur Offenlegung der - unstreitig erhaltenen - Vertriebsprovision von 3,5 % verletzt habe und anzunehmen sei, dass die Klägerin bei genügender Aufklärung die Papiere nach der von der Beklagten nicht widerlegten Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht erworben habe. Lediglich den Ersatz entgangenen Gewinns in Form von fiktiven Anlagezinsen könne die Klägerin mangels ausreichenden Sachvortrags dazu nicht verlangen.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihr Ziel der Abweisung der Klage weiter. Sie ist insbesondere der Auffassung, bei richtiger Bewertung handele es sich bei ihrer Rechtsbeziehung zur Klägerin nicht um ein Kommissions-, sondern - weil sie die von ihr zuvor von der Emittentin erworbenen Zertifikate wie ein Fachhändler zu einem festen Preis verkauft habe - um ein Festpreisgeschäft, in dessen Rahmen Aufklärungspflichten über die von ihr erzielte Gewinnmarge nicht bestünden. Selbst wenn man dies aber anders sehe, sei die Verpflichtung durch die auf der Rückseite der Wertpapierabrechnungen erteilten Informationen in ausreichender Weise erfüllt. Jedenfalls fehle es aber entgegen der Auffassung des LG an der erforderlichen Kausalität einer etwaigen Aufklärungspflichtverletzung. Es sei lebensnah, anzunehmen, dass die Klägerin die Zertifikate mit Rücksicht auf die Qualität der Beratung auch dann erworben habe, wenn sie von der geringen Marge der Beklagten Kenntnis gehabt habe. Das zeige auch das Anlageverhalten ihrer Kunden im Allgemeinen: Nach Versendung einer allgemeinen Kundeninformation über die von ihr bei derartigen Geschäften erzielten Erträge im September 2007 habe sich das Volumen ihrer Zertifikatgeschäfte nicht nennenswert verändert, seit Beginn des Jahres 2008 seien sogar - trotz der Finanzkrise - erhebliche Zuwächse in diesem Geschäftsbereich zu verzeichnen.
Auf den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 23.2.2011 - wegen dessen Inhalt auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 240 R GA) verwiesen wird - hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.3.2011 näher zu den Umständen des Zustandekommens der Vertragsbeziehung der Parteien vorgetragen: Sie ist der Auffassung, dass sich daraus für die Klägerin unzweifelhaft ergeben habe, dass sie - die Beklagte - nicht als Kommissionärin, sondern als Verkäuferin der Zertifikate aufgetreten sei.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung d...