Entscheidungsstichwort (Thema)

NACT-Studie II

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Werbung für medizinische Produkte unter Bezugnahme auf eine unveröffentlichte Studie ist irreführend und unzulässig, wenn nicht ausdrücklich und eindeutig auf die fehlende Veröffentlichung hingewiesen wird.

2. Jedenfalls bei einer Werbung, die sich nicht nur an Fachwissenschaftler richtet, genügt der Hinweis "data on file" nicht, um über die fehlende Veröffentlichung der vollständigen Studie aufzuklären.

3. Wenn eine solche Werbung mit der Begründung beanstandet wird, sie sei irreführend, weil die Studie noch nicht veröffentlicht sei, ist das Gericht nicht gehindert, ein Verbot mit der Begründung auszusprechen, es fehle an einem ausreichenden Hinweis auf die fehlende Veröffentlichung.

 

Normenkette

HWG § 3

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 12.06.2014; Aktenzeichen 81 O 64/13)

 

Tenor

1. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 12.6.2014 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 81 O 64/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

3. Der Streitwert wird - auch für das erstinstanzliche Verfahren sowie das Beschwerdeverfahren 6 W 217/13 - wie folgt festgesetzt:

bis zum 19.9.2013 200.000 EUR,

danach 100.000 EUR.

 

Gründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gem. § 540 Abs. 1 ZPO)

I. Die Parteien vertreiben Blutzuckermessgeräte und zugehörige Teststreifen. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine jedenfalls auf der Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) im Mai 2013 zum Einsatz gekommene Präsentation der Antragsgegnerin für Tablet-PCs, wobei das genaue Ausmaß des Einsatzes zwischen den Parteien streitig ist. Mit dieser Präsentation stellte die Antragsgegnerin ein von ihr vertriebenes Blutzuckermesssystem vor; u.a. wurde dort im Zusammenhang mit einem Vergleich der konkurrierenden Produkte der Parteien eine - im Mai 2013 noch nicht veröffentlichte - NACT (North American Comparator Trial) -Studie erwähnt.

Auf Antrag der Antragstellerin hat das LG Köln der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 10.6.2013 durch einstweilige Verfügung untersagt,

"geschäftlich handelnd die Messgenauigkeit von Blutzuckermessgeräten bzw. Blutzuckerteststreifen mit dem Ergebnis der NACT-Studie zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, solange die Studie nicht so zugänglich ist, dass die durchgeführte Untersuchung und das daraus abgeleitete, in der Werbung angegebene Ergebnis nachvollzogen werden kann, insbesondere, wenn dies im Zusammenhang mit dem Vergleich mit der B.-D. Blutzuckermessgeräte bzw. B.-D.-Teststreifen betreffenden Messgenauigkeit geschieht, wie in der nachstehend eingelichteten eidesstattlichen Versicherung beschrieben:

- Grafik "Eidesstattliche Versicherung" nur in Originalentscheidung ersichtlich -

Die Antragsgegnerin hat gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt. Am 5.9.2013 wurde die NACT-Studie in einer Fachzeitschrift veröffentlicht. Daraufhin hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LG vom 19.9.2013 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Antragsgegnerin hat sich dieser Erklärung angeschlossen und anschließend beantragt, über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Die Antragstellerin ist dem entgegengetreten und hat erklärt, die Aufhebung könne erst ab Ausspruch der Erledigungserklärung beansprucht werden.

Mit einem am 10.10.2013 verkündeten Beschluss hat das LG die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Verfahrens der Antragsgegnerin auferlegt und im Tenor klargestellt, dass die einstweilige Verfügung für den Zeitraum vor der Erledigungserklärung bestehen bleibe. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat der Senat mit Beschl. v. 4.3.2014 - 6 W 217/13 - (WRP 2014, 1093 = GRUR 2014, 1032) die Entscheidung des LG aufgehoben und die Sache insgesamt an das LG zurückverwiesen, da der Rechtsstreit lediglich teilweise für erledigt erklärt worden sei. In dieser prozessualen Konstellation sei eine Entscheidung allein nach § 91a ZPO, wie sie das LG getroffen habe, nicht möglich; vielmehr sei über den nicht erledigten Teil der einstweiligen Verfügung durch Urteil zu entscheiden.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG daraufhin die einstweilige Verfügung bestätigt, soweit der Rechtsstreit nicht mit Wirkung ab dem 19.9.2013 übereinstimmend für erledigt erklärt worden sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, die beanstandete Werbung sei irreführend gem. §§ 3, 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UWG. Soweit sich die Antragsgegnerin darauf berufe, auf die NACT-Studie sei mit dem Hinweis "data on file" verwiesen worden, der branchenüblich dahingehend verstanden werde, dass die Daten bei dem Unternehmen vorhanden und dort anzufordern seien, so folge aus den vorgelegten Mitteln der Glaubhaftmachung nicht, dass dieser Hinweis im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Verweis auf die NACT-Studie erfolgt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des LG verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

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