Leitsatz (amtlich)
1. Eine rechtlich bindende Verpflichtung zur Vaterschaftsbegutachtung kann nicht eingegangen werden.
2. Es genügt für die Vaterschaftsanfechtung nicht, sich auf anonyme Anrufe zu berufen, durch die man von Umständen erfahren habe, die gegen die Vaterschaft sprechen.
Verfahrensgang
AG Köln (Urteil vom 28.10.2003; Aktenzeichen 307 F 177/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG - FamG - Köln vom 28.10.2003 (307 F 177/03) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist gem. seinem Anerkenntnis (Bl. 51 d.A.) Vater des Beklagten zu 2). Mit der Mutter, der Beklagten zu 1), war er nie verheiratet.
Der bereits volljährige Beklagte zu 2) ist am 12.9.1983 geboren.
Mit Schriftsatz vom 29.11.2001 (Bl. 13 f. d.A.) hatte Rechtsanwalt V auf das Schreiben des Anwalts des Klägers vom 13.9.2000 ausdrücklich für die beiden Beklagten erklärt, sie seien mit einer Vaterschaftsbegutachtung einverstanden, wenn der Kläger - was er erklärt hatte - die Kosten übernehme.
Am 31.5.2002 ließen die Beklagten dann aber mitteilen, dass sie nicht mehr bereit seien, an einem Abstammungsgutachten mitzuwirken.
Die Klage ist am 13.6.2003 eingereicht worden, der Vorschuss ist am 16.6.2003 eingezahlt worden.
Der Kläger hat behauptet, er habe einige anonyme Anrufe erhalten, bei denen ihm mitgeteilt worden sei, er sei nicht der Vater des Beklagten zu 2) (Beweis: Parteivernehmung des Klägers). Auch äußerlich zeige der Beklagte zu 2) keinerlei Ähnlichkeit mit ihm. Strittig ist, seit wann der Kläger die Bedenken gegen die Vaterschaft hatte, ob schon 1998 oder erst im Jahr 2000 (so Kläger Bl. 42 d.A.).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien aufgrund ihrer Erklärung zur Vornahme eines Vaterschaftstests verpflichtet. Mit seinem Hilfsantrag gegen den Beklagten zu 2) hat er beantragt, festzustellen, dass er nicht dessen Vater sei.
Durch das angefochtene Urteil hat das AG die Klage mit Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen.
Es liege kein rechtlich verbindliches Anerkenntnis zur Vornahme der Vaterschaftsbegutachtung vor. Nach Ablauf der Frist zur Vaterschaftsanfechtung nach § 1600b Abs. 1 BGB - jedenfalls seit Ende 2002 - sei auch der Hilfsantrag unbegründet.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers.
Bei dem Einverständnis mit der Begutachtung handele es sich nicht nur um eine tatsächliche Erklärung. Der Kläger habe gerade wegen dieses Einverständnisses mit der Einholung des Gutachtens und der Klage zunächst warten dürfen. Mit der Erklärung des Einverständnisses sei eine "Hemmung der Verjährung" eingetreten. Aus diesem Grunde sei jedenfalls der Hilfsantrag gerechtfertigt.
Wegen aller weiterer Einzelheiten wird auf den gesamten vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache mit Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
1. Hauptantrag gegen die Beklagte zu 1) und den Beklagten zu 2).
a) Ein Rechtsschutzinteresse für diesen Antrag bejaht der Senat. Zwar wünscht der Kläger die Feststellung seiner Nichtvaterschaft, verfolgt also das als Hilfsantrag gegen B 2 gekennzeichnete Klageziel. Wenn er sich seiner Nichtvaterschaft aber nicht sicher ist, hat er ein Interesse daran, zunächst die Verpflichtung zur Begutachtung durchzusetzen, um je nach dem Ergebnis die Anfechtung der Vaterschaft zu unterlassen (und damit Kosten zu sparen). Dieses Kosteninteresse begründet das Rechtsschutzinteresse für die Verfolgung des Hauptantrags.
b) Die Beklagten sind jedoch weder aufgrund eines konstitutiven Anerkenntnisses (§ 781 BGB) noch aufgrund eines deklaratorischen Anerkenntnisses verpflichtet, die Vaterschaftsbegutachtung durchzuführen. Fraglich ist schon, ob die Vaterschaftsbegutachtung Gegenstand eines Vertrages zwischen dem Vater gem. Anerkennung, dem Kind und der Mutter sein kann. Dagegen spricht, dass die Einwilligung in eine genetische Untersuchung, mag sie auch völlig schmerzfrei sein, das höchstpersönliche informationelle Selbstbestimmungsrecht betrifft, das einer vertraglichen Bindung nicht zugänglich ist. Auch wenn man eine vertragliche Regelung für möglich hält, könnte von diesem Vertrag jederzeit auch ohne Gründe zurückgetreten werden, weil auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht als Menschenrecht vertraglich nicht bindend verzichtet werden kann. Nur dann besteht die dauerhafte Befugnis, über Preisgabe und Verwendung der persönlichen Daten zu entscheiden (BVerfG v. 11.6.1991 - 1 BvR 239/90, MDR 1991, 865 = CR 1992, 368 = NJW 1991, 2411; BGH v. 24.10.1990 - XII ZR 92/89, MDR 1991, 436 = NJW 1991, 749).
c) Bei einem bloß deklaratorischen Anerkenntnis soll dagegen nur eine bereits anderweit bestehende Schuld ane...