Entscheidungsstichwort (Thema)
"Beauty-Trolley"
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestimmung des § 4 Nr. 9 UWG setzt die Nachahmung einer bestimmten Ware (bzw. Dienstleistung) voraus. Der darauf gestützte Angriff gegen den Vertrieb (hier: eines Beauty-Koffers) verlangt daher die Benennung eines konkreten - nachgeahmten - Produktes. Der Hinweis, das die eigene Kofferserie auszeichnende (hier: durch Rillen geprägte) Design sei nachempfunden, genügt insoweit nicht.
2. Eine Herkunftstäuschung kann nicht angenommen werden; wenn der angegriffene Koffer nur in Kosmetikgeschäften oder -abteilungen sowie nur gemeinsam mit den in ihm aufbewahrten Kosmetika erworben werden kann und im Verkaufsraum die Kosmetika in dem geöffneten Koffer präsentiert werden, während die klägerischen Koffer auf herkömmliche Weise abgesetzt werden.
3. Jedenfalls in der vorbeschriebenen Vertriebssituation stellt eine rillenförmige Ausgestaltung der Oberfläche der "Beauty-Trolleys" keine markenmäßige Benutzung i.S.d. § 14 Abs. 2 MarkenG dar.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 9a; MarkenG § 14 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 16.12.2004; Aktenzeichen 31 O 562/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16.12.2004 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 562/04 - geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, die Firma S., befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Koffern. Zu ihrem Sortiment zählen seit einem halben Jahrhundert Koffer mit einem spezifischen Oberflächen-Rillendesign aus Aluminium. Solche Koffer, die nachstehend beispielsweise anhand der aktuellen Kofferserie "T." der Klägerin wiedergegeben werden, finden sich in der Bundesrepublik Deutschland in beinahe jedem Fachgeschäft und werden von der Klägerin seit langer Zeit auf einschlägigen Fachmessen und über Fachzeitschriften sowie in Prospekten beworben:
Die Beklagte handelt mit Kosmetikartikeln. Sie belieferte u.a. die Firma Douglas mit Kosmetika, die in einem Koffer untergebracht waren, der ebenfalls ein Rillen-Design aufweist. Ein solcher Koffer, der nachfolgend auch als Beauty-Case oder Beauty-Trolley bezeichnet wird, wird nachfolgend zur Verdeutlichung in geschlossenem Zustand wiedergegeben:
Die nahezu vollständig mit Kosmetikartikeln gefüllten, von der Beklagten an ihre Abnehmer von Kosmetika ausgelieferten Beauty-Cases können nicht ohne die darin befindlichen Kosmetikartikel erworben werden, weder in Kaufhäusern noch bei der Firma Douglas. Sie dienen in Parfümerien und Kosmetikabteilungen als Verpackung der in dem Koffer offen präsentierten Kosmetikartikel, wobei die Klägerin in der Berufungsverhandlung ergänzend erklärt hat, das gewöhnlich in den Ladenregalen weitere Koffer in geschlossenem Zustand vorgehalten würden.
Mit der Behauptung, das Rillen-Design ihrer Koffer sei im Verkehr bestens bekannt und im Markt nahezu einmalig, hat die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadenersatzfeststellung in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Vertrieb der mit der Klage angegriffenen Beauty-Cases sei unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung wettbewerbswidrig und verletze im Übrigen die zu ihren Gunsten seit rund 9 Jahren eingetragenen Wort-/Bildmarken × 1 und × 2. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat die Existenz eines Wettbewerbsverhältnisses zur Klägerin in Abrede gestellt. Eine vermeidbare Herkunftstäuschung finde nicht statt, die Rillenstruktur der Koffer der Klägerin verkörpere eine gestalterische Grundidee, welche nicht zugunsten der Klägerin monopolisiert werden dürfe, außerdem sei die Rillenstruktur zur Stabilisierung ihres Beauty-Trolleys technisch notwendig. Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht, zudem müsse die Klägerin konkrete Produkte benennen, die sie durch die Beklagte nachgeahmt sehe.
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 88 ff. d.A.), hat das LG die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung verurteilt und ihre grundsätzliche Pflicht zur Leistung von Schadenersatz festgestellt. Es hat die tatbestandlichen Voraussetzungen der vermeidbaren Herkunftstäuschung als erfüllt angesehen und angenommen, die Rillen-Design-Koffer der Klägerin besäßen wettbewerbliche Eigenart. Entgegen der Auffassung der Beklagten müsse die Klägerin kein bestimmtes Koffermodell benennen, aus dem sie ihre Ansprüche herleite. Der Beauty-Trolley der Beklagten greife in praktisch identischer Form das von der Klägerin verwendete Rillen-Design auf, und die für den Tatbestand der vermeidbaren Herkunft...